Deutsche TV-Premiere: 28.08.2001 (arte)
Die Geschichte des Weißen Wals könnte der Phantasie von Disney-Autoren entsprungen sein. Allein, sie ist wahr: Am 18. Mai 1966 taucht bei Duisburg-Neuenkamp, 300 Kilometer vom Meer entfernt, ein mächtiges Tier aus den schmutzigen Fluten des Rheins auf, um Luft zu holen: Der Weiße Wal. Einen Monat lang wird der fremde Besucher die Menschen und die Medien bewegen, Konflikte zwischen Tierschützern und Zoologen entfachen, zwischen Deutschen und Niederländern, zwischen den politischen Fraktionen. Derweil schwimmt der Weiße Wal immer tiefer ins Landesinnere. Belugas leben in arktischen Gewässern Kanadas und Russlands. Das Auftauchen eines Weißwals so weit südlich und dann noch so weit stromaufwärts ist eine zoologische Sensation ersten Ranges. Dr. Gewalt, damaliger Direktor des Duisburger Zoos will sich die einmalige Gelegenheit nicht entgehen lassen, den Wal für sein neu eröffnetes Delphinarium einzufangen. Mit zusammengeknüpften Tennisnetzen beginnt er seine Jagd, aber es gelingt nicht, das gewitzte Tier damit zu fangen. Ein amerikanischer Delphin-Trainer wird hinzugezogen, der eine indianische Methode mit einer Falle aus Stricken und Zaunpfählen einsetzt - ohne Erfolg. Der nordrhein-westfälische Meister im Bogenschießen heftet eine Markierungsboje an die Finne; mit einer Narkosepistole wird er betäubt und ertrinkt beinahe. Dennoch schwimmt der Weiße Wal unbeirrt weiter rheinaufwärts. Die Rheinländer taufen ihn respektvoll 'Moby Dick'. Gegner der Jagd formieren sich. Tierschützer erstatten Anzeige. Die holländische Wasserschutzpolizei verbietet jegliche Jagdaktivität, sollte der Wal die Grenze überqueren. Dr. Dudok van Heel, Direktor des Delfinariums in Harderwijk, wettert gegen die 'schändliche Hetzjagd' und die 'barbarischen Jagdmethoden in Deutschland'. Die Volksseele begehrt auf und ergreift Partei für die geschundene Kreatur. In hellen Scharen pilgern die Menschen ans Rheinufer, um den Botschafter aus der Arktis zu bestaunen. Auf seiner über einen Monat währenden Reise kämpft sich der Wal von Rotterdam gegen die Rheinströmung über Nimwegen, Duisburg, Düsseldorf, Köln bis schließlich nach Bonn durch. Was sucht nun der einsame Beluga ausgerechnet in diesem verseuchten Fluss? Weshalb schwimmt er über 400 km stromaufwärts - taucht vor dem Bundespressehaus auf und sprengt eine Pressekonferenz des Regierungssprechers - bevor er umkehrt? Nach zweitägigem Aufenthalt in der Hauptstadt dreht 'Moby Dick' endgültig ab. Schon drei Tage später am 18 Juni 1966 meldet die Schifffahrts-Agentur Dirkzwager, dass 'Moby Dick' um 18.42 Uhr bei Hoek van Holland die offene See wieder erreicht hat.
(One)
gezeigt bei: WDR.DOK (D, 2002)
Cast & Crew
- Regie: Stephan Koester
- Drehbuch: Volker Anding, Carl-Ludwig Rettinger
- Produktion: Carl-Ludwig Rettinger, Joachim Ortmanns
- Produktionsfirma: LICHTBLICK FILM+TV PROD. KÖLN, ARTE Deutschland TV
- Kamera: Arthur Ahrweiler