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TV-Kritik/Review: "She-Hulk: Die Anwältin": Tatiana Maslany alleine kann die Probleme der neuen Marvel-Serie nicht beheben
(17.08.2022)
Das Marvel Cinematic Universe befindet sich in der vierten Phase und ist inzwischen nicht mehr so stark männlich geprägt wie noch vor einigen Jahren. Im Kino durfte sich Natasha Romanoff alias Black Widow in einem Soloabenteuer beweisen, hatte Wanda Maximoff alias Scarlet Witch als Antagonistin einen besonders einprägsamen Auftritt in
Wer mit den Superheldengeschichten einzig und allein gigantische Schlachten, Chaos und Verwüstung verbindet, wird überrascht sein, was "She-Hulk: Die Anwältin" zu bieten hat. Actionmomente sind hier nämlich rar gesät. In der Auftaktepisode geht es noch verhältnismäßig wild zur Sache. Danach setzen die Macher rund um Showrunnerin Jessica Gao (
Gleich zu Beginn der Serie weiht Jennifer Walters, eine ehrgeizige, kompetente, aber etwas unter dem Radar fliegende Staatsanwältin, den Zuschauer in ein Geheimnis ein, um das bloß ihre engsten Vertrauten wissen: Die junge Frau kann zu einem rund zwei Meter großen Hulk mit Superkräften anwachsen. Warum? Das enthüllt eine lange Rückblende, in der sie mit ihrem Cousin Bruce Banner (Mark Ruffalo), dem allseits bekannten Hulk, in einen Autounfall verwickelt wird und mit dessen Blut in Kontakt kommt. Er, der längst weiß, was es heißt, die Last von übermenschlichen Fähigkeiten tragen zu müssen, will Jennifer auf ihr neues Leben bestmöglich vorbereiten, stößt aber auf den Widerstand seiner Verwandten, die keine Lust auf ein Dasein als Superheldin hat.
Interessanterweise kann sie, anders als Bruce, ihre neuen Gaben und die Verwandlung in das große, grüne Wesen sofort kontrollieren und fühlt keinen Kampf zwischen ihrer Persönlichkeit und einem aggressiven Alter Ego. In einer recht amüsanten Trainingsmontage vor paradiesischer Kulisse bietet Walters Banner die Stirn und bricht anschließend wieder in ihr altes Leben auf.
Ganz so einfach, wie gedacht ist es allerdings nicht. Das bekommt die Staatsanwältin vor Gericht zu spüren, als sie während einer Verhandlung gegen ihre Überzeugung ihre Superkräfte hervorkitzeln muss, um eine unerwartete Bedrohung abzuwenden. Die Welt weiß nun Bescheid. Jennifer wird zu einer Sensation. Und in den Medien ist auf einmal nur noch von "She-Hulk" die Rede, eine Fremdbezeichnung, mit der Walters zunächst wenig anfangen kann.
Das ärgerlichste an der Sache: Obwohl sie, wie alle betonen, richtig gehandelt hat, muss sie für ihre Rettungstat bezahlen. Aufgrund ihrer Eigenschaften und ihrer Bekanntheit ist sie für ihren Chef nicht mehr tragbar, verliert ihren Job und stolpert auf dem Arbeitsmarkt von einer Enttäuschung in die nächste. Niemand will sie einstellen, bis sich ausgerechnet die Anwaltskanzlei GLK&H meldet, gegen die Jennifer bei ihrem letzten Prozess angetreten war. In ihrer She-Hulk-Gestalt soll sie zum Aushängeschild der dort neu gegründeten Abteilung für Superheldenfälle werden. Ein Angebot, das die Juristin nach kurzem Zögern annimmt.
Bereits in der ersten Folge zeichnet sich ab, dass Serienschöpferin Gao beleuchten will, wie Frauen gesehen und beurteilt werden - sowohl im beruflichen als auch im privaten Kontext. "She-Hulk: Die Anwältin" hat einen kritischen Blick und schafft es ein ums andere Mal, unmögliche Gegebenheiten und rückständige Ansichten, die in unserer vermeintlich so fortschrittlichen Gesellschaft noch immer existieren, satirisch aufzuspießen.
Mehrfach muss sich die Hauptfigur gegen Gerüchte zur Wehr setzen, etwa sie sei von den Avengers abgewiesen worden oder habe sich selbst den Namen She-Hulk angemaßt. Als sie sich dazu entschließt, unter ihrer normalen Identität einen Account auf einem Dating-Portal im Tinder-Stil anzulegen, herrscht anfangs weitestgehend Flaute. Erst mit dem Hochladen eines Profils als grüne Superheldin fliegen ihr die Anfragen der Männerwelt zu. Exotik und Außergewöhnliches schlagen das eigentlich total sympathische Durchschnittsbild. Dass Frauen nach wie vor sehr stark über ihren Körper definiert werden, erfährt Walters in einem Fernsehinterview, das sich nicht um ihre Arbeit als Anwältin dreht, sondern vom Moderator schnell in Richtung Ernährungs- und Fitnesstipps gelenkt wird.
