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Zweiter Kinofilm um Büroekel Bernd Stromberg schlägt neue Richtungen ein - und verzettelt sich
"Stromberg - Wieder alles wie immer"
Amazon/Brainpool
TV-Kritik/Review: "Stromberg - Wieder alles wie immer": Klassentreffen mit Papa/Amazon/Brainpool

Wie führt man einen rücksichtslosen Opportunisten, einen ausgewiesenen Bully, einen um rassistische Ausfälle nicht verlegenen Chef und Berufssexisten aus einer Zeit, in der über viele Themen weniger sensibel diskutiert wurde als heutzutage, in die Gegenwart? Vor dieser Frage stand der Drehbuchautor und Produzent Ralf Husmann bei der Entwicklung des zweiten Kinofilms um das ab 2004 auf deutsche Fernsehzuschauer losgelassene Büroekel Bernd Stromberg. Seine Antwort: Indem man voll auf Angriff setzt. Was in diesem Kontext bedeutet, dass  "Stromberg - Wieder alles wie immer" ständig das Damals und das Heute gegenüberstellt, den gesellschaftlichen Wandel permanent in der Handlung diskutiert. Wie sah es früher aus? Welche Entwicklungen haben uns vorangebracht? Und: Ist heute wirklich alles besser? Vor diesem Hintergrund entspinnt sich in der elf Jahre nach  "Stromberg - Der Film" startenden Fortsetzung eine Geschichte mit vielen bekannten Zutaten und einigen markanten Neuerungen, die der Reise des Titelantihelden allerdings nicht immer gut bekommen. Das Ergebnis ist eine durchaus ambitionierte Komödie , die allerdings in sich weniger stimmig wirkt als noch ihr weitgehend im Versicherungskosmos angesiedelter Vorgänger.

Während die Quoten überschaubar blieben, scharte sich um die 2004 erstmals auf ProSieben ausgestrahlte Serie  "Stromberg", eine Adaption (was anfangs nicht so ausgewiesen wurde) des britischen Formats  "The Office", im Laufe der bis 2012 gezeigten fünf Staffeln eine treue Fangemeinde. Gerade weil der schamlos intrigierende, nach unten tretende, sich gern als "Papa" stilisierende Protagonist, ein Abteilungsleiter in der fiktiven Capitol-Versicherung, eine echte Zumutung darstellte, war er eine Bereicherung für die sonst oft so bieder-zahme deutsche Fernsehwelt. Bösere Witze als in "Stromberg" und eine abgründigere Figur, die uns mit unseren eigenen Schattenseiten konfrontierte, musste man damals auf dem kleinen Bildschirm mit der Lupe suchen.

Der zwei Jahre nach dem Ende der Serie veröffentlichte Kinostreifen, der in Zusammenarbeit des ursprünglichen Kreativgespanns Ralf Husmann (Autor) und Arne Feldhusen (Regie) entstand, führte die Geschichte um den von Christoph Maria Herbst markant gespielten Westentaschenchef unterhaltsam fort und ließ ihn nach turbulenten Verwicklungen, darauf deutete das Filmende hin, in einer gehobenen Position im politischen Berlin ankommen. Was genau er bei der SPD gemacht hat, erfahren wir im zweiten Leinwandauftritt jedoch nicht. Vor allem deshalb, wie der Hauptdarsteller in einem aktuellen Spiegel-Interview anklingen ließ, weil man eine Komödie im Politbetrieb nach Hape Kerkelings  "Horst Schlämmer: Isch kandidiere!" aus dem Jahr 2009 als ausgelutscht einstufte. Warum Stromberg im filmischen Finale von 2014 dann trotzdem eben dort landete, ist eine berechtigte Frage.

Sei's drum. "Stromberg - Wieder alles wie immer" nutzt elf Jahre nach dem ersten Teil eine völlig neue Ausgangssituation, um die zentralen Figuren der Serie wieder zusammenzubringen. In der Tradition US-amerikanischer Reunion-Specials sollen sich Bernd Stromberg und seine früheren Kollegen, die in der Fiktion selbst Protagonisten einer (Fake-)Doku waren, in einem Fernsehstudio wiedersehen. Was ist aus den Leuten geworden? Haben sie sich verändert? Und wie blickt man heute auf den stets von einer Doku-Crew begleiteten Alltag in der Capitol-Versicherung? Jennifer "Schirmchen" Schirrmann (Milena Dreissig) bezeichnet die Zusammenkunft an einer Stelle recht passend als ein Klassentreffen, bei dem alle sitzengeblieben sind.

MadeFor Film/Stephan Rabold

Die Diskussion "Was war damals alles möglich, und was geht mittlerweile gar nicht mehr?" etabliert das Filmsequel gleich in den Anfangsminuten über eine junge Produktionsleiterin (Sophia Burtscher) im Studio, die sich Ausschnitte aus der fiktiven Stromberg-Doku anschaut, um Einspieler für die Show zu finden. Der Sexismus, der ihr in den "Weisheiten" des Capitol-Abteilungsleiters entgegenschlägt, bringt sie sichtlich auf die Palme.

Kurz vor dem Start der Aufzeichnung prallen dann als Stromberg verkleidete Groupies und ablehnende Demonstranten vor dem Gebäude buchstäblich aufeinander. Das bloß Hintergrundrauschen bleibende Handgemenge bringt die Macher der Reunion dazu, das Event um zwei Tage zu verschieben, in der Hoffnung, dass sich die Aufregung bis dahin wieder gelegt hat.

