Originalpremiere: 2012
21.03.2013
Deutsche TV-Premiere: 08.02.2016 (arte)
FSK 16
Produziert: Deutschland / Frankreich / Österreich, 2012 Degeto Im zweiten Teil der Paradies-Trilogie, "Paradies: Glaube" des österreichischen Regisseurs Ulrich Seidl spielt Maria Hofstätter eine Frau, die ihr Leben ganz dem Katholizismus verschrieben hat. Als ihr muslimischer, querschnittsgelähmter Ehemann nach Jahren der Abwesenheit plötzlich aus Ägypten wieder nach Hause kehrt und nach körperlicher Nähe sucht, beginnt ein schrecklicher Ehekrieg ... Die Röntgenassistentin Anna Maria lebt ganz für ihren Glauben: In ihrer Freizeit trägt sie die Wandermuttergottes zu Migranten, Ausgestoßenen und Sündern, um diese zu missionieren. Vergehen anderer, vor allem das der Unkeuschheit, nimmt Anna Maria bereitwillig auf sich, um sich dafür im Angesicht des Kreuzes zu geißeln. Ein besonderes Verhältnis pflegt die Alleinstehende zu Jesus, den sie in hingebungsvoller Liebe verehrt. Dass die Strenggläubige mit einem Moslem verheiratet ist, empfindet sie wie eine Schuld aus einem früheren Leben - lange vor ihrer Läuterung. Auf die unerwartete Rückkehr ihres Mannes Nabil, der im Rollstuhl sitzt, reagiert die Katholikin mit Eiseskälte. Sie versorgt ihn zwar, vermeidet aber jede Form der Nähe oder Zärtlichkeit. Um ihre Blockade aufzubrechen, beginnt Nabil einen Psychokrieg: Er holt die allgegenwärtigen Kruzifixe und ein Papst-Porträt von den Wänden, sie besprüht ihn daraufhin mit Weihwasser und nimmt ihm zur Strafe seinen Rollstuhl weg. Obwohl sich Anna Maria nun noch tiefer in ihren Glauben verbeißt, lautstark zu Kirchenliedern an der Heimorgel singt und Halt in ihrem Gebetskreis sucht, beginnt sie, den Boden unter den Füßen zu verlieren. Im zweiten Teil seiner "Paradies"-Trilogie verknüpfte der österreichische Regisseur und Autor Ulrich Seidl das Leitmotiv Sex mit dem Reizthema Religion - und löste damit einen Skandal aus: Katholiken bezichtigten ihn der Blasphemie und liefen Sturm gegen den Film. Ähnlich wie einst bei Ingmar Bergmans "Das Schweigen" stand im Mittelpunkt der Empörung eine Masturbationsszene. Hauptdarstellerin Maria Hofstätter lieferte als christliche Fundamentalistin auf Heilsuche eine schauspielerische Meisterleitung, die Wolfgang Thaler und Ed Lachman mit der Kamera in perfekt komponierte Bilder einbetteten. "Paradies: Glaube" erhielt 2012 in Venedig den Spezialpreis der Festivaljury.
(BR Fernsehen)
In seinem unverwechselbaren quasi-dokumentarischen Erzählstil leuchtet Ulrich Seidl im zweiten Teil seiner "Paradies"-Trilogie die Sehnsüchte einer Frau aus, die sich in die Liebe zu Jesus flüchtet. Es wird gesungen, gebetet und gekämpft. "Paradies: Glaube" ist eine filmische Pieta, die von den Kreuzstationen einer Ehe und von der universellen Sehnsucht nach Liebe erzählt. "Paradies: Glaube" wurde 2012 auf den Internationalen Filmfestspielen von Venedig mit dem Spezialpreis der Jury ausgezeichnet. Maria Hofstätter gewann für ihre Darstellung der Anna Maria 2014 den Österreichischen Filmpreis. Mehr zur Berlinale auf ARTE Cinema unter: cinema.arte.tv.
(ORF)