Wenn am 1. September in der Westprignitz für den neuen Brandenburger Landtag gewählt wird, rechnen sich fünf Kandidaten Chancen für das Direktmandat im Brandenburger Wahlkreis 1 aus. Der beliebte Kommunalpolitiker Harald Pohle hat es nicht leicht, er kandidiert für die noch regierende aber im steilen Sinkflug stehende SPD. Der 69 Jährige fährt mit einem beklebten Wahlmobil über die Dörfer, zusammen mit Malte Hübner Berger, seinem Freund und Berater. Ihr Kapital ist die gemeinsame politische Erfahrung. Die beiden treten immer zu zweit auf. Der LINKE Thomas Domres pendelt seit 20 Jahren zwischen den Welten. In Potsdam vertritt er die Bedürfnisse der Provinz, in der Prignitz erklärt er die Sachzwänge der Metropole – und er bleibt dabei oft unerhört. Im Straßenwahlkampf versucht Domres die unpopuläre Politik seiner Regierung der Wählerschaft mit möglichst einfachen Worten und funktionierenden Kugelschreibern näher zu bringen. Auch Gordon Hoffmann ist Prignitzer. Der Single widmet sein Leben der Politik. Er sitzt für die CDU in drei Parlamenten in der Stadtverordnetenversammlung, im Kreistag und im Landtag. Er vertritt die Folgen Merkelscher Bundespolitik in der Provinz. Als Vorstandsmitglied der Landtagsfraktion wohnt er auch in Potsdam. Obwohl er ständig hin und herfährt zwischen Stadt und Land, nimmt die Nähe zur Heimat ab. Als Dr. Rainer Schneewolf Spitzenkandidat der Grünen wurde, lagen die Umfragewerte für seine Partei noch im Keller. Doch die mediale Omnipräsenz des Klimawandels hat das verändert. Trotz Klimakrise werden die Windräder direkt vor der Nase der Landbevölkerung nicht einfach so hingenommen. Die AfD benennt ihren Kandidaten spät. Der Politikneuling und Schäferhundexperte Oliver Czajkowski glaubt an seine Chance. Die AfD sieht sich gestärkt durch die Umfragen. Es sind keine Sachthemen, sondern Stimmungen, die der Partei Zuspruch bringen. Verwiesen wird stets auf die Regierenden, auf "die da oben", die bezichtigt werden, alles zu vergeigen. Die Herren Pohle, Domres, Hoffmann, Schneewolf und Czajkowski treten gegeneinander an, als Bewerber für das eine Direktmandat im Potsdamer Parlament. In ihrem Wahlkampf setzen sie sich mit der Landbevölkerung auseinander, den sogenannten Abgehängten. Menschen, die medial und demoskopisch schwer greifbar sind und sich zunehmend übergangen fühlen – unerhört mit ihren Bedürfnissen und Sorgen. Die Kandidaten begegnen Bauern, die gegen richtlinienkonforme Straßen aufbegehren, weil ihre Landmaschinen dort keinen Platz mehr haben. Sie treffen auf Familienväter, die protestieren, weil ein paar hundert Meter neben dem Kindergarten eine Mülldeponie entstehen soll. Sie lernen Jäger kennen, die gegen den Wolf kämpfen und einen Gastronomen, der nicht akzeptiert, dass sein Dorf in nächster Zukunft ohne Internet und digital ausgeschlossen bleiben soll. Während die regierende LINKE und die SPD vor allem damit beschäftigt sind, ihre Erfolge zu erklären, können die CDU und die GRÜNEN zumindest auf Landesebene als oppositionelle Gegenspieler angreifen. Und die AfD macht es sich leicht, sie spottet, verspricht den Himmel und sammelt die Enttäuschten an den Rändern auf. Erzählt wird diese unerhörte Geschichte aus der Perspektive des Regisseurs Jean Boué. Er lebt selbst seit zwölf Jahren in der Prignitz, dem am dünnsten besiedelten Landkreis Deutschlands. Er kennt die Verhältnisse vor Ort und versucht in seinem Dokumentarfilm "Die Unerhörten" zu ergründen, warum der ländliche Raum immer weniger mit urban gesteuerter Politik erreichbar scheint.
(rbb)
Länge: ca. 60 min.
Deutsche TV-Premiere: 25.08.2019 (rbb)
Cast & Crew
- Drehbuch: Jean Boué