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Sirin Agdasam, Götz Schubert, Billey Demirtas, Manfred Zapatka und Johanna Gastdorf (von links), Szene aus Staffel 3
Sirin Agdasam, Götz Schubert, Billey Demirtas, Manfred Zapatka und Johanna Gastdorf (von links), Szene aus Staffel 3ZDF/Volker Roloff

Wie realistisch KDD ist, darüber wurde von Beginn an viel diskutiert. Wie realistisch wollten Sie sein? Oder führt Begriff in die Irre?

OE: In bestimmter Hinsicht ist der Begriff falsch, jedenfalls ungenau. Realistisch ist zum Beispiel die Art der Polizeiarbeit, aber nicht die Struktur, denn es gibt keinen Kriminaldauerdienst in Berlin, insofern ist das unrealistisch. Das geht darauf zurück, dass ich vor vielen Jahren in Köln zu recherchieren begonnen habe, bevor die Entscheidung fiel, die ich gut finde, die Serie in Berlin zu erzählen. Ich glaube aber, dass die Konflikte und Themen, diese kleinen Geschichten und Miniaturen innerhalb unseres Ensembles, eine realistische Anmutung haben. Da ist ein Stück Wahrheit immer dabei.

Wie sind Sie bei der Recherche vorgegangen?

OE: Ich habe mich ganz einfach mit der Polizei in Verbindung gesetzt und bin dann dankenswerterweise zum Kriminaldauerdienst in Köln vermittelt worden. Dort habe ich die Polizisten mehrere Tage bei der Arbeit beobachtet, mit ihnen gesprochen, und daraus hat sich das Konzept entwickelt.

Hört man dabei auch Polizeigeschichten, die zu unglaublich sind für die Fiktion?

OE: Alle Geschichten aus der ersten Staffel haben einen wahren Kern, oder mehr als das. Wo dann oft Einwände kamen: Dass jemand fürs Sozialamt Kinder erfindet, das gibt es doch gar nicht. Aber das waren alles Geschichten, die ich in Köln so vorgefunden habe. Die kleinen Geschichten in der zweiten und dritten Staffel sind auch fast alle authentisch, oder besitzen einen authentischen Kern, aber das sind tatsächlich alles Berliner Ereignisse.

KDD spielt fast ausschließlich in Kreuzberg 36 und Neukölln, mithin auch in einem deutsch-türkischen Milieu, das der Zuschauer gewöhnlich nur als Comedy oder Problemkiez-Drama geboten bekommt. Glauben Sie, auch das ist ein Problem?

OE: Ob das ein Problem ist, weiß ich nicht. Nicht nur die Drehbücher, sondern auch die Filme sind ja sehr nah dran an dieser Situation, man hat das Gefühl, man sieht etwas von Kreuzberg und Neukölln, zumindest glaube ich das. Mag sein, dass es ein Problem ist, sich mit dieser Wirklichkeit auseinander zu setzen. Aber es geht bei uns ja nicht nur um ein deutsch-türkisches Milieu, nicht mal überwiegend. In der dritten Staffel gibt es zum Beispiel eine Stasi-Episode, es werden also auch gänzlich andere Milieus erzählt. Vielleicht ist das alles für den Zuschauer - um mal dieses Stichwort zu bemühen - zu wenig eskapistisch.

Sie selbst sind der Sohn eines türkischen Vaters und einer deutsch-italienischen Mutter. Hat dieser biografische Hintergrund Einfluss auf Ihr Schreiben?

OE: Vermittelt ja. Nicht eins zu eins, das glaube ich nicht. Wahrscheinlich geht es jedem Autor, jedem Regisseur, überhaupt jedem in irgendeiner Form Kunstschaffenden so, dass sein Blick auf die Gesellschaft ein bisschen anders ist. Aber ich habe k einen Anspruch, etwas zur Migrationsdebatte beizutragen.

Hat der ausbleibende Quotenerfolg von KDD Sie desillusioniert?