MadeFor Film/Stephan Rabold

Die Teilnehmer am "Klassentreffen" - Stromberg selbst, seine Ex Jennifer mit ihrem neuen Lover Julian (László Branko Breiding) im Schlepptau, das Ehepaar Tanja (Diana Staehly) und Ulf Steinke (Oliver Wnuk) sowie Berthold "Ernie" Heisterkamp (Bjarne Mädel) - werden daraufhin vom Drehbuch durch die Gegend gescheucht. Lebte die Serie und auch der Kinovorgänger noch von der Konzentration auf den Versicherungskosmos, der als Brennglas für gesellschaftliche Zustände diente, öffnet "Stromberg - Wieder alles wie immer" nun stärker die erzählerische Welt, sprich: Es kommt zu mehr Schauplatzwechseln. Der böse Humor, ein Markenzeichen des Formats, bleibt erhalten. Kreativ hat sich Husmann erneut ausgetobt (Kostprobe: "Ich bin wie Lady Di, nur mit Bart!"). Die Schlagzahl der markanten Pointen ist allerdings geringer als beim letzten Mal.

Was die Entwicklung der Figuren anbelangt, schwankt leider die Qualität: Stromberg gibt sich bei seinem ersten Auftritt nach rund zehn Minuten geläutert ("Ein Upgrade als Chef und auch als Mensch!"), ist aber nach wie vor der schonungslos austeilende, keinen fiesen Spruch scheuende Egomane, als den wir ihn 2004 kennengelernt haben. Seine tragische Seite, die Tatsache, dass er im Grunde ein armes Würstchen auf der Suche nach etwas Anerkennung ist, blitzte schon früher mehrfach auf. Der neue Film jedoch vertieft diesen Gedanken.

MadeFor Film/Stephan Rabold

Strombergs Reise, eine Achterbahnfahrt der Gefühle, führt etwa ab der Mitte, als er ein Fiasko bei seinem derzeitigen Arbeitgeber erlebt, in eine gewagte Richtung, die an einen starbesetzten Hollywood-Thriller denken lässt (wer wissen will, welcher Titel gemeint ist, klicke bitte  hier). Gleichwohl scheuen die Macher davor zurück, dieser Spur konsequent zu folgen, da sie ihre Hauptfigur für etwaige Fortsetzungen nicht komplett demontieren wollen. Nach der Wende um den Halbzeitpunkt herum wird es fahriger, fühlt sich die Eskalation zunehmend konstruierter an - im Gegensatz zu "Stromberg - Der Film", wo sich die Ereignisse organischer, natürlicher überschlagen. Gleiches gilt für das bewährte Muster, wonach es der Protagonist am Ende irgendwie jedes Mal schafft, sich aus dem selbstverschuldeten Schlammassel herauszulavieren. In "Stromberg - Wieder alles wie immer" überzeugt der Weg nur bedingt. Nicht zuletzt, weil man fragen darf, warum das Vorgehen des Titelantihelden keinerlei Konsequenzen hat. Mit dem Finale wollen Husmann und Co offenbar dem Wiedererstarken reaktionärer Kräfte und Weltbilder in der Realität, der Rückbesinnung auf eine vermeintlich "gute, alte Zeit" Rechnung tragen. Ihrer Dramaturgie fehlt es aber an Schlüssigkeit.

MadeFor Film/Stephan Rabold

Strombergs einstige Flamme Jennifer, die mit Alkoholproblemen zu kämpfen hat, bleibt eher farblos, während ihr junger, nach Aufmerksamkeit gierender Influencer-Freund Julian als arg plumpe Karikatur der Social-Media-Auswüchse in Erscheinung tritt. Vor allem an seinem Beispiel will der Film aufzeigen, dass jede Zeit ihre spezifischen Bullys, Ausbeuter und Charakterschweine hat. Stromberg in anderem Gewand - so lässt sich der Content-Creator wohl am besten beschreiben. Bei Tanja und Ulf, dem ewigen Paar, das nach wie vor in der Capitol-Versicherung arbeitet, geht es mal wieder um verschiedene Beziehungsansichten und Arbeitseinstellungen. Wirklich Überraschendes hat ihre Geschichte allerdings nicht zu bieten. Über ihren Adoptivsohn Marvin wird zudem sehr willkürlich das Thema LGBTQ+ eingestreut, an dem sich Stromberg kurz abarbeiten darf.

Unter den Nebenfiguren ist Ernies Wandelung wohl am interessantesten. Einst Büroprügelknabe und ständig am Rande des Nervenzusammenbruchs wandelnd, hat er inzwischen ganz zu sich gefunden. Seine Mobbingerfahrungen sind nun sein Geschäftsmodell. Als Life-Coach mit Selbstermächtigungsratgeber und Teflonpfanne auf zwei Beinen perlen alle frischen Stromberg-Lästerattacken an ihm ab. Witzig, wie der Film hier beharrlich die Erwartungen unterläuft.

Der Film "Stromberg - Wieder alles wie immer" kommt in Deutschland am4. Dezember in die Kinos.

Meine Wertung: 2.5/5



 

Über den Autor

  • Christopher Diekhaus
Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.
Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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