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TV-Kritik/Review: "Shōgun": Kann die Neuadaption von James Clavells Bestseller überzeugen?

von Christopher Diekhaus
(26.02.2024)
Englischer Navigator gerät in Machtkämpfe japanischer Fürsten des 17. Jahrhunderts
Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada) steckt in der Klemme.
Hulu
TV-Kritik/Review: "Shōgun": Kann die Neuadaption von James Clavells Bestseller überzeugen?/Hulu

Schon vor Christoph Kolumbus hatten wagemutige Seefahrer weite Strecken zurückgelegt und andere Länder besucht. Seine unbeabsichtigte Ankunft in der Karibik im Jahr 1492 lässt sich jedoch als echter Startschuss für die Globalisierung betrachten. Im 1494 geschlossenen Vertrag von Tordesillas teilten Spanien und Portugal die nichtchristliche Welt untereinander auf. Beide Mächte schickten sich an, Kolonien in Übersee zu errichten. Handelsrouten wurden etabliert. Und generell brach ein großes Erkundungsfieber aus, das schnell auch weitere Nationen erfasste. Europäer drangen in immer neue Winkel der Erde vor, kartografierten ihre Funde und konnten diese - dem Mitte des 15. Jahrhunderts erfundenen Buchdruck mit beweglichen Lettern sei Dank - einer breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Gleichzeitig trugen sie den christlichen Glauben in alle Richtungen, gingen dabei oft brutal zu Werke, löschten teilweise ganze Völker aus. Eben diese Entwicklungen bilden die Vorgeschichte zur Historiensaga  "Shōgun", der zweiten Serienverfilmung nach James Clavells gleichnamigem Roman von 1975, dem reale Ereignisse und Personen als Vorlagen dienten.

Dass die Spanier und die Portugiesen nach 1492 in Mittel- und Südamerika aktiv waren, dürfte aus dem Geschichtsunterricht bekannt sein. Weniger geläufig ist aber wahrscheinlich die Präsenz Portugals in Japan ab Mitte des 16. Jahrhunderts. Während Kaufleute Handel trieben, versuchten jesuitische Missionare, die einheimische Bevölkerung zum Christentum zu bekehren. Ein Umstand, den Martin Scorsese in "Silence" (2016), einem seiner großen Herzensprojekte, genauer in den Blick nahm. Dort konnten japanische Christen allerdings fast nur heimlich praktizieren, da die importierte Religion den Machthabern im Jahr 1638 inzwischen ein Dorn im Auge war. "Shōgun" hingegen spielt um 1600, als sich die Situation noch etwas entspannter darstellte. Selbst einige japanische Fürsten hingen zu dieser Zeit dem christlichen Glauben an.

John Blackthorne (Cosmo Jarvis, l.) wird von Vasco Rodrigues (Nestor Carbonell, r.) in die Geheimnisse Japans eingewiesen.
John Blackthorne (Cosmo Jarvis, l.) wird von Vasco Rodrigues (Nestor Carbonell, r.) in die Geheimnisse Japans eingewiesen. Hulu

Wie uns eine Texttafel zu Beginn der zehnteiligen, hierzulande bei Disney+ startenden Miniserie informiert, braut sich nach dem Tod des Herrschers Taikō ein Kampf um die Macht zusammen. Innerhalb des vom Verstorbenen ins Leben gerufenen Regentenrates, dem fünf bedeutende Feudalherren angehören, bildet sich eine Allianz gegen den zum Gremium gehörenden Yoshii Toranaga (Hiroyuki Sanada), der über den jungen Prinzen bis zu dessen Volljährigkeit und damit Regierungsfähigkeit wachen soll. Toranaga wird in der Burg von Osaka festgesetzt, darf sich dort zwar frei bewegen, weiß jedoch, dass seine Feinde, allen voran Ishido Kazunari (Takehiro Hira), daran arbeiten, ihn aus dem Weg zu räumen.

Genau in diese kritische Phase hinein strandet ein niederländisches Schiff im Hoheitsgebiet von Toranagas Lehnsträger Kashigi Yabushige (Tadanobu Asano). An Bord des völlig abgewrackten Gefährts befindet sich auch der englische Navigator John Blackthorne (Cosmo Jarvis), den ein portugiesischer Missionar gleich als einen bösen, niederträchtigen Menschen brandmarkt. Das Leben des Seefahrers bleibt allerdings vorerst verschont, da er Toranaga im Ringen mit seinen Gegnern vorteilhafte Hinweise liefern kann. In Osaka angekommen, trifft Blackthorne auf die junge Toda Mariko (Anna Sawai), die als Übersetzerin zwischen ihm und dem unter Arrest stehenden Fürsten fungiert.

Rachel Kondo und Justin Marks ( "Counterpart"), die "Shōgun" nach James Clavells Roman konzipierten, packen das Publikum in der Einstiegsfolge nicht in Watte. Ohne große Vorwarnung geht es in medias res. Will heißen: Namen und Gesichter ziehen an uns vorbei. Es wird viel diskutiert. Und man braucht eine Weile, um sich in der Welt der Serie zu orientieren. In der Originalfassung, die dieser Kritik zu Grunde liegt, sind alle japanischen Dialogteile untertitelt, was natürlich absolut sinnig ist, da das Geschehen nicht zuletzt vom von den Verständigungsschwierigkeiten lebt. Einen kleinen Illusionsbruch gilt es dabei hinzunehmen: Portugiesische Figuren reden, weil es sich um eine US-Produktion handelt, Englisch, obwohl auf Handlungsebene stets von Portugiesisch die Rede ist. Mariko beherrsche diese Sprache erstaunlich gut, wird beispielsweise mehrfach betont.

