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TV-Kritik/Review: "Ms. Marvel": Cleverer Highschool-Spaß für jugendliche Zielgruppen

(07.06.2022)

In der zweiten von drei neuen Miniserien in diesem Jahr (nach
Ostküsten-Pubertät trifft Superheld-Erwachen: Da war doch schon mal was in der Marvel-Welt? Genau, dreimal schon wurde sie verfilmt, die Origin Story vom Schuljungen Peter Parker, der nach einem Spinnenbiss zu Spider-Man wurde. Wenn Jugendliche ihre Superkräfte entdecken, dürfen sie in der Regel nicht nur mehr Quatsch machen als ihre von allerlei Verantwortungsballast beschwerten erwachsenen Pendants, es lässt sich mit ihnen auch sehr gut vom ganz gewöhnlichen Lebensaufruhr des Heranwachsens erzählenden: die Superhelden-Power als Metapher fürs pubertäre Erwachen. Das hat sich Autorin Bisha K. Ali, die schon Folgen für
Ms. Marvel als Comicfigur gibt es erst seit 2013, seither konnte Kamala Khan, wie sie mit bürgerlichem Namen heißt, aber schon eine respektable Fangemeinde generieren. Als erste muslimische Marvel-Superheldin schrieb sie zudem Comic-Geschichte: Die 16-jährige Kamala entstammt einer pakistanischen Einwanderfamilie, die sich in Jersey City niedergelassen hat, direkt gegenüber der Südspitze von Manhattan. Kamalas Bruder ist fromm, worüber der Vater herzlich spottet, man trifft sich in der Moschee und diskutiert am Esstisch über die Teilung Britisch-Indiens und deren Auswirkungen auf die Familien des südasiatischen Subkontinents. Es ist erstaunlich, wie unaufdringlich es Bisha K. Ali schafft, diese Themen gleichsam mitlaufen zu lassen, während die Serie ansonsten ein quietschbuntes Teenagerabenteuer erzählt und mit einer mitreißend eklektizistischen Freude an Formen, Farben und Darstellungstechniken die Comic-Herkunft geradezu zelebriert. Weil dazu auch der Animationsfilm gehört, erinnert hier vieles an

Entscheidend für die Freude, die "Ms. Marvel" bereitet, ist die Hauptrolle, und da hat Marvel mit der Besetzung der Newcomerin Iman Vellani einen Volltreffer gelandet. Vellani verfügt nicht nur über das nötige komödiantische Timing und eine so große darstellerische Bandbreite, dass sie mühelos vom herrlich Albernen ins verzweifelt Ernste wechseln kann, sie versprüht auch so viel Charme, dass selbst die sicherlich bereits im Anflug befindlichen Hater, die neben weißen, stolzen Männern bekanntlich keine anderen Superheldinnen dulden möchten, kaum eine andere Möglichkeit haben dürften, als die Waffen zu strecken.
In den beiden Episoden, die der Presse vorab zugänglich gemacht wurden, muss Ms. Marvel noch gegen keinen finsteren Antagonisten antreten (dies dürfte in den verbleibenden Folgen aber sicher noch geschehen), über die Güte des Plots können also noch keine endgültigen Urteile gefällt werden. Stattdessen geht es vor allem um ihr soziales Umfeld: Ziemlich großartig ist Zenobia Shroff als zupackende Mutter, kaum weniger gut sind der indische Fernsehmoderator Mohan Kapur als Kamalas Vater und Saagar Shaikh als ihr Bruder sowie Travina Springer als dessen Verlobte. In prägnanten Szenen wird das Familienleben vorgestellt, die typischen Teenagerkonflikte (etwa: zu einer Party dürfen oder nicht) werden ergänzt um erfreulich unaufdringliche Empowerment-Elemente.
So kandidiert Kamalas beste Freundin Nakia (Yasmeen Fletcher) für den Moscheerat. Die Szenen in der Moschee sind überhaupt fantastisch: Kamala beschwert sich beim Imam (Laith Nakli aus
Storymäßig geht es in den ersten Folgen vor allem um Kamalas geplanten Besuch der Fan-Convention AvengersCon, und es ist schon bemerkenswert, welches Ausmaß an Selbstreferenzialität das MCU inzwischen angenommen hat, was für lustvolle Tänzchen es auf den verschiedenen Meta-Ebenen aufführt. Der Ruhm der Avengers um Iron Man, Thor und Co. wird im MCU ja schon seit Langem als ein der (fiktionalen) Welt inhärentes Phänomen angenommen, in "Ms. Marvel" aber sind die Avengers nun endgültig Bestandteil der Popkultur mit eigenen Conventions, und Kamala, deren Vater sich schon mal als "Hulk" verkleidet, ist Teil einer Fangemeinde, die mit den Heldentaten dieser Superhelden aufgewachsen ist. Kamalas Idol ist Captain Marvel, und in deren (liebevoll nachgebasteltem) Kostüm will sie, begleitet von ihrem besten Freund, dem nerdigen Tüftler Bruno (Matt Lintz,

