Am 21. April 1992 wird Robert Alton Harris in der Gaskammer von San Quentin hingerichtet. Es ist die erste Hinrichtung im US-Staat Kalifornien nach einer Pause von 25 Jahren. Robert A. Harris ist der Ermordung von zwei Kindern für schuldig befunden worden und hat vor seinem Tod 14 Jahre in der Todeszelle verbracht. Das „Verfahren 769“ - so die juristische Bezeichnung für den Akt der Hinrichtung - wird buchstäblich in letzter Minute noch einmal unterbrochen: Harris ist bereits in der Gaskammer, da gibt es einen letzten, kurzfristigen Aufschub. Um 6.21 Uhr geben die Ärzte seinen Tod bekannt. 49 Zeugen haben der Hinrichtung beigewohnt: Angehörige der Opfer und des Täters, Reporter, Juristen, Polizeibeamte, Gefängnispersonal, VIPs. Die Zeugen bleiben im Schutz der Anonymität. Warum will jemand einer Hinrichtung zuschauen? Was will er und was mag er darüber berichten? Regisseur Jaap van Hoewijk hat Zeugen gefunden, die bereit waren, darüber vor der Kamera zu sprechen: Harris’ Bruder, sein Cousin und einer seiner Freunde, die Eltern und eine Schwester der Opfer, der Direktor von San Quentin, ein Prominenter, ein Reporter, ein Psychologe, ein Vertreter des Staates. Was die Zeugen erzählen, wird zum minuziösen und peinigenden Protokoll einer Tötung. Zugleich ist der Film das ebenso bemerkenswerte wie erschreckende Dokument einer Erinnerungsarbeit. Es gibt keine objektive Beobachtung, auch nicht von Augenzeugen. Dazu sind die Motive, der Tötung beizuwohnen, zu verschieden; zu verschieden die Beziehungen jedes Einzelnen zum Täter und zu den Opfern. Was für den einen zur stoischen Haltung des Mörders wird, ist für den nächsten ein arrogantes Grinsen. Für einen stirbt Harris langsam und qualvoll, für einen anderen leidet er nicht genug.
(HR)
Länge: ca. 80 min.
Original-Kinostart: 12.10.1995 (NL)
Cast & Crew
- Regie: Jaap van Hoewijk
- Drehbuch: Rikkert Boonstra, Jaap van Hoewijk
- Produktion: Jan Heijs, Ruud Monster