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TV-Kritik/Review: "The Righteous Gemstones": Schrille, aber schale Religionssatire mit John Goodman

HBO-Dramedy um Fernsehprediger-Familie fehlt der kritische Biss
So zeigen sich die Gemstones gerne öffentlicht: Vater Eli (John Goodman, M.) auf der Bühne zwischen den Söhnen Kelvin (Adam Devine, l.) und Jesse (Danny McBride) in "The Righteous Gemstones"
HBO
TV-Kritik/Review: "The Righteous Gemstones": Schrille, aber schale Religionssatire mit John Goodman/HBO

Man kann als deutscher Fernsehzuschauer jahrzehntelangen Konsum US-amerikanischer Serien hinter sich haben und doch noch überrascht werden über die krassen Unterschiede zwischen den beiden Gesellschaften. Zum Beispiel beim Thema Religionsausübung. Wenn in den USA jemand als Pastor arbeitet, heißt das nicht, dass er auch Theologie studiert haben muss, schon gar nicht, dass er bei einer Institution wie den deutschen evangelischen Landeskirchen angestellt wäre. Vielmehr kann im land of the free jeder seine eigene Kirchengemeinde gründen, der sich dazu berufen fühlt und das entsprechende Geld aufbringt. Dann muss es ihm nur noch gelingen, genügend Schäfchen hinter sich zu versammeln. Auf dieser Grundlage blühen dann schillernde Phänomene wie Fernsehprediger auf, die als Mischung aus B-Promi und Seelsorger teils beachtliche Karrieren machen. Eine Familie solcher TV-Priester steht im Mittelpunkt der neuen HBO-Dramedy  "The Righteous Gemstones".

Diese Familie Gemstone ist jedoch alles andere als rechtschaffen, eher selbstherrlich, arrogant, genusssüchtig und kriminell und damit eine weitere Variation in der langen Reihe dysfunktionaler Familienclans, wie sie der US-Premiumsender seit den  "Sopranos" immer wieder in den Mittelpunkt seiner Serien stellt. Die neueste Versuchsanordnung ist allerdings keine Dramaserie wie die meisten Vorgänger, sondern mehr schräge Comedy mit dramatischen Elementen. Zwar hat die Auftaktfolge klassische HBO-Dramalänge von einer Stunde, die weiteren Episoden sind aber nur rund eine halbe Stunde lang. Hinter dem Projekt stecken die Komiker und Drehbuchautoren Danny McBride (der auch eine Hauptrolle übernommen hat) und Jody Hill sowie der zwischen Independent-Drama und Komödie pendelnde Regisseur David Gordon Green, die schon bei der HBO-Serie  "Eastbound & Down" über einen abgehalfterten Baseballer zusammenarbeiteten. Das gibt schon die Richtung vor, die die Serie einschlägt.

Familienpatriarch Eli Gemstone (John Goodman,  "Die Conners") ist in jüngeren Jahren gemeinsam mit seiner inzwischen verstorbenen Ehefrau durch eine christliche Fernsehshow berühmt geworden. Diese Popularität hat er genutzt, um ein landesweites Firmenimperium aus Gebetsorten (von Kirchen zu sprechen, verbietet sich fast), Predigttourneen und Merchandising aufzubauen. Begleitet wird er dabei stets von seinen beiden Söhnen Jesse (McBride) und Kelvin (Adam DeVine), während Tochter Judy (Edi Patterson) lediglich im Hintergrund geschäftliche Aufgaben übernehmen darf. Geben sich die Gemstones bei ihren öffentlichen Auftritten als selbstlose, gottesfürchtige Diener, fluchen, saufen und bekriegen sie sich, sobald sie unter sich sind. Ob sie eigentlich wirklich an Gott glauben, bleibt dabei zumindest in den ersten Folgen offen.

... hinter den Kulissen teilen die Väter der Familie aber auch gerne Ohrfeigen aus.
... hinter den Kulissen teilen die Väter der Familie aber auch gerne Ohrfeigen aus.