Wenig verwunderlich macht die Serie auch vor MeToo nicht Halt und veranschaulicht, wie weitverbreitet Sexismus und unterschiedliche Formen der Belästigung sind. Erwähnung findet zudem die in manchen Kreisen lauter werdende Kritik daran, dass heute mehr Gewicht auf die weibliche Perspektive und weibliches Empfinden gelegt wird. Nicht von ungefähr kommen im fiktiven Umfeld von "She-Hulk: Die Anwältin" einige seltsame Männer zu Wort, die sich darüber aufregen, dass mit der verwandelten Jennifer schon wieder eine neue Superheldin die Bühne betreten habe, während ihre maskulinen Pendants aus dem Bild gedrängt würden. Hier bettet Headautorin Gao ganz bewusst fragwürdige Diskussionen aus der realen Welt in ihre Geschichte ein.
Der gesellschaftskritische Ansatz ist absolut begrüßenswert, wird stellenweise aber so weit getrieben, dass die Serie zu einem Message-Vehikel verkommt. Manche Dialoge fallen derart holzhammermäßig aus, dass man nur noch mit den Augen rollen möchte. Die Punkte, die kreativ Verantwortlichen machen wollen, sind richtig und wichtig. Ständig muss man den Betrachter jedoch nicht an sie erinnern.
Obwohl die Marvel-Produktion einiges an gelungener Situationskomik bereithält, zum Beispiel das Aufeinanderprallen von juristischen Formalia und Superhelden-Hokuspokus, driftet sie des Öfteren zu sehr ins Kindisch-Alberne ab. Besonders während einer Gerichtsverhandlung in Episode vier, in der der zwielichtige Magier Donny Blake (Rhys Coiro) den Saal für sein Zauberstücke missbraucht. Einen humorvollen Anstrich sollen der Serie nicht zuletzt die direkt an den Zuschauer gerichteten, häufig selbstreflexiven Kommentare der Titelheldin verleihen, die bereits in den Comicvorlagen angelegt sind. Das Stilmittel wird, jedenfalls in den ersten vier Folgen, allerdings nach keinem klaren Muster und nicht immer gewinnbringend genutzt. Wie zu hören ist, soll es aber über das komische Potenzial hinaus noch eine besondere Rolle spielen. Was das bedeutet, wird sich zeigen!
Dass "She-Hulk: Die Anwältin" unter dem Strich ein paar Wünsche offen lässt, liegt auch an den nicht übermäßig aufregenden Fällen, mit denen sich die Protagonistin befassen muss. Gastauftritte sind garantiert. Manches wirkt aber fürs Erste wie reines Füllmaterial. Ob sich auch bei Gao am Ende ein spannendes und komplexes Konstrukt ergibt, wie es in
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier von insgesamt neun Folgen der Serie "She-Hulk: Die Anwältin".
Die erste Episode der Serie "She-Hulk: Die Anwältin" wird am 18. August bei Disney+ veröffentlicht.
Leserkommentare
Brigidde schrieb am 23.08.2022, 09.04 Uhr:
Ermüdend, das bei Frauen immer solche Themen kommen - auch Frauen wollen einfach nur mal unterhalten werden und sich nicht mit den "Standardthemen" auseinander setzen. Das fängt doch schon bei dem Dating an - warum muss eine Frau unbedingt einen Mann finden, bei den Männer ist Dating doch auch selten ein Thema - aber nö, eine Frau ohne Mann ist ja uninteressant, sie muss ja ständig daran erinnert werden, das sie ohne Mann nicht komplett und ihr Leben ja wohl sonst langweilig ist. Und nach wie vor ist She-Hulk ja wesentlich hübscher anszusehen wie der männliche. Warum? Warum kann sie nicht auch einfach unattraktiv sein, durchdrehen und zerstören!? Ach nö, die Frau muss ja mal wieder die "Vernünftige" darstellen, durchdrehen dürfen nur Männer. Und hässlich sein sowieso... Beim Trailer sagte ich mir schon: Och nö, sowas brauch ich im Helden-Genre überhaupt nicht. Da hätte man auch irgendiene x-beliebige Serie über eine Anwältin machen können.Flapwazzle schrieb am 18.08.2022, 07.13 Uhr:
Nach Ms. Marvel der nächste Flop. Zum Glück ist es nicht mein Geld, was da sinnfrei verbrannt wird.gilgrissom1975 schrieb am 17.08.2022, 19.06 Uhr:
schade das Marvel die nicht daraus in ein Kinofilm machen. mit Hulk zusammen.den der Trailer war nicht schlecht. dachte erst es wäre der neue Hulkfilm bis zum Schluss raus kam das es eine neue Serie wird. dachte ich mir wirklich schade.markox schrieb am 20.08.2022, 11.52 Uhr:
Naja, das ist halt das Konzept seit Disney+ und ich finde es im Grunde nicht schlecht. Nicht jedes Thema taugt für einen Kinofilm und lohnt sich für ein dreistelliges Millionen Budget. Und andersrum will man vieles zwar sehen, aber wenn es eine ausgewachsene Serie wäre, wäre es einfach zu viel. Diese 6-9 Folgen Mini Serien sind da schon eine innovative und angenehme Lösung.
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