Auch wenn die Beziehungen der Charaktere anfangs nicht leicht zu durchschauen sind, drängt sich ein Eindruck sehr schnell auf: Das Japan, in das wir hier entführt werden, ist ein hochexplosiver, von strengen gesellschaftlichen Regeln, klaren Ehrvorstellungen und unterschiedlichen Interessen geprägter Ort, an dem sich zusätzlich europäische Spannungen manifestieren. Der Hass zwischen den beiden großen westlichen Religionen bricht sich bereits Bahn, wenn der Protestant Blackthorne auf den ihn diffamierenden katholischen Jesuiten trifft. Immer wieder fällt kritisches Licht auf die päpstliche Kirche, der das Seelenheil der Menschen weit aus weniger am Herzen liege als wirtschaftliche Fragen und die Ausweitung der eigenen Macht - so der englische Navigator. Für reichlich Zunder sorgen ferner die Intrigen auf japanischer Seite, wo es ebenfalls um Herrschaftsanspruch und das Ausschalten möglicher Konkurrenten geht. Nicht wenige Figuren scheinen ein doppeltes Spiel zu spielen, verbergen ihre Motivationen, was die Serie aufregend unberechenbar machen dürfte. Nach Sichtung der ersten beiden Episoden kristallisiert sich zumindest eine Reihe an möglichen Verstrickungen heraus.

Wie steht Toda Mariko (Anna Sawai, vorne) zum Engländer John Blackthorne?
Wie steht Toda Mariko (Anna Sawai, vorne) zum Engländer John Blackthorne? Hulu

Im Gegensatz zur NBC-Erstverfilmung von Clavells Roman aus dem Jahr 1980, die vor allem aus der Perspektive Blackthornes erzählte, wird das Aufeinanderprallen der Kulturen im neuen "Shōgun" aus unterschiedlichen Blickwinkeln gezeigt. Fast schon witzig ist, dass beide Parteien die jeweils andere als barbarisch und rückständig bezeichnen. Umso reizvoller, wenn es nach und nach zu einer Art Annäherung kommt. Das Wissen des Engländers um die Ausdehnungs- und Ausbeutungspläne der Europäer ermöglicht Toranaga, seine Widersacher im Rat auszubremsen. Blackthorne wiederum beginnt irgendwann, sein westliches Überlegenheitsdenken zu hinterfragen und sich auf die so fremde Umgebung einzulassen.

Fein dosiert reichert die erlesen ausgestattete Serie die Konflikte der auftretenden Personen um einige handfeste Action- und Spannungsmomente an. Der Kampf gegen die tobende See und ein knackig inszenierter Mordanschlag stechen in den Auftaktfolgen heraus. Häufiger Regen und entsättigte Farben erzeugen eine bedrückende Stimmung, die noch dazu von kompromisslosen Gewaltspitzen verstärkt wird. In einer Veröffentlichung bei Disney+ erwartet man nicht unbedingt, dass Köpfe ohne Wimpernzucken abgeschlagen werden. Ebenfalls erstaunlich, wie deftig es mitunter sprachlich zugeht. "Shōgun" anno 2024 legt einen vielversprechenden Start hin und macht Lust, jenseits der Fiktion in das Leben eines gewissen William Adams einzutauchen, der als historisches Vorbild für die Geschichte Blackthornes diente.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden von insgesamt zehn Folgen der Miniserie "Shōgun".

Meine Wertung: 4/5

Die ersten beiden Episoden der Miniserie "Shōgun" sind ab dem 27. Februar bei Disney+ verfügbar. Die restlichen Folgen werden im wöchentlichen Rhythmus veröffentlicht.


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Leserkommentare

  • User 511109 schrieb am 02.03.2024, 08.17 Uhr:
    Sehr mühsam ist leider, dass ein Großteil in Japanisch mit Untertiteln ist.
  • Vritra schrieb am 28.02.2024, 16.42 Uhr:
    "In einer Veröffentlichung bei Disney+ erwartet man nicht unbedingt, dass Köpfe ohne Wimpernzucken abgeschlagen werden."
    Bitte hier nicht Disney+ mit dem "Kindergarten-Disney" gleichsetzen. Erstens läuft die Serie nicht unter der Marke Disney, sondern FX, die bei uns unter dem Label "Star" laufen.
    Disney+ mag hier zwar der Streaminganbieter sein, aber er unterteilt sein Angebot hierzulande in Disney (Hier werden in der Tat keine Köpfe abgeschlagen 😁), Pixar, Star Wars, Marvel, National Geographic (Mal sehen, wie lange noch) und schließlich Star, wo das Angebot eher wenig jugendfrei ist und FX, FXX und Hulu ihr Zuhause gefunden haben.
  • User 65112 schrieb am 28.02.2024, 10.37 Uhr:
    die ersten Folgen waren super!
  • Martina schrieb am 27.02.2024, 19.02 Uhr:
    Kurzweilige und sehr gut geschriebene Review! Nur die "katholischen Jesuiten" sind doppelt gemoppelt - Jesuiten sind ja per se katholisch, aber es sollte natürlich den Gegensatz zu den Protestanten verdeutlichen, wobei man bei einem Engländer eher von einem Anglikaner sprechen müsste. Doch das nur am Rande. Ich bin mir noch unschlüssig, ob ich über die Besetzung von Cosmo Jarvis und der Werbeankündigung, Mariko sei "eine geheimnisvolle Kämpferin" hinwegsehen kann. Vielleicht ist Hiroyuki Sanada es wert, aber wahrscheinlich kann man diese Serie nur gucken, wenn man sich vom Vergleich mit dem Original frei macht.
    Das 4-Sprachen Problem hatte man 1980 auch bereits ausgeklammert. Die niederländischen Seeleute sprachen kein Niederländisch und Damien Thomas und John Rhys-Davies kein Portugiesisch.