Während die Pilotfolge die Gemstones zunächst in ihrem Alltag begleitet und uns ihre Arbeit etwa bei einer absurd anmutenden Massentaufe in China zeigt, kommt schnell ein Thrillerelement hinzu: Jesse wird mit einem heimlich aufgenommenen Video erpresst, in dem er auf einer Privatparty beim Koksschnupfen zu sehen ist, während um ihn herum Nackte beiderlei Geschlechts herumspringen. Der Versuch der drei Geschwister, mit der Erpressung auf eigene Faust fertig zu werden, geht spektakulär schief, offenbart aber auch die kriminelle Energie der Scheinheiligen. Die zweite Folge dreht sich dann fast ausschließlich um die weitere Auseinandersetzung zwischen Erpressten und Erpressern, wobei das Thema Religion völlig in den Hintergrund gerät. Das wird in Folge 3 zum Glück wieder anders, wenn mit Elis Schwager "Baby" Billy (Walton Goggins; mit McBride schon in  "Vice Principals") eine weitere schräge Predigerfigur eingeführt wird, die als Pastor die neue Filiale der Familie in einem Kleinstadt-Einkaufszentrum übernehmen soll.

Gerade in der Familie von Jesse (Danny McBride) - hier mit Ehefrau Amber (Cassidy Freeman) - herrscht Protz und Scheinheiligkeit.
Gerade in der Familie von Jesse (Danny McBride) - hier mit Ehefrau Amber (Cassidy Freeman) - herrscht Protz und Scheinheiligkeit.

Wo genau HBO mit dieser Serie hin will, ist nach den ersten Episoden noch unklar. Wer sich hier eine bissige Religionssatire erwartet hat, wird enttäuscht sein, denn dazu ist die ganze Inszenierung viel zu wenig "ernsthaft" satirisch. Schon die Figuren sind weitgehend als Knallchargen angelegt: Jesse mit angegrauten Riesenkoteletten und in weißen Dreireihern wirkt wie in den 1970ern Jahren steckengeblieben, sein jüngerer Bruder Kelvin wie eine Millenial-Version von Robbie Williams. Und wie ernst kann man schon eine Figur nehmen, die von allen (einschließlich sich selbst) nur Baby Billy genannt wird? Zudem sprechen die meisten Familienmitglieder breitesten Südstaatenslang. Das kritische Potential, das in dem Thema der kommerzialisierten Religionsausübung steckt, wird außerdem überhaupt nicht ausgespielt. Die Gemstones erscheinen nie wie realistische Vertreter dieses Geschäftszweigs, sondern eher bis zur Unkenntlichkeit überzogen. Ein großer Unterschied zu Serien wie Hulus  "The Path" oder HBOs eigener Dramaserie  "Big Love", die sich in wesentlich ambivalenterer Weise mit fundamentalistischen Familien und ihren Religiongemeinschaften auseinandersetzten - schon alleine deshalb, weil klar wurde, dass deren Protagonisten trotz aller Heuchelei tatsächlich an das glaubten, worauf sie sich ständig beriefen.

So sehen sich die Gemstones gerne: Vater Eli (v.) umgeben von seinen Kindern (v.l.) Kelvin, Jesse und Edi Patterson.
So sehen sich die Gemstones gerne: Vater Eli (v.) umgeben von seinen Kindern (v.l.) Kelvin, Jesse und Edi Patterson.

Als Comedy funktioniert die Serie hingegen bedingt: Die Pointen sind mal mehr, mal weniger lustig, die schrille Ausstattung und überdrehte Spielweise der Akteure machen durchaus Spaß. Wenn sich die Handlung zwischenzeitlich in der Erpressungshandlung zu verlieren droht, kann man sich allerdings schon fragen, ob es nun wirklich noch eine weitere Variante dieser Verbrechensgeschichten mit tarantinoesker Gewaltdarstellung gebraucht hat. Insgesamt wirkt "The Righteous Gemstones" schnell ermüdend, zumal es auch mit Blick auf die innerfamiliären Konflikte nichts Neues zu erzählen hat. Das Religionsthema erscheint leider eher als beliebiger Aufhänger, könnten die Gemstones doch auch in jedem anderen Business aktiv sein, ohne dass sich viel an der Konzeption der Serie ändern müsste. Ob dieser doch sehr durchschnittliche Neustart geeignet ist, HBO nach dem Ende seiner erfolgreichsten Serie  "Game of Thrones" beim Kampf um den Klassenerhalt als führender Seriensender zu unterstützen, darf bezweifelt werden.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Episoden der Serie "The Righteous Gemstones".

Meine Wertung: 3/5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: HBO

Die Serie "The Righteous Gemstones" startet in den USA am 18. August 2019 bei HBO in ihre achtteilige dritte Staffel und wird in Deutschland bei Sky Atlantic zu sehen sein.

Trailer zu "The Righteous Gemstones"


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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