Frühling 1945, Deutschland kapituliert. Als ihre Mutter über Nacht verschwindet, um ihrem von den Alliierten inhaftierten Mann, einem ranghohen SS-Offizier, beizustehen, muss sich die 16-jährige Lore mit ihren vier jüngeren Geschwistern auf eine gefahrvolle Odyssee durch das nun in Sektoren geteilte Deutschland begeben, um ans andere Ende des Landes zu ihrer Großmutter zu gelangen. Nur das Nötigste dabei, verlassen die Geschwister zu Fuß die ländliche Idylle Süddeutschlands mit dem Ziel, die 900 km entfernte Nordseeküste in Sicherheit zu erreichen. Tage werden schnell zu Wochen und was anfänglich wie ein Abenteuer anmutet, entpuppt sich bald als gespenstische Reise ins Herz der Finsternis eines zerrütteten Landes, das nur widerwillig den Schrecken der eigenen Vergehen ins Auge blicken kann. An Häuserwänden, Holzzäunen, Kirchenanschlägen tauchen die ersten Fotografien aus KZs auf, die Unbeschreibliches darstellen - im Vordergrund immer Männer in stattlichen SS-Uniformen. Noch ohne rechten Sinn für das geschehene Unrecht, ahnt Lore, dass Schreckliches passiert sein muss. Zunehmend befällt sie das dunkle Gefühl, dass ihre Eltern Teil eines Verbrechens waren, dessen Ausmaß sie noch weit entfernt ist, zu begreifen. Doch vielmehr führt Lore der tagtägliche Überlebenskampf in Bedrängnis. Die von der Mutter erhaltenen Schmuckreserven sind bald aufgebraucht und es finden sich nur beschwerlich Wege, um Essen für die Geschwister aufzutreiben und einen sicheren Schlafplatz für die immer kälter werdenden Nächte zu organisieren. Da begegnet ihnen Thomas, ein ausgezehrter, umherirrender junger Mann, der eine tätowierte Nummer auf dem Unterarm trägt und ihnen fortan auf Schritt und Tritt folgt. Es ist unklar, woher er kommt und wohin er will. Doch in einer entwaffnenden Mischung aus Beharrlichkeit und Momenten unerwarteter Liebenswürdigkeit vermag der verschlossene Mann, sich langsam in das Vertrauen der Kinder zu arbeiten. Nur darf Lore diesem Fremden trauen, ist Thomas der, der er vorgibt zu sein? Lore kommt nach einigen Wochen schließlich bei ihrer Großmutter an, doch nichts ist mehr so, wie es einmal schien.
(MDR)
"Lore" zeigt ohne moralische Urteile den Schmerz einer jungen Frau, deren Wertgefüge zerbricht. In der Figur der Nazi-Tochter Lore, überzeugend gespielt von Saskia Rosendahl, wird die Zerrissenheit einer Generation deutlich, die nicht mehr an ihren Vorstellungen von Richtig und Falsch festhalten kann. Beim Internationalen Filmfestival von Locarno 2012 gewann "Lore" den Publikumspreis. Neben zahlreichen anderen Preisen folgte 2013 der Deutsche Filmpreis in Bronze in der Kategorie Bester Spielfilm. Saskia Rosendahl wurde für ihre Leistung unter anderem vom Australian Film Institute als beste Nachwuchsschauspielerin geehrt (AACTA Award).
(One)
Länge: ca. 109 min.
Deutscher Kinostart: 01.11.2012
Internationaler Kinostart: 09.06.2012
Original-Kinostart: 20.09.2012 (AUS)
Deutsche TV-Premiere: 27.01.2016 (arte)
FSK 16
Cast & Crew
- Regie: Cate Shortland
- Drehbuch: Cate Shortland, Robin Mukherjee
- Produktion: Benny Drechsel, Karsten Stöter, Liz Watts, Paul Welsh, Anita Sheehan, Vincent Sheehan, Margaret Matheson, Ricardo Brunn, Colleen Clarke, Bec Cubitt, Thomas König-Mendler, Axel Unbescheid, Rohfilm, Edge City Films
- Produktionsfirma: Porchlight Films
- Musik: Max Richter
- Kamera: Adam Arkapaw
- Schnitt: Veronika Jenet
- Regieassistenz: Karsten Frank, Barbara Schubert, Tanja Schuh
- Ton: Yulia Akerholt, Lucas Bone, Michael Busch, Adam Connelly, Jasmin Cornford
- Spezialeffekte: Geoff Aitken