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TV-Kritik/Review: "Leanne": Verlassene Ehefrau zwischen Beckenbodenübungen und Menopause

Chuck Lorres ("Two and a Half Men") neue Sitcom ist leidlich unterhaltsam
Haben in "Leanne" nicht immer etwas zu lachen: Leanne Morgan (r.) und "Mom"-Star Kristen Johnston (l.)
Netflix
TV-Kritik/Review: "Leanne": Verlassene Ehefrau zwischen Beckenbodenübungen und Menopause/Netflix

Viel hat sich noch nicht geändert, auch wenn gerade in den letzten Jahren oft darüber gesprochen wurde: Ab einem gewissen Alter sind spannende und komplexe Frauenrollen im Film- und Fernsehgeschäft rar gesät. Sicher, Stars wie Meryl Streep oder Nicole Kidman arbeiten fleißig weiter, spielen teils aufregende Charaktere. Häufig werden weibliche Figuren in der zweiten Hälfte ihres Lebens aber in den Hintergrund gedrängt, sind nicht die Dreh- und Angelpunkte der Erzählungen. Umso bemerkenswerter ist es, wenn hier und da doch einmal Geschichten über die Erfahrungen reiferer Frauen grünes Licht erhalten. Zuletzt etwa die für den deutschen Streamingdienst Joyn in Auftrag gegebene Serie "Frier & 50 - Am Ende meiner Tage", in der Annette Frier als fiktionale Version ihrer selbst mit den Wechseljahren kämpft. In eine ähnliche Kerbe schlägt auch die Netflix-Comedy  "Leanne", für die  "Two and a Half Men"-Schöpfer Chuck Lorre, Susan McMartin und die in der Titelrolle auftretende Leanne Morgan verantwortlich zeichnen.

Ein bisschen wirkt die neue Sitcom wie das weibliche Pendant zu Lorres früherer Netflix-Produktion  "The Kominsky Method", die Michael Douglas als Schauspiellehrer mit den Tücken des Alters, sowohl romantischer wie auch körperlicher Natur, ringen lässt. Ihren Durchbruch als Stand-up-Comedienne feierte die 1965 geborene Leanne Morgan erst in jüngerer Vergangenheit. Zuvor war sie lange Zeit als Schmuckverkäuferin tätig und bemerkte, so ist zu lesen, bei ihren Haustürgeschäften, dass viele Kunden auf ihre Witze ansprangen. Der Streamer, bei dem sie nun ihre eigene Serie vorlegt, veröffentlichte 2023 bereits das Special "Leanne Morgan: I'm Every Woman", das um ihre Erlebnisse als Ehefrau und Mutter kreist.

Ähnliches gilt für "Leanne", wo Morgans Figur gleich zu Beginn einen Tiefschlag hinnehmen muss. Nach 33 Ehejahren hat sich ihr Gatte Bill (Ryan Stiles), mit dem sie seit dem College liiert war, einfach so per Mail verabschiedet. Schon länger sei er unglücklich gewesen, Freude habe ihm erst eine andere Frau gegeben, erklärt er kurz darauf, als Leanne ihn erbost zur Rede stellt. Nicht nur die plötzliche Trennung macht ihr zu schaffen. Auch die Tatsache, dass die Neue jünger ist als sie, nagt an ihrem Selbstbewusstsein.

Carol (Kristen Johnston, l.) muss mit ansehen, wie sich Leanne (Leanne Morgan) und Bill (Ryan Stiles) aus alter Gewohnheit küssen.
Carol (Kristen Johnston, l.) muss mit ansehen, wie sich Leanne (Leanne Morgan) und Bill (Ryan Stiles) aus alter Gewohnheit küssen.Netflix

Vor ihren Eltern Margaret (Celia Weston) und John (Blake Clark), die Bill in ihr Herz geschlossen haben, will Leanne das Ende der Beziehung zunächst verheimlichen. Doch schnell sieht sie sich gezwungen, die Wahrheit auszusprechen. Nach Jahrzehnten der Hingabe fällt es Leanne schwer, sich neu zu orientieren, wieder auf einen anderen Menschen einzulassen. Dennoch drängt ihre furchtlose Schwester Carol (Kristen Johnston), die schon zwei Ehen hinter sich hat, darauf, alten Ballast abzuwerfen und sich wieder ins Abenteuer zu stürzen.

So weit die Ausgangslage der Netflix-Sitcom, die sich mit ihren jeweils knapp 20-minütigen Folgen ganz gut weggucken lässt. Grundlage der vorliegenden Kritik sind die ersten acht von insgesamt 16 Episoden. Längen tauchen bis zur Hälfte nicht auf. Ebenso wenig ist "Leanne" aber ein Feuerwerk der grandiosen Gags und klugen Einsichten. Was zügig auffällt: Zwischen Leanne Morgen und Kristen Johnston stimmt, wie man so schön sagt, die Chemie. Ohne Probleme nimmt man den beiden die ungleichen Schwestern ab, auch wenn ihr Spiel manchmal etwas überzogen wirkt. Carol versprüht reichlich hemdsärmeligen Pragmatismus, während die emotional getroffene Leanne anfangs hadert und zaudert. Einen ersten Ausweg aus ihrem Dilemma findet sie ausgerechnet dank Carols aktuellem Lover Dylan (Blake Gibbons), der unverhofft und auf kuriose Weise den charmanten Andrew (Tim Daly) in das Leben der verlassenen Ehefrau, Mutter und Oma treten lässt.

