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TV-Kritik/Review: "The Artful Dodger": Was wurde aus Oliver Twists Kumpel?

(16.01.2024)

Jack Dawkins, ein begabter junger Chirurg, versichert seinem Patienten, der vor ihm im Hörsaal auf dem Tisch liegt, er müsse keine Angst haben. Er werde nicht zulassen, dass er heute stirbt. Doch Dawkins hat nicht mit dem Chefarzt Professor McGregor gerechnet, der in voll alkoholisiertem Zustand mitten in der Operation in den Saal stürmt und sich beschwert, der Mann sei sein Patient und nur er dürfe den Eingriff durchführen. Natürlich trifft er dann mit dem Skalpell eine wichtige Ader und der Unglückliche stirbt innerhalb einer Minute.
Auch ohne alkoholkranke Chirurgen waren die Zustände in Krankenhäusern Mitte des 19. Jahrhunderts nicht im Entferntesten mit heutigen Standards vergleichbar. So erinnert hier die Atmosphäre in den Hörsälen, in denen vor johlenden Studenten (natürlich nur Männern) operiert wird, eher an einen Boxring oder eine Jahrmarktsbude. Mittendrin Jack Dawkins (Thomas Brodie-Sangster), der engagiert versucht, schwer verletzte Patienten zu retten und etwas mehr Wissenschaft in diesen Zirkus zu bringen. Aber Jack trägt auch den Spitznamen Artful Dodger, weil er eine Vergangenheit als geschickter Taschendieb hat. Als solcher "arbeitete" er als Heranwachsender auf den Straßen Londons an der Seite von Oliver Twist.

Die Handlung des Achtteilers setzt in den 1850er Jahren - also etwa 15 Jahre nach dem Roman - in der britischen Kolonie Australien ein. Dawkins alias Dodger hat seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen, ist im Krimkrieg gegen Russland zu Ehren gekommen, wo er dank seiner flinken Finger als Chirurg in der Marine gedient hat. Nun hat er sich in Australien eine Karriere aufgebaut.
Dummerweise kann er nicht vom Spielen lassen. Da er eine hohe Spielschuld gegenüber dem Hafenmeister Darius Cracksworth (Tim Minchin) nicht begleichen kann, droht der, ihm die Hand abhacken zu lassen - was für einen Chirurg sehr unvorteilhaft wäre. Just in dieser Zwickmühle taucht Fagin (David Thewlis) in Dodgers neuer Heimat auf - man hat ihn schlicht in die Kolonie abgeschoben. Schon bald schmiedet der gerissene Gauner wieder Pläne, wie er (und Jack) zu Geld kommen können. Schnell ist Dodger hin- und hergerissen zwischen seiner prestigeträchtigen Karriere als Arzt und seiner ihn wieder einholenden Vergangenheit als Kleinkrimineller.
Und dann tritt auch noch Lady Belle Fox (Maia Mitchell,
Sie schafft es auch, eine Lehrstelle in der Klinik zu bekommen. Dort lässt Dodger sie aber erstmal so anfangen, wie jede Mitarbeiterin anfangen müsse: mit dem Ausleeren der Bettpfannen. Was die ebenso sture wie einschlägig belesene junge Frau aber gleich dazu nutzt, die miserablen hygienischen Zustände zu kritisieren und die Krankenzimmer komplett umzugestalten. Schon bald experimentiert sie mit verschiedenen Mixturen, um ein geeignetes Desinfektionsmittel zu finden, das die Sterblichkeit bei Gehirnoperationen verringern soll. Zwischen ihr und dem Chirurgen Jack entwickelt sich eine Mischung aus wechselseitigem Lehrer-Schüler-Verhältnis und romantischer Anziehung.

Ganz schön viel Stoff also, den die Serienschöpfer James McNamara, David Maher und David Taylor in ihre lose Literaturadaption gepackt haben. Und leider gelingt es auch nicht recht, zwischen historischem medical drama, Gaunerkomödie und Gesellschaftsporträt einen stringenten Tonfall zu finden. Eher wirkt es manchmal, als würde zwischen verschiedenen Serien gezappt. In der einen Szene gibt es eine berührende Annäherung (physisch wie emotional) zwischen Dodger und Belle, wenn dieser auf der Straße ihr durch Selbstversuche verbranntes Bein mit einer Salbe eincremt, und kurz darauf finden wir Dodger und Fagin nachts auf dem Friedhof wieder, wo sie heimlich Gräber ausheben.
Während die kleinen und größeren Gaunereien von Fagin und seinem früheren Ziehsohn eher unspektakulär ausfallen, wird die Serie immer dann interessant, wenn es um die gesellschaftlichen Zustände und - darin eingebettet - die vielschichtige Beziehung zwischen der Gouverneurstochter und dem zum Arzt avancierten Ex-Sträfling geht. Dabei leidet die Darstellung der Titelfigur ein bisschen unter dem Michael J. Fox-Syndrom: Man nimmt dem sehr jugendlich wirkenden Brodie-Sangster trotz seiner 33 Lebensjahre nicht recht ab, dass er bereits ausgebildeter Chirurg ist. Der Schauspieler, bekannt unter anderem aus dem für britische Darsteller wohl unvermeidlichen

David Thewlis, bekannt ebenso für Indiefilme (
Die mit Abstand faszinierendste Figur ist aber zweifellos Belle Fox, die Maia Mitchell zwischen snobistischer Attitüde, Wissensdrang und gelegentlichen Selbstzweifeln überzeugend verkörpert. Sie wirkt wie eine moderne Frau von heute, die aber in einer Zeit lebt, die noch sehr starre Rollen für Frauen (ihres Standes) vorsieht und die deshalb trotz ihrer privilegierten Stellung hart für ihre Emanzipation kämpfen muss. Letztlich ist es ihr zu verdanken, wenn man trotz der sehr dialoglastigen und reichlich umständlich erzählten Handlung dranbleibt. Ob sich Dickens-Fans mit dieser sehr freien, auch mit modernen Popsongs unterlegten Fortsetzung des klassischen Stoffs anfreunden können, bleibt allerdings zu bezweifeln.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei Episoden von "The Artful Dodger".
Die achtteilige Miniserie steht ab dem 17. Januar bei Disney+ in Deutschland zum Abruf bereit.
Über den Autor
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Leserkommentare
Vritra schrieb am 18.01.2024, 00.06 Uhr:
Ich weiß nach zwei Episoden auch nicht so recht, was ich davon halten soll. Im Prinzip zwar unterhaltsam, werden einem doch die Klischees nur so um die Ohren gehauen. Was mich aber wirklich stört sind die fast karikaturesk überzeichneten Figuren und der aufdringliche und völlig unpassende Score nervt extrem!Wie gesagt, es ist unterhaltsam, weil temporeich, ansonsten ist es eine durchschnittliche Geschichte, wie man sie schon oft gesehen hat. Kann man gucken, ist aber schnell wieder vergessen. 5 von 10 für die ersten beiden Episoden.
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