Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung
Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für
- E-Mail-Adresse
- Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
- Fragen & Antworten
TV-Kritik/Review: Neu im ZDF: "High Stakes" stellt Muslima im Poker-versum vor

(05.09.2025)

Gläubige Muslima stehen selten im Fokus von seriellen Erzählungen. Noch weniger solche, die gleich in zwei männlich dominierten Bereichen mitmischen - Naturwissenschaften und Poker. Somit ist die neue ZDF-Serie
Gegensätze ziehen sich an: Dieses Prinzip haben die kreativen Köpfe von "High Stakes" wohl ganz genau genommen und in einer einzigen Person umgesetzt - Protagonistin und Heldin Ayla (Via Jikeli). Die 25-jährige Astrophysik-Studentin erhält die Chance ihres Lebens: ein sechsmonatiges Praktikum bei der NASA. Nur so kommt sie ihrem Traum einen Schritt näher, nämlich die erste Astronautin mit Kopftuch zu werden. Der einzige Haken: Ayla ist pleite, müsste aber selbst für Flug und Unterkunft aufkommen.
Mit über 18.000 Euro Schulden und etwa 22.000 Euro bevorstehenden Kosten hat Ayla quasi keine Möglichkeit, bis zum Antritt ihres Praktikums an Geld zu kommen. Aber eben nur "quasi", denn da wäre ja noch das Pokern, das sie zufällig für sich entdeckt. Und "zufällig" hat sie als Mathematikerin ein gutes Händchen dafür... wäre da nicht ihr Glauben, der ihr einen Strich durch die Rechnung macht. Vorerst.

Astrophysik, Pokern, Islam - nichts davon passt zusammen. Im Islam gilt Glücksspiel als haram und naturwissenschaftliche Ansichten widersprechen häufig religiösen. Trotzdem (oder gerade deshalb) lässt "High Stakes" all diese unterschiedlichen Welten in und mit Ayla aufeinanderprallen. Das sorgt natürlich per se schon für jede Menge Konflikt.
Die 25-Jährige muss sich ihrem Glauben widersetzen, um ihren Traum, im naturwissenschaftlichen Bereich angesiedelt, zu erreichen. Gleichzeitig überrascht die Protagonistin auch durch ihre Sichtweise, dass sich Wissenschaft und Religion gar nicht unbedingt widersprechen. In einer bedeutsamen, wenn auch etwas erzwungen wirkenden Szene, teilt Ayla ihre Theorie, dass es zu viele Zufälle in der Entstehung des Universums gibt, damit es sich lediglich um Willkür handelt. Wie herrlich ironisch, dass ausgerechnet sie sich dann für das Glücksspiel, was Zufall und Willkür miteinschließt, begeistert.

