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TV-Kritik/Review: "Aus Mangel an Beweisen": Druckvolle Romanadaption mit reißerischer Note und Jake Gyllenhaal
von Christopher Diekhaus(11.06.2024)

Bereits 1987 erschien Scott Turows Bestseller "Aus Mangel an Beweisen", in dem ein Staatsanwalt nach der Ermordung einer Kollegin in Teufels Küche gerät. Bereits drei Jahre später eroberte Alan J. Pakulas Verfilmung mit Harrison Ford in der Hauptrolle die Leinwände und ließ die Kassen klingeln. An einer zweiten Adaption des Romanstoffes versucht sich nun TV-Schwergewicht David E. Kelley, der in seiner bald 40-jährigen Karriere als Produzent und Drehbuchautor schon so manche Serie im Gerichtsumfeld, zum Beispiel
Vibrierendes Zentrum der acht Folgen umfassenden Miniserie

Von der Auftaktepisode an legt "Aus Mangel an Beweisen" ein flottes Tempo hin und führt uns direkt ins Herz der Konflikte und Intrigen. Nur wenige Augenblicke braucht es, um zu begreifen, dass es in der Chicagoer Staatsanwaltschaft längst nicht nur um Gerechtigkeit geht. Persönliche Abneigungen und berufliche Ambitionen infizieren viele Unterhaltungen, schaffen ein verbal raues, angespanntes Klima. Horgan fürchtet um seinen einflussreichen Posten als Bezirksstaatsanwalt, den ihm der deutlich jüngere Nico Della Guardia (O.T. Fagbenle) in der anstehenden Wahl (in 47 US-Bundesstaaten werden die Bezirksstaatsanwälte vom Volk bestimmt) streitig machen will. Der Mord an Carolyn wird dabei auf denkbar plakative Weise instrumentalisiert. Della Guardias Kompagnon Tommy Molto (Peter Sarsgaard) wiederum lässt keine Gelegenheit aus, Rusty, den er im Stellvertreteramt beerben möchte, als inkompetent zu brandmarken.
Sabich betont in einer Szene, dass der Beruf für die Getötete alles gewesen sei. Die Serie zeigt jedoch in erster Linie Männer, die sich in Machtkämpfen aufreiben, ihre Ellbogen einsetzen, um voranzukommen, und große Angst davor haben, ohne Ansehen im Job jeglichen Sinn in ihrem Leben zu verlieren. Die Wahrheit über die schockierende Bluttat herauszufinden, sei man Carolyn schuldig, ist wiederholt zu hören. Oft wird man aber das Gefühl nicht los, dass die Beteuerungen nur vorgeschoben sind. Sich selbst zu profilieren, nicht schlecht dazustehen, darauf kommt es den Alphatieren an.

Das bedrohte Familienidyll dient in vielen Erzählungen als emotionaler Motor und ist dann am wirkungsvollsten, wenn es nicht als sakrosankt beschrieben wird, wenn sich hinter der adretten Fassade Abgründe auftun. "Aus Mangel an Beweisen" schlägt voll in diese Kerbe, spielt zunächst mit dem Bild des liebevollen Vaters und Ehegatten, um es nach und nach auszuhöhlen. Sabich ist, so viel können wir preisgeben, ein impulsiver Mann mit einer durchaus beunruhigenden Seite.
Jake Gyllenhaal, der bereits einige zwielichtige Rollen - siehe
Sex, Blut und Intrigen spielen bei David E. Kelley häufig eine prominente Rolle, und gerne kostet der Fernsehmacher die saftig-pikanten Elemente auch mal ein bisschen aus. "Aus Mangel an Beweisen" ist da keine Ausnahme, schlägt mit ihrer fiebrig-intensiven Inszenierung andere Wege ein als die eher nüchtern gehaltene Kinoverfilmung von 1990. Vom Start weg ist in der Apple-Produktion die Kamera von einer Nervosität befallen, die mit der Getriebenheit unserer Hauptfigur korrespondiert.

Dass die Serie einen Sog entwickelt, liegt auch an gut besetzten Nebenrollen. Ruth Negga gibt überzeugend die zwischen stiller Wut und Kampfeslust schwankende Ehefrau und Mutter. Bill Camp verleiht dem alten Hasen Horgan Ecken und Kanten. Dessen Widersacher verkörpert O-T Fagbenle mit kühler, fast theatralischer Hochnäsigkeit. Und Peter Sarsgaard, im wahren Leben Jake Gyllenhaals Schwager, legt als Rustys Intimfeind Molto eine geradezu schauderhafte Verachtung an den Tag. Keine Frage, in vielen Wortgefechten bekommen wir darstellerisch einiges geboten. Wenig Raum zum Glänzen erhält, zumindest bis zur Hälfte, leider Gabby Beans, die als eine in der Romanvorlage nicht auftauchende Anwältin zu sehen ist. Gut denkbar aber, dass diese noch zu farblos bleibende Figur in den restlichen vier Episoden an Bedeutung gewinnt.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier von insgesamt acht Folgen der Miniserie "Aus Mangel an Beweisen".
Die ersten beiden Folgen der Miniserie "Aus Mangel an Beweisen" sind ab dem 12. Juni bei Apple TV+ verfügbar. Die restlichen Episoden erscheinen dann im wöchentlichen Rhythmus.
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