Marjane wächst im Iran der 80er Jahre auf, einem Land, das sich trotz der Schah-Diktatur an westlicher Kultur orientiert. Die aufgeweckte Achtjährige liebt Pommes frites, Adidas-Schuhe und Bruce Lee. Mit dem Sturz des Schahs schöpfen Marjanes Eltern Hoffnung auf eine bessere Zukunft, die durch die Machtergreifung der Fundamentalisten im Keim erstickt wird. Als "Symbol der Freiheit" müssen Frauen Schleier tragen. Alles, was der inzwischen 14-Jährigen lieb und teuer ist - Schallplatten von Abba, Punk- und Heavy-Metal-Musik -, wird als "westliche Dekadenz" verteufelt und ist nur auf dem Schwarzmarkt zugänglich. Als renitente Punkerin wirft die schlagfertige Marjane ihren Lehrern in der Schule die Doppelmoral des Regimes vor, worauf ihre besorgten Eltern die rebellische Tochter zum Schutz nach Österreich schicken. Ein unüberwindlicher Kulturschock nebst quälendem Heimweh zwingt die junge Frau jedoch bald zur Rückkehr. Das restriktive Leben unter dem Schleier wird für die ambitionierte Kunststudentin immer grotesker: Botticellis "Geburt der Venus" darf nur mit schwarzen Zensurbalken gezeigt werden. Und als sie sich einmal zur Vorlesung verspätet, wird ihr auf der Straße sogar das Rennen untersagt - denn dabei wackelt ihr Hintern, und das empfinden die allgegenwärtigen Revolutionswächter als "unmoralisch". Nach dem Scheitern ihrer Ehe gilt Marjane für alle Männer als Freiwild. Entmutigt kehrt die 24-Jährige ihrer Heimat endgültig den Rücken, in Frankreich macht sie Karriere als Comiczeichnerin. Diese Adaption der zweiteiligen Graphic Novel "Persepolis" ist ein Geniestreich. Der Oscar-nominierte und 2007 mit dem Großen Preis der Jury in Cannes ausgezeichnete Animationsfilm, von der Autorin selbst gemeinsam mit Vincent Paronnaud realisiert, erzählt die jüngere iranische Geschichte aus der selbstironischen Perspektive eines heranwachsenden Mädchens und verdeutlicht die Zeitgeschichte ebenso lakonisch wie durch handfeste Alltagsdetails. Jenseits gut gemeinter Agitation macht die Regisseurin mit ausgefeilter Schwarz-Weiß-Ästhetik und grimmiger Komik ihr Leiden an der alten Heimat zum Motor eines gerade durch die Verfremdung wahrhaftigen, einzigartigen Films: "Lachen ist die subversivste aller Waffen" heißt das Credo von Marjane Satrapi.
(ARD)
Länge: ca. 95 min.
Deutscher Kinostart: 22.11.2007
Original-Kinostart: 27.06.2007 (F)
Deutsche TV-Premiere: 29.08.2010 (Das Erste)
FSK 12
gezeigt bei: Sternstunde Kunst (CH, 1998)
gezeigt bei: Sternstunden (CH, 1994)
Cast & Crew
- Deutsche Sprecher: Jasmin Tabatabai, Eva Kryll, Nadja Tiller, Marcus Off, Hanns Zischler
- Regie: Vincent Paronnaud, Marjane Satrapi
- Drehbuch: Vincent Paronnaud
- Produktion: Marc-Antoine Robert, Xavier Rigault, Kathleen Kennedy, Olivier Bizet, Christina Crassaris, Olivier Gravenhorst, 2.4.7. Films, Diaphana Distribution, Celluloid Dreams, Soficinéma, Diaphana Films, La Région Ile-de-France, La Fondation Gan pour le Cinéma, Société des Producteurs de Cinéma, de Télévision, Agence Nationale de Gestion des Oeuvres Audiovisuelles
- Produktionsauftrag: Degeto
- Produktionsfirma: France 3 Cinéma, French Connection Animations, The Kennedy, Marshall Company, Sony Pictures Classics, Sofica Europacorp, CNC - Centre National du Cinéma et de l'image animée
- Musik: Olivier Bernet
- Schnitt: Stéphane Roche
- Ton: Samy Bardet
- Spezialeffekte: Jimmy Capron
- Distribution: Prokino Filmverleih GmbH