Die erste Folge mit dem Augenzwinkern-Titel "Houston, I have a problem!" führt die Zusehenden schnell und plump in Aylas Welt. Nach einem Teaser, der eine beträchtliche Veränderung der Protagonistin verspricht, kämpft die 25-Jährige in einem Video-Call um ihren Praktikumsplatz, den sie, zu ihrer großen Überraschung, ergattert. Aber selbst für einen Freudenschrei ist keine Zeit, denn das Geld muss her. In kürzester Zeit, dank eines raschen Zusammenschnitts samt eingeblendeter Absagen, wird klar: Förderungen, Darlehen oder sonstige Finanzierungen stehen Ayla nicht zur Verfügung. Wieso? Darauf gibt es keine Antwort. Genauso wenig wie auf die Frage, wieso Ayla mit 25 als offensichtlicher Astrophysik- Genie "nur" einen Bachelorabschluss hat - nicht, dass dies verwerflich wäre, aber es passt nicht zum Bild, das von der jungen, ehrgeizigen Frau gezeichnet wird. Im Nachhinein wäre ein bisschen mehr von Aylas Alltag durchaus sehenswert gewesen, insbesondere da ihr Eintritt in die Poker-Welt unmittelbar folgt.
Denn nur wenig später leckt Ayla bei einem Pokerspiel unter Freunden Blut - und da kommt wortwörtlich Vincent (Jannik Schümann) ins Spiel. Die Bekanntschaft ihres Bruders Tolga (Eren Kavukoğlu) erkennt direkt das Talent, das in der jungen Astrophysikerin schlummert, die sich jedoch natürlich erstmal gegen ihre eigene Faszination sträubt.
Wie eine Motte zum Licht wird sie immer wieder magisch vom Spiel angezogen - was visuell großartig umgesetzt ist und durchaus im Subtext vor dem Suchtcharakter von Glücksspiel warnt. Demnach gibt sie sich schließlich einige Begegnungen später der Versuchung hin und nimmt spontan an einer "High Stakes"-Runde teil, d.h. an einer Runde, in der es nicht um Cents wie unter Freunden, sondern um Tausende geht.
Auch hier überrascht die Serie mit einem unerwarteten Plottwist. Statt alles zu verlieren oder groß abzuräumen, steigt Ayla ganz vernünftig nach einem kleinen Verlust aus. Allerdings nur, um vom Meister selbst zu lernen: Der, wie sich später herausstellt, ehemalige Poker-Profi Vincent soll ihr das Spiel auf High-Stakes-Niveau beibringen. Ihr Ziel: 22.000 Euro gewinnen, um ihr Praktikum zu bezahlen.

Wie der Titel es schon verrät, dreht sich somit in Folge zwei "Playing Games" alles um das Spiel. Bluffen, Tells vermeiden und erkennen, Menschen lesen und deuten lernen - das macht die Szenen, in denen Vincent Ayla das Pokern beibringt, zu absoluten Highlights. Es vereinfacht auch die Identifikation mit Ayla als Protagonistin, da Zusehende mit ihr gemeinsam die Poker-Welt und ihre Regeln erforschen. Dennoch kommt es zu einigen Unstimmigkeiten, die die Handlung ausbremsen.
So gerät Ayla in einen Konflikt mit ihren Eltern, die aus einem unerklärlichen Grund ein Praktikum bei der NASA für verwerflich halten. Das sorgt für Dissonanz in Anbetracht der sonst sehr offenen dargestellten Lebensweise und -einstellung - so hat der Vater beispielsweise in Tolgas Start-up investiert, eine Dating-App für homosexuelle Muslime. Für den Streit hätte es mehr Kontext gebraucht, denn so wirkt es erneut wie eine erzwungene Wendung, nur um Ayla den letzten Ruck zu geben, den sie so gar nicht gebraucht hätte.

Auch kristallisiert sich ein skurriles Liebesdreieck heraus: Vincent hat eine Beziehung mit Aylas Bruder Tolga, ist aber offensichtlich auch zunehmend an der Nachwuchs-Pokerspielerin interessiert. Er handelt ihr gegenüber grenzüberschreitend und teilweise respektlos, so auch, als er unangekündigt bei ihrem Elternhaus aufkreuzt und ihren Gebetsring stiehlt, was zumindest in der Episode nicht weiter aufgegriffen wird. Dass er Ayla beeinflusst und in die "dunkle" Welt des Glücksspiels zieht, ist offensichtlich. Ob diese toxisch-romantische Verstrickung jedoch nötig wäre, sei dahingestellt.
"High Stakes" hat zwar eine starke Ausgangslage, diese ist jedoch thematisch bereits sehr überladen - das Bild der Frau beim Pokern, im Islam, in der Naturwissenschaft ... dadurch entsteht schon jede Menge Stoff, der abgehandelt werden muss. Doch statt an manchen Stellen mit dem Erzähltempo herunterzufahren und mehr Tiefe zu erlauben, kommt Füllmaterial zum Einsatz, zum Beispiel Bilder von Galaxien, stille Szenen, in denen Ayla schwerelos im Wasser schwebt oder gedankenverloren aus dem Fenster blickt. Die oft mit Floskeln verwobenen Dialoge helfen ebenso wenig weiter, aus der Erzählung mehr als nur einen starken Plot herauszuholen.

