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TV-Kritik/Review: "Stateless": Miniserie mit Yvonne Strahovski überzeugt mit starken Schauspielern und klarer Haltung

Netflix-Serie über die Mühlen nicht nur des australischen Asylsystems
Die Freiheit zum Greifen nah: Rosna (Helana Sawires) in "Stateless"
Ben King/Netflix
TV-Kritik/Review: "Stateless": Miniserie mit Yvonne Strahovski überzeugt mit starken Schauspielern und klarer Haltung/Ben King/Netflix

Eine junge blonde Frau wird in der australischen Wüste aufgegriffen. Sie spricht Englisch mit einem deutschen Akzent und hat auch einen deutschen Pass bei sich. Als illegale Einwanderin wird sie in das Baxter Detention Center, ein streng abgesichertes Flüchtlingslager mitten in der Wüste, eingewiesen. Dort ahnt niemand, dass sie in Wirklichkeit australische Staatsbürgerin ist.

Die Geschichte dieser Sofie Werner (Yvonne Strahovski), einer der Handlungsstränge der sechsteiligen Miniserie  "Stateless", basiert auf einem realen Fall: Die deutschstämmige Stewardess Cornelia Rau wurde 2004 für zehn Monate in einem australischen Flüchtlingslager interniert. Auch Sofie hat aus Deutschland stammende Eltern, hat aber eigentlich gar keinen Akzent. Nach einer wahren Odyssee weiß die psychisch labile Frau allerdings selbst nicht mehr, wer sie ist und hält sich tatsächlich für die junge Deutsche, der sie den Ausweis gestohlen hat. Mit ihrem Leben unzufrieden und von Eltern und Schwester bevormundet, hatte Sofie Zuflucht bei einer Sekte gesucht, die eine skurrile Mischung aus Tanzschule und Coachingagentur betreibt. Die Tanzlehrerin Pat Masters (Cate Blanchett) und deren Gatte, der Psychologe/Guru Gordon (Dominic West,  "The Affair"), bauten sie erst auf, missbrauchten sie dann aber psychisch wie physisch. Daraufhin flüchtete die endgültig gebrochene junge Frau in die Identität der deutschen Touristin.

In Baxter, wo ansonsten ausschließlich Flüchtlinge aus arabischen, afrikanischen und südostasiatischen Ländern auf ihre Verfahren warten, sticht die Weiße natürlich unwillkürlich heraus. Zudem ist sie die Einzige hier, die nicht alles tun würde, um in Australien bleiben zu dürfen, sondern im Gegenteil so schnell wie möglich abgeschoben werden möchte - in ihre vermeintliche Heimat Deutschland. Aber die Asylprüfer merken schnell, dass mit ihrer Geschichte etwas nicht stimmt, und so ist auch Sofie wie all die anderen auf unbestimmte Zeit an diesem Nichtort gestrandet, während ihre Schwester sie verzweifelt sucht. Ähnlich wie mit Protagonistin Piper Chapman in  "Orange is the New Black" benutzen die Serienschöpfer, zu denen neben Blanchett noch Tony Ayres ( "The Slap - Nur eine Ohrfeige") und Elise McCredie gehören, die Weiße Mittelschichtsfrau als Türöffner, um die (westlichen) Zuschauer auch für die Schicksale der Gefangenen mit anderen ethnischen Herkünften zu interessieren (wobei die Weiße nach und nach in den Hintergrund tritt). In diesem Fall ist das hauptsächlich der Afghane Ameer (Fayssal Bazzi), der auf der Flucht seine Frau und eine Tochter verloren hat und die andere Tochter Mina (Soraya Heidari) im Lager wiedertrifft.

Ameer (Fayssal Bazzi) und Tochter Mina (Soraya Heidari) in Not
Ameer (Fayssal Bazzi) und Tochter Mina (Soraya Heidari) in Not Ben King/Netflix

