Neben Konrad Adenauer, Ludwig Erhard, Franz Josef Strauß, Willy Brandt und Helmut Schmidt und schließlich auch Helmut Kohl war Herbert Wehner eine der großen gestaltenden Persönlichkeiten der Bundesrepublik. Allerdings wusste Wehner, dass er niemals Bundeskanzler werden konnte. Teile seiner Lebensgeschichte lagen im Dunkeln, seine Jahre als Mitglied des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei, seine Beteiligung an der stalinistischen Säuberung bleiben bis zur endgültigen Aufarbeitung der Moskauer Akten unaufgeklärt. Dem Autor und Regisseur Heinrich Breloer war es im Winter 1991 als Erstem gelungen, Einsicht in die bisher geheimen Kaderakten in Moskau und im zentralen Parteiarchiv in Ost-Berlin zu bekommen. Er hat diese Akten mit Zeitgenossen besprochen, die Herbert Wehners Jahre während der stalinistischen Terrorherrschaft miterlebt und miterlitten haben: Seine beiden ersten Lebensgefährtinnen Lotte Loebinger und Lotte Treuber, Ruth von Mayenburg, die den Autor durch die Labyrinthe des Moskauer Komintern-Hotels Lux und der Lubianka begleitet hat, und vielen anderen Genossen, die das mörderische Exil in der Sowjetunion überlebt haben. Diese Gespräche und Dokumente bilden die Grundlage für den ersten Teil des Fernsehfilms, "Hotel Lux", in dem Ulrich Tukur einen jungen Wehner spielt, der einerseits in die Verfolgungsmaschine der KPD eingebunden ist und andererseits im Wirrwarr der Cliquenkämpfe dieser Jahre zu überleben sucht. Ein Mann, dem in den Nächten des Hotel Lux, in denen das NKWD seine Genossen aus den Zimmern holt, die großen Hoffnungen seiner Jugend zerstört werden. In "Die Nacht von Münstereifel" spielt Heinz Baumann den alten Wehner, der seine Partei mit einem Kraftakt aus einer 16-jährigen Daueropposition befreit, dem es in zähem Ringen mit "seinen" beiden Bundeskanzlern Brandt und Schmidt gelingt, 13 Jahre sozialdemokratische Kanzlerschaft zu garantieren, eine lange Periode, die die Regierungsfähigkeit der SPD tief ins Bewusstsein der Bevölkerung eingeprägt hat. Heinrich Breloer: "Die Nacht von Münstereifel, jene legendäre Begegnung zwischen Brandt und Wehner am 4. Mai 1974, in der sich der Rücktritt Willy Brandts endgültig entschied, sollte ein realistischer Film über Bonn werden, ein Film, der die Härte des politischen Nahkampfs zeigt und ein Gefühl dafür vermittelt, wie schwierig es für einen Mann mit Visionen in der Bonner Mediendemokratie ist. Wie eng und klein diese Stadt für einen großen Menschen wie Brandt sein konnte, vor allem dann, wenn ihm ein Pragmatiker der Macht wie Herbert Wehner gegenüber stand." Es ist der Versuch, die Politik und die Politiker zu "vermenschlichen", um sie und ihr eigentümliches Handwerk besser verstehen zu können. Ein Film, der auch von der Liebessehnsucht und der Einsamkeit der "da oben" erzählt. Vom Bonner Labyrinth des Bundeshauses, in dem sich die Männer mit der Macht verirren können. Im ersten Teil äußern sich u.a. Greta Wehner, Mitarbeiterin und dritte Ehefrau Wehners, Karl Wienand, ehemaliger SPD-Fraktionsgeschäftsführer und Vertrauter Wehners, Eugen Selbmann, persönlicher Mitarbeiter und Freund, Rut Brandt, Rudolf Augstein sowie die Journalisten Wibke Bruhns, Klaus Harpprecht und Hermann Schreiber. In einer Montage aus dokumentarischen Aufnahmen, Interviews und Spielszenen legt Breloer die Ergebnisse seiner Recherchen dar.
(ARD)
Länge: ca. 210 min.
Cast & Crew
- Regie: Heinrich Breloer
- Drehbuch: Heinrich Breloer
- Produktionsfirma: WDR, NDR
- Musik: Hans-Peter Ströer
- Kamera: Achim Poulheim, Peter Uhlig, Bela Perlaky
- Schnitt: Monika Bednarz-Rauschenbach