Worauf die Serie mitunter etwas zu penetrant und salopp herumreitet, ist das Gewicht ihrer Protagonistin. Nach dem ersten Schock und einigem Frustessen will sich die auch von den Symptomen der Wechseljahre geplagte Leanne wieder in Form bringen, um sich noch einmal so zu fühlen wie vor 30 Jahren. Ihre Kurven sollte sie behalten, da gerade Straßen alles andere als aufregend seien, heißt es einmal. Und überhaupt sei die Sehnsucht nach der Jugend Quatsch, weil man sich auch damals oft nicht wohl in seiner eigenen Haut gefühlt habe, äußert Carol an anderer Stelle. Zu wenig adressiert "Leanne" in den ersten Folgen jedoch, wo das eigentliche Problem liegt: Noch immer werden viele Frauen in der Gesellschaft nach Aussehen oder körperlichen Merkmalen beurteilt und in Schubladen gesteckt - was wiederum zu einer überzogen kritischen, ungesunden Selbstwahrnehmung führt.

Kann Andrew (Tim Daly) Leannes Leben wieder bereichern?
Kann Andrew (Tim Daly) Leannes Leben wieder bereichern? Netflix

Das Niveau der Gags pendelt zwischen den Extremen. Manche Pointen sind gelungen, haben Hintersinn. Andere dagegen geraten platt bzw. riechen ganz schön abgestanden wie ein sich überdeutlich abzeichnendes Urin-Missgeschick. Lustig ist zum Beispiel, dass Leannes Sorgentochter Josie (Hannah Pilkes), als sie von der Trennung ihrer Eltern hört, darin sofort eine Entschuldigung für ihr verkorkstes Leben sieht. Schließlich sei sie ein Scheidungskind! Witzig auch, dass Carol in der ersten Nacht nach dem Schock Bill im Ehebett ihrer Schwester "doubeln" soll. Leanne braucht die gewohnte Geräuschkulisse - Furzen und Schnarchen inklusive. Köstlich amüsieren kann man sich zudem über eine Szene, in der die alte Vertrautheit zwischen der Titelheldin und ihrem Gatten zu Tage tritt. Als Bill auf Reisen gehen will, versorgt ihn Leanne mit allen notwendigen Dingen: Ausweis, Nackenhörnchen - und einem Kuss. Bestimmte Rituale legt man nicht so einfach ab!

Die Unterschiede zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen den Generationen bespielen Lorre, McMartin und Morgan über Leannes Eltern. Denn mit vielen modernen Entwicklungen stehen die beiden konservativen Südstaatler auf Kriegsfuß. Kinotickets auf dem Handy? Irgendwie verrückt! Das Smartphone könnte ja ins Klo fallen. Frauen, die Flugzeuge steuern oder als Anwältinnen ihr Geld verdienen? Das gibt es doch nicht wirklich! Mit seinem rauen Charme mag sich Redneck-Rentner John zwar zu einem kleinen Szenendieb mausern. Einige seiner reaktionären Haltungen hätte man allerdings konsequenter brechen und persiflieren sollen. Männer seien quasi auf Untreue programmiert, müssten sich sexuell austoben. Diese Plattitüde bringt auch er ins Spiel - und irgendwie scheint die Serie sie bestätigen zu wollen.

Verortet ist "Leanne" in einem blankgeputzten Suburbia-Milieu in der Stadt Knoxville im südöstlichen Bundesstaat Tennessee. Dass Leanne und die Menschen in ihrer Umgebung gläubig sind, spürt man. Aus dem Bezug zur Kirche schlagen die Macher bis zur Hälfte allerdings erstaunlich wenig komödiantisches Kapital. Überhaupt hätten sie das Setting und die persönliche Reise der Hauptfigur noch stärker verzahnen können. Blass bleiben ferner einige Nebenfiguren, vor allem Leannes Sohn Tyler (Graham Rogers), der offenbar selbst in einer unglücklichen Ehe feststeckt, und seine Schwester Josie, deren einzige Eigenschaft ihre Medikamentenabhängigkeit zu sein scheint. Einem wandelnden Klischee gleicht eine Zeitlang auch Leannes neugierige Nachbarin und Gemeindemitstreiterin Mary (Jayma Mays), bevor sie in der achten Folge etwas mehr Entfaltungsraum bekommt. Zur Halbzeit lässt sich festhalten: Chuck Lorres jüngster Streich ist ein annehmbarer Zeitvertreib. Ein neuer Sitcom-Klassiker wird "Leanne" aber sicher nicht!

Meine Wertung: 3/5

Die Sitcom "Leanne" ist seit Donnerstag, dem 31. Juli auf Netflix verfügbar.



 

Über den Autor

  • Christopher Diekhaus
Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.
Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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