Ein schwules Coming-out sollte im 21. Jahrhundert kein großes Problem mehr sein. Im süditalienischen Städtchen Lecce, wo zwischen malerischen Gässchen und heimeligen Marktplätzen noch die erzkatholische Ordnung herrscht, gehen die Uhren aber noch etwas anders. Hierher kommt Tommaso Cantone (Riccardo Scamarcio) zurück, nachdem er in Rom nicht etwa Wirtschaftswissenschaften, sondern heimlich Literatur studierte. Schriftsteller möchte er werden und keinesfalls - wie von ihm erwartet - in die Nudelfabrik seiner Eltern einsteigen. Außerdem muss er dem stockkonservativen Vater Vincenzo (Ennio Fantastichini) endlich gestehen, dass er homosexuell ist. Beim Abendessen kommt sein älterer Bruder Antonio (Alessandro Preziosi) ihm jedoch überraschend zuvor: 'Ich bin gay, homosexuell, 'ne Schwuchtel, schwul, 'ne Tunte', erklärt er dem geschockten Papa, der seinen Erstgeborenen verstö ßt und prompt einen leichten Infarkt erleidet. Ein weiteres Geständnis würde den Alten unweigerlich ins Grab bringen, und so steckt Tommaso nun in der Klemme. Als seine stockschwulen römischen Freunde zu einem Überraschungsbesuch vorbeitanzen, verwandelt sich die Villa der Cantones in einen Käfig voller Narren. Die gefühlvolle Gender-Komödie entlarvt die "heilige" italienische Familie als verkrustete Institution, in der jeder jeden hintergeht und belügt. Allen voran der cholerische Pasta-Patriarch, dessen eingefleischte Homophobie nur die Spitze des Eisberges ist. Vincenzo betrügt seine Gattin, die ihren Frust an den Dienstboten auslässt. Die liebeskranke Tante empfängt nachts anonyme Liebhaber und die Oma übertrifft alle: Um ihrer großen Liebe nah sein zu können, heiratete sie einst einen Mann, für den sie nie etwas empfand. Dank seiner liebevoll gezeichneten Frauenfiguren wird der in Istanbul geborene Wahlrömer Ozpetek als italienischer Almodóvar bezeichnet. Mit dieser melodramatisch-heiteren Demontage einer apulischen Familie kommt er dem großen spanischen Vorbild durchaus nahe. Tommaso, der jüngste Spross einer großbürgerlichen Pasta-Dynastie, will partout nicht ins Familienunternehmen einsteigen. Also plant er beim Familienfest sein Geständnis, dass er Schriftsteller werden will und vor allem, dass er homosexuell ist. Das sollte zum Rausschmiss reichen. Doch sein älterer Bruder kommt ihm mit dem eigenen Coming-Out zuvor und wird statt seiner aus dem Haus gejagt. Durch den Herzinfarkt des Vaters muss Tommaso nun doch sein Geheimnis wahren und wie von ihm erwartet den Firmenchef mimen: der schwule Freund in Rom und die ersehnte Freiheit rücken erst einmal in weite Ferne.
(One)
Für seine burleske Familienkomödie, die selbst für die verbohrtesten Figuren noch genug Wärme und Verständnis aufbringt und in der auch tragische Momente sich in Lachen auflösen, hat Regisseur Ferzan Ozpetek zahlreiche Preise gewonnen, unter anderem den Nastro d'Argento 2010 und fünf Auszeichnungen beim Bari International Film Festival 2011. Der Film lief in zahlreichen Ländern im Kino. Der "film-dienst" schrieb zu "Männer al dente": "Das ist nicht nur vergnüglich anzusehen, sondern beinhaltet auch so viel Wahrheit in der Einfachheit wie leckere Spaghetti Bolognese.".
(ARD)
Länge: ca. 104 min.
Deutscher Kinostart: 15.07.2010
Original-Kinostart: 12.03.2010 (I)
Deutsche TV-Premiere: 21.12.2011 (Sky Cinema)
Cast & Crew
- Regie: Ferzan Özpetek
- Drehbuch: Ivan Cotroneo, Ferzan Özpetek
- Produktion: Domenico Procacci, Marco Mauti, Monica Verzolini, Fandango, Rai Cinema, Apulia Film Commission, Provincia di Lecce
- Musik: Pasquale Catalano
- Kamera: Maurizio Calvesi
- Schnitt: Patrizio Marone
- Maske: Cristina Amadio
- Kostüme: Alessandro Lai
- Regieassistenz: Alberto Caviglia, Gianluca Mazzella
- Ton: Paolo Amici, Italo Cameracanna, Giuseppe D'Amato, Enzo Diliberto, Roberto Moroni
- Spezialeffekte: Andrea Baracca
- Distribution: 01 Distribution, Rai 4
- Choreographie: Monica Mangoni