Die junge Novizin Céline lebt unter dem Namen Hadewijch in einem französischen Kloster. Sie ist eine Fanatikerin und betreibt exzessive Askese, um Gott ihren Glauben zu beweisen. Die Oberin macht ihr deutlich, dass sie das Kloster verlassen müsse, da es ihnen dort nicht um Martyrium ginge, sondern um ehrliche Liebe zu Gott. Enttäuscht und verzweifelt kehrt Hadewijch nach Paris zurück, wo sie sich im hektischen Großstadtalltag wieder zurechtfinden muss. Auf der Suche nach allumfassender Vereinigung mit Gott lernt sie Yassine kennen. Er ist Muslim und stellt sie seinem Bruder Nassir vor, einem radikalen Islamisten. Christlicher und muslimischer Fanatismus treffen bei der Begegnung aufeinander, die beiden entdecken jedoch trotz aller Unterschiede eine gemeinsame Basis in ihrem Denken. Gemeinsam trotzen sie dem Rationalismus der aufgeklärten Welt und schlagen einen gefährlich blinden und radikalen Weg ein. Angelehnt an die im 13. Jahrhundert in einem belgischen Kloster lebende Poetin Hadewijch, lässt der französische Regisseur Bruno Dumont deren romantische bis fanatische Liebe zu Gott in der Person eines modernen Pariser Mädchens wieder aufleben. Dumont wählt für seine filmische Reflexion über religiösen Fanatismus eine präzise, kühle Bildsprache mit sakraler Symbolik. Trotz der distanzierten Atmosphäre schafft es der Film, den Zuschauer in diese kalte und einsame Welt mitzunehmen. "Hadewijch" zeigt religiösen und politischen Fanatismus, der leidenschaftlichen religiösen Glauben zu instrumentalisieren vermag. Er îst auch ein Plädoyer für Toleranz, denn so fern die unterschiedlichen radikalen Ansichten zu sein scheinen, so nah sind sie sich doch. 2009 gewann "Hadewijch" beim Toronto International Film Festival den FIPRESCI-Preis der internationalen Filmkritik.
(3sat)
Länge: ca. 102 min.
Original-Kinostart: 25.11.2009 (F)
Deutsche TV-Premiere: 19.11.2012 (arte)
Cast & Crew
- Regie: Bruno Dumont
- Drehbuch: Bruno Dumont
- Produktion: Rachid Bouchareb, Jean Bréhat, Dirk Wilutzky, Muriel Merlin, Cedric Ettouati
- Musik: Elise Luguern
- Kamera: Yves Cape
- Schnitt: Guy Lecorne
- Regieassistenz: Claude Debonnet, Remy Hespel, Thibault Odiette, Géraud Pineau, Gilles Tarazi, Stephanie Vallé
- Ton: Emmanuel Croset
- Spezialeffekte: Luc Augereau