OE: Eine Frage, die mir oft gestellt wird, und über die auch oft nachdenke. Ja und Nein. Wenn man desillusioniert wird, kann das ja auch einen heilsamen Effekt haben. Ich habe vor vier, fünf Jahren gedacht: Wir hinken der Höhe der Erzählkunst im Fernsehen hinterher, die woanders ja existiert. Da gibt es genügend Beispiele, die man sich auf DVD ansehen kann, Kaufserien, die mich persönlich interessieren und die wenig im deutschen Fernsehen zu sehen waren und sind. Desillusioniert bin ich insofern, als ich mich mittlerweile frage, ob wir die Höhe dieser Erzählkunst jemals erreichen, ob wir diese Entwicklung überhaupt durchlaufen werden. Ich glaube eher nicht.

Die deutsche Serienzukunft sieht finster aus?

OE: Was für einen deutschen Weg es geben wird in den nächsten drei, vier oder fünf Jahren, das weiß ich nicht. Aber wir sind ja insgesamt, was Serien betrifft, auf einem relativen Tiefpunkt angelangt. Im Privatfernsehen findet Serie im Moment so gut wie gar nicht mehr statt, bei Sat.1 und RTL gibt es kaum neue Formate oder neue Versuche, im Öffentlich-Rechtlichen sind die erfolgreichen Serien diejenigen, über die wir hier nicht sprechen, die mit KDD nichts zu tun haben, die aber prolongiert werden. Insofern ist ästhetisch-künstlerisch eine Talsohle erreicht, und ich bin sehr gespannt, wie es weiter geht.

Die Einstellung von KDD ist doch ein Signal an Autoren, mehr Konfektion zu liefern.

OE: (zögert) Das ist wirklich schwer zu sagen, ich weiß es nicht. Einerseits ist das Signal: Mehr Konfektion. Die wird ja auch industriell weiter hergestellt, mit Telenovelas, Dailys, all diesen Formaten, die auch handwerkliches Geschick und eine gute Ausbildung verlangen und die durchaus ihre Berechtigung haben, sofern daneben auch anderes stattfindet. Gleichzeitig wird es einen Innovationsbedarf geben. Welche Folgen das hat, ob sich dann auch Strukturen ändern werden, vermag ich nicht vorherzusagen. Anlässlich des Falls Doris Heinze und der Degeto-Debatte haben wir ja zumindest begonnen, ein bisschen öffentlicher darüber zu diskutieren.

Im Zusammenhang mit dem Fall Heinze erschien ein Artikel in der Frankfurter Rundschau, in dem ein Drehbuchautor, der anonym bleiben wollte, beklagte: "Wer Kritik übt, wird nicht mehr beschäftigt." Generell war von einem Klima der Angst bei den Sendern die Rede. Deckt sich das mit Ihren Erfahrungen?

OE: Ich habe relativ wenig Angst. Ich würde nicht behaupten, dass ich komplett angstfrei bin, jeder muss Geld verdienen, seine Familie ernähren, was auch immer, aber ich bin relativ angstfrei. Es kommt darauf an, wo man positioniert ist, was für ein - dieses neue deutsche Wort - Standing man hat. Ich glaube nicht, dass es tatsächlich so ein System von Angst, Unterdrückung und Autorität gibt. Das System ist hierarchisch, das ja, aber kein Regime. Und ich verweise auch immer darauf, dass es zwei Seiten gibt. Einerseits existieren sicherlich sehr träge, zum Teil verkrustete Strukturen, und es herrscht dieses engstirnige Denken vor, Formate so zu entwickeln, dass sie kurzfristig erfolgreich sind - noch mal Stichwort Degeto, oder meinetwegen auch ARD- und ZDF-Serien. Aber andererseits sitzen in den Redaktionen auch Redakteure, die ganz andere Dinge wollen und darauf warten, dass sie irgendwann Gelegenheit dazu bekommen, die umzusetzen. Sicherlich gibt es aber auf der Seite der Autoren, Regisseure und Produzenten, wie wahrscheinlich in jeder Branche, in jedem Beruf, eine Bereitschaft zu sagen: Ich mach?s mir einfacher. Die Frage ist, ob man es sich leisten kann, es sich nicht einfach zu machen.

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