Der Autor Jan Schmitt versucht zu ergründen, warum sich seine Mutter 1996 das Leben genommen hat. Er sammelt zunächst die Fakten, trifft Freunde und Verwandte der Mutter, besucht Orte ihrer Kindheit und arbeitet sich durch Briefe und Tagebücher, die sie hinterlassen hat. Dabei stößt er auf ein Trauma, das seine Mutter versucht hat, aktiv zu bewältigen, das jedoch so schmerzhaft war, dass sie letztlich daran gescheitert ist: Mechthild wird 1942 geboren und wächst in einer streng katholischen Familie auf. Ein mit der Mutter befreundeter Jesuitenpater missbraucht sie regelmäßig - mit Wissen der Eltern. Sie wird zweimal schwanger. Ein Kind stirbt, das zweite wird zur Adoption gegeben. Mit 16 wird Mechthild, die das nicht mehr mitmachen will, in ein kirchlich geführtes Jugenddorf gegeben, wo sonst nur Waisen leben. Obwohl Mechthild zu einem "normalen" Leben findet, heiratet, eine Familie gründet und ihren Interessen folgt, lasten die Ereignisse auf ihr. Auch mit Therapien ist sie selbstmordgefährdet. Es ist die Erinnerung an einen weiteren Missbrauch im frühkindlichen Alter, die ihr nach dem Tod ihres zweiten Mannes den Lebensmut gänzlich raubt. Mit seinem Film "Wenn einer von uns stirbt, geh' ich nach Paris" will Jan Schmitt den Bann brechen und die Familiengeheimnisse nicht weiter ruhen lassen, sondern die dramatischen Erfahrungen seiner Mutter zur Sprache bringen. Die radikale, mitunter schwer erträgliche Offenheit ist für ihn wie für viele andere der einzige Weg, den Schmerz zu lindern. 300.000 Kinder werden nach Schätzung des Bundeskriminalamts jährlich in Deutschland missbraucht. Indem sich Schmitt eines exemplarischen Falls annimmt, beleuchtet er die Realität hinter der Ziffer und liefert einen Beitrag zur gesellschaftlichen Aufarbeitung von Missbrauch durch Geistliche.
(3sat)
Länge: ca. 80 min.
Deutsche TV-Premiere: 04.09.2011 (3sat)
Cast & Crew
- Regie: Jan Schmitt