Trotzdem bleibt der Reiz, Ayla auf dem Weg zu ihrem Aufstieg - oder Untergang - zu verfolgen, auch nach Ende der zweiten Episode bestehen. Denn letztlich geht es um mehr als um den idealistischen Traum einer jungen Frau, Kopftuch im Weltall zu tragen, und was sie bereit ist, dafür zu tun. Sondern darum, dass solche Geschichten und Perspektiven eine Bühne bekommen und die Chance, gesehen und gehört zu werden.
Insgesamt kommt somit die Produktion von der Odeon Fiction GmbH frisch, originell und ja, auch ein bisschen skurril daher. Ayla ist eine ungewöhnlich vielseitige Protagonistin, die dadurch aber gerade beweist, dass wenn auch der Serienmarkt übersättigt scheint, es doch noch möglich ist, eine neue außergewöhnliche Geschichte zu erzählen. "Sie ist so etwas wie die weibliche, muslimische Version von Walter White aus
"High Stakes" ist eine sechsteilige "Neoriginal"-Dramaserie für ZDFneo. Ab Freitag, den 5. September sind die Episoden bei ZDF.de als Stream verfügbar. Ab Sonntag, den 14. September laufen sie sonntags ab 20.15 Uhr in Doppelfolgen in ZDFneo. Die Drehbücher stammen von Kathrin Tabler und Orkun Ertener (Headwriter), Jan Cronauer, Marianna Ölmez, Christoph Busche. Regie führte Marijana Verhoef.
Über die Autorin
auch interessant
Leserkommentare
Meistgelesen
- "Sturm der Liebe": Beliebte Rolle wird überraschend umbesetzt
- "ES: Welcome to Derry": Starttermin für Deutschlandpremiere verkündet
- "Promis unter Palmen": Diese Teilnehmer sind in der vierten Staffel dabei
- RTL startet neuen "Lübeck-Krimi" mit "Bergretter"-Star
- "Navy CIS: Tony & Ziva": Von der Militärpolizei zur Boulevardkomödie
Neueste Meldungen
- "Yellowstone"-Spin-off "The Madison" bestätigt weiteren Hollywood-Star
- Update Bestätigt: "Scrubs"-Stars Judy Reyes und John C. McGinley ebenso im Serien-Revival dabei
- "Phineas und Ferb": Deutschlandpremiere für Revival verkündet
- "SAS: Rogue Heroes": Staffel 3 der Actionserie von "Peaky Blinders"-Schöpfer bestätigt
Specials
- Neu im ZDF: "High Stakes" stellt Muslima im Poker-versum vor
- "The Paper": Wie (un)lustig ist das "Office"-Spin-off?
- "Navy CIS - Tony & Ziva": Von der Militärpolizei zur Boulevardkomödie
- "7 Richtige" oder: Hallaschka gibt den Jauch
- "Paradise": Thriller des "This Is Us"-Erfinders entpuppt sich als komplexes und packendes Gedankenspiel
- "Doc": Großartige Molly Parker alleine kann Remake von "Doc - Es liegt in deinen Händen" nicht retten
- "The Terminal List: Dark Wolf": Taylor Kitsch ("American Primeval") in geheimer Mission
Neue Trailer
- "Boston Blue": "Blue-Bloods"-Spin-off mit Donnie Wahlberg veröffentlicht ersten Trailer
- "High Potential": Erster Trailer für Staffel 2 kündigt neuen Gegner an
- "Landman": Erster Trailer zu Staffel 2 enthüllt die Rolle von Sam Elliott
- Update "The Talamasca" mit Starttermin und neuem Trailer, erster Blick auf Staffel 3 von "Interview with the Vampire"
- Update Neue "Monster"-Staffel mit "Sons of Anarchy"-Star erforscht Abgründe eines der berüchtigtsten Serienkiller
Die Vorschau - Unser neuer Podcast
