Regisseurin Naomi Kawase lenkt die Aufmerksamkeit auf das, was man eigentlich nicht sehen will: Leid, Siechtum und Tod. Die mit großer Zurückhaltung gefilmten Blicke und Haltungen ihres kranken Freundes Kazuo Nishii kündigen zwar Tod und Leere an - mehrfach ruht die Kamera auf den gefalteten Händen und die in die Leere gerichteten Augen - doch immer bergen diese Blicke und Haltungen einen Sinn. Beim Andenken an ihren Freund will Naomi Kawase das "Essenzielle" vermitteln, wie es in manchen Haiku-Versen zum Ausdruck kommt, jenen "animistischen" Metaphern, die den Tod mit fallenden Kirschbaumblättern vergleichen. Sie filmt auch die letzten Gespräche am Krankenbett, wie um ihre Erinnerungen zu verewigen und den Freund damit nach seinem Tod weiterleben zu lassen. Kazuo selbst hatte die Filmemacherin gebeten, diese letzten Momente seines Lebens festzuhalten. Naomi Kawase gelingt es, den letzten Gedanken ihres Freundes auf die Spur zu kommen, als würden diese Gedanken mit dem nahenden Tod einen besonders tiefen und endgültigen Sinn erhalten, der sie auf ihrem weiteren Weg leiten könnte. Darüber hinaus ist der Film eine Reflexion über den Akt des Dokumentierens. Zwischen Hustenanfällen und Erschöpfungszuständen findet der Kranke die Kraft, die Filmemacherin über die Motive ihres Vorgehens zu befragen. Sie erzählt von den Glücksmomenten des filmischen oder fotografischen Schaffens, der grenzenlosen Freiheit und den unzähligen Ausdrucksmöglichkeiten dieses Genres. Der Regisseurin gelingt es, das Beklemmende und Bestürzende der Todeserfahrung filmisch ohne jede Rührseligkeit einzufangen.
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Länge: ca. 65 min.
Deutsche TV-Premiere: 26.07.2003 (arte)