Die Superkräfte jedenfalls, die mit der Migrationsgeschichte ihrer Familie zu tun haben und durch einen geheimnisvollen Armreif ausgelöst werden, präsentieren sich hier anders als in den Comics, in denen Kamala ihre Körperform manipulieren kann. In der Serie kontrolliert sie nun kosmische Energien - was alsbald auch zwei Agenten des DODC (Department of Damage Control) auf den Plan ruft: Alysia Reiner (
Während Kamala also ihre neuen Fähigkeiten zu beherrschen lernt und in einer ersten Bewährungsprobe im Kostüm einen Jungen rettet, der in den Tod zu stürzen droht, werden parallel mühelos die niemals welkenden Standards der Highschool-Komödie eingeflochten: die blonde Konkurrentin (Laurel Marsden), die vergeigte Fahrprüfung, der kumpelhafte Schülerberater, der attraktive neue Mitschüler Kamran (Rish Shah), auf den der heimlich in Kamala verliebte Bruno eifersüchtig reagiert. Solche Plots sind nicht neu, doch jede neue Generation hat eben nicht nur neue Superheldinnen verdient, sondern auch ihre eigenen Varianten jener Geschichten, die jeder Mensch irgendwann irgendwie so ähnlich durchlief.
Autorin Ali, Hauptdarstellerin Vellani und die Regisseure (das Regiegespann Adil & Billal inszenierte fürs Kino

Umso verblüffender, dass inmitten dieses Farb- und Formenreichtums so viel Platz freigeschaufelt wurde für die pakistanische Kultur, deren Elemente sich völlig organisch in das poppige Comic-Geschehen einfügen, ohne dass das jemals didaktisch oder wie ein vom Disney-Konzern aus Image-Gründen pflichtschuldig aufgepfropftes Diversity-Bekenntnis daherkommen würde. Da tauchen pakistanische Schauspielstars wie Nimra Bucha oder Samina Ahmed auf, darf der pakistanisch-amerikanische Comedian Azhar Usman (manche kennen ihn vielleicht aus
Anders als in manchen Vorläufern (etwa
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten beiden Episoden von "Ms. Marvel".
Die sechsteilige Miniserie "Ms. Marvel" wird bei Disney+ ab dem 8. Juni veröffentlicht.
Über den Autor
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Leserkommentare
markox schrieb am 11.06.2022, 11.10 Uhr:
Schaut wirklich gut aus die Serie. Nur bei den 6 Folgen die es in letzter Zeit öfter gab bin ich etwas hin und her gerissen. Bei Serien die dazu neigen etwas zu langweilen, die man aber durchaus sehen möchte ist das recht praktisch und eine schöne Sache. Aber wenn dann mal eine tolle Serie dabei ist die süchtig macht, wie zuletzt z.B. Hawkeye für mich, dann ist das natürlich schade.
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