Die Unbarmherzigkeit und in Teilen absurde Bürokratie des australischen Asylsystems zeigt sich aber nicht nur am Fall dieser Familie, die doch nichts anderes möchte als ein Leben in Sicherheit, sondern auch an den Mitarbeitern, die in Baxter ihren Dienst versehen. Cam Sandford (Jai Courtney) ist einer jener Familienväter, die sich von Job zu Job hangeln und doch nie voran kommen. Die Einstellung als Wärter in dem Lager bietet ihm die Chance auf eine nicht nur besser bezahlte, sondern auch dauerhafte Arbeitsstelle. Am Anfang versucht der naive und gutmütige Mann, freundliche Beziehungen zu den Inhaftierten aufzubauen, richtet für die Kinder sogar eine Schaukel im Hof zwischen den Schlafbaracken ein. Doch die Umstände und die Gewalt, die ein auf Zwang und Freiheitsberaubung basierendes System zwangsläufig erzeugen, verändern ihn schneller, als er es sich eingesteht. Cam versucht, das moralisch Richtige zu tun, wird aber letztlich (auf andere Weise) genauso zu einem Opfer des Systems wie die Flüchtlinge. Und selbst die langjährige Regierungsbeamte Claire Kowitz (Asher Keddie), die aus dem Ministerium "an die Front" nach Baxter abgeordnet wird, ist bald innerlich zerrissen zwischen ihren politischen Ansichten und den menschlichen Schicksalen, die sie nun erstmals hautnah mitbekommt.

Dem Regen entkommen, aber in der Traufe gelandet: Sofie Werner (Yvonne Strahovski)
Dem Regen entkommen, aber in der Traufe gelandet: Sofie Werner (Yvonne Strahovski) Ben King/Netflix

In vielerlei Hinsicht erinnert die Miniserie, deren Gegenwartshandlung fast ausschließlich innerhalb der Zäune des Lagers spielt, an eine Gefängnisserie mit den typischen unterschiedlichen Charakteren beim Wachpersonal (die Brutalen, die Gutmütigen, die Überforderten) und der Vielfalt an Inhaftierten mit verschiedenen kulturellen Hintergründen. Der Unterschied ist, dass keiner der hier gefangen Gehaltenen verurteilt wurde, ihr einziges "Verbrechen" ist, ihre Heimatländer verlassen zu haben. "Stateless" erzählt das einfühlsam, aber unspektakulär, setzt mehr auf zwischenmenschliche Momente als auf große Action. Für Irritationen sorgt der für Europäer ungewöhnliche Schauplatz, beschwören doch die unwirkliche Wüstenlandschaft und die gnadenlos brennende Sonne Australiens immer wieder Parallelen zu den Herkunftsländern der Flüchtlinge herauf. Je länger Sofie in Baxter gefangen ist, desto röter wird ihre helle Haut.

Die Wärter sind überfordert: (v. l.) Sharee (Rose Riley), Cam Sandford (Jai Courtney) und Harriet (Rachel House)
Die Wärter sind überfordert: (v. l.) Sharee (Rose Riley), Cam Sandford (Jai Courtney) und Harriet (Rachel House) Lisa Tomasetti/Netflix

Neben der Inszenierung und der ebenso emotionalen wie verschachtelten Erzählweise (wie Sofie und Ameer in dem Lager gelandet sind, enthüllt sich erst über zahlreiche Rückblenden) überzeugen auch die Leistungen der Schauspieler. Strahovski, in  "The Handmaid's Tale" als Serena eher Nebendarstellerin, kann hier die ganze Bandbreite ihres Könnens zeigen. Tatsächlich wirkt die verwirrte Inhaftierte mit ihrem Akzent wie eine gänzlich andere Person als die selbstbewusst auftretende Flugbegleiterin vom Anfang der Geschichte. Aber auch die anderen Darsteller wie Courtney und der weniger bekannte Bazzi und überzeugen mit ihrer Wandlungsfähigkeit. Etwas überflüssig ist hingegen die Besetzung kleiner Nebenrollen mit international bekannten Schauspielern wie Blanchett und West, die wohl hauptsächlich als Türöffner für die Finanzierung fungierten.

Vor allem ist "Stateless" eine Serie, die auf bewegende Weise von einem der zentralen Themen unserer Zeit erzählt, ohne dabei zum "Themenfilm" zu werden. Im Mittelpunkt stehen die individuellen Schicksale. Der exotische Schauplatz fügt dem universellen Thema eine neue Perspektive hinzu. Das australische Asylsystem mag als besonders rigide und inhuman gelten, viele der aufgezeigten Missstände dürften aber auch in Europa nicht unbekannt sein.

Dieser Text basiert auf Sichtung der kompletten Miniserie "Stateless".

Meine Wertung: 4/5

Die sechsteilige Miniserie "Stateless" wurde für den australischen Sender ABC produziert und im Juli weltweit im Angebot von Netflix veröffentlicht.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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Leserkommentare

  • Sentinel2003 schrieb am 22.07.2020, 13.55 Uhr:
    Ich bin am Anfang von Folge 2 und finde die Serie richtig Klasse!!