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TV-Kritik/Review: "The Regime": Willkommen in Absurdistan!
(03.03.2024)
Nicht erst seit gestern sind rechte und rechtsextreme Populisten weltweit auf dem Vormarsch. Geschickt machen sie sich die Komplexität der Gegenwart zunutze, die aus dem Krisenmodus gar nicht mehr herauszukommen scheint. Eine Pandemie, beunruhigende bewaffnete Konflikte, drängende Klimafragen, Verschwörungsideologien, Migrationsdebatten, das Gefälle zwischen Stadt und Land - Probleme und Kontroversen sind allgegenwärtig, sorgen, angeheizt von einer selten lösungsorientierten Diskussionskultur in den sozialen Medien, für einen Zustand permanenter Erregung. Zeiten großer Umbrüche und großer Ängste sind ein Nährboden für falsche Propheten mit vereinfachenden Erklärungen und führen oft zu dem Reflex, nur noch das eigene Wohl in den Blick zu nehmen. America First lässt grüßen! Inmitten stetig tiefer werdender Gräben und heftiger nationalistischer Parolen bringt der US-Bezahlsender HBO mit
Dass es dabei auch und vor allem komisch zugeht, damit geht die von Stephen Frears (
Als Zuschauer schlägt man sich erst einmal auf Herberts Seite. Denn genau wie er staunt man über den Irrsinn im Schloss der Staatslenkerin, das einer riesigen Baustelle gleicht. Überall hängen Planen, laufen Arbeiter herum, da Vernham panische Angst vor Schimmelsporen hat. Ungern möchte sie enden wie ihr im Keller aufgebahrter Vater, der offenbar einer vererbbaren Stoffwechselkrankheit erlegen ist. Herberts Spezialmission lautet daher: zu jeder Zeit den Feuchtigkeitsgehalt in den Räumen zu bestimmen, die die Kanzlerin betritt. Ausgestattet mit einem Messgerät kreist er fortan um die neurotische Madame, die es sich verbittet, dass man in ihre Richtung atmet.
Eigenwillig benimmt sich allerdings nicht nur Elena. Auch ihr neuer Schoßhund Zubak ist, um es freundlich auszudrücken, nicht der einfachste Zeitgenosse. Regelmäßig malträtiert er seinen eigenen Körper, weil er glaubt, es verdient zu haben, wie er Vernhams kränklich blass aussehender Palastmanagerin Agnes (Andrea Riseborough) gesteht. Gewalt hat, so viel können wir verraten, in seinem Leben eine größere Rolle gespielt. Aufpeppen möchte Serienschöpfer Will Tracy (
Dass Elena und Herbert eine gewisses Charisma verströmen, liegt vor allem an Kate Winslet und Matthias Schoenaerts. Die Oscar-Preisträgerin verleiht der Staatschefin mit häufig nach unten gezogenem Mundwinkel und leichtem Lispeln einerseits etwas Naiv-Mädchenhaftes, bringt allerdings auch Arroganz und Skrupellosigkeit treffend rüber. Ihr belgischer Kollege, der schon mehrfach, etwa in
Kaschieren können die raumgreifenden Darbietungen jedoch nicht, dass "The Regime" in der Charakterzeichnung und -entwicklung auch plumpe Klischees und platte Kniffe bemüht. Elenas Fixierung auf ihren toten Vater fördert zwar ein paar herrlich fiese Bemerkungen zu Tage. Gleichzeitig ist das Motiv der Daddy Issues aber reichlich abgenudelt und produziert bei Vernham einige überexplizite, gewollt absurde Monologe und Dialoge. Denkfaul wirkt es auf jeden Fall, wenn der Autokratin ein markanter Sinneswandel im Traum in einem Zwiegespräch mit dem Verstorbenen quasi zugeflogen kommt.
An Kuriositäten mangelt es in der Miniserie sicherlich nicht. Und auch Bezüge zur Realität sind haufenweise vorhanden. Putins Neigung, sich und seine Staatsgäste an den Enden eines bizarr langen Tisches zu platzieren, und sein Angriffskrieg gegen die Ukraine finden ebenso Eingang in die Handlung wie die von Donald Trump kolportierte Abneigung gegen Feinheiten und Details, die kitschig-verstaubte Landromantik vieler Nationalisten oder der US-amerikanische Imperialismus. Oft fehlt dem Intrigantenstadl von "The Regime", in dem ein gutes Narrativ stets wichtiger ist als die Wahrheit, aber die nötige satirische Schärfe - obwohl Vernham selbst betont, es gerne würzig zu haben.
Eigentlich nie blicken wir in den ersten drei für diese Kritik gesichteten Folgen groß über die Mauern des Palastes hinaus, erfahren stets nur indirekt von den repressiven Zuständen im Land. Das Problem dieser Entscheidung: Ein Stück weit verliert das opportunistische, brutal eigennützige Handeln im Zentrum der Macht dadurch von seinem Schrecken. Die Absurditäten autokratischer Systeme ins Visier zu nehmen, ist nicht verkehrt. Sich zu sehr auf das Skurrile zu fixieren, birgt allerdings die Gefahr, eben solche destruktiven Kräfte zu verharmlosen. Aufsteigen konnte der Megapopulist Trump immerhin auch deshalb, weil ihn viele Politiker und mediale Kommentaren zunächst als irren Clown abgetan hatten. Hoffen wir, dass "The Regime" in den verbleibenden Episoden noch etwas Biss und Augenmaß beweist!
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei von insgesamt sechs Episoden der Miniserie "The Regime".
Die erste Folge der Miniserie "The Regime" ist ab dem 4. März bei WOW abrufbar. Immer montags steht eine neue Episode zur Verfügung.
Leserkommentare
Glitzergoldie schrieb am 03.03.2024, 20.50 Uhr:
Oh Mann, wenn das mal keine staatstreue Kritik ist. Da müsste sich doch jetzt auch ein sicherer Job ala Seibert finden.Vritra schrieb am 04.03.2024, 14.14 Uhr:
Da ist offensichtlich jemand durch die Vergleiche mit der Realität um Trump und Putin getriggert worden. Das lese ich aus dem Bezug auf Seibert. Fehlt eigentlich bloß noch, dass "Lügenpresse" gezischt wird. Da lohnt sich keine Diskussion, gibt nur Geschwurbel. So, don't feed the troll!User 65112 schrieb am 04.03.2024, 10.46 Uhr:
Bitte? Verstehe nicht, was daran "staatstreu" sein soll (was soll das überhaupt sein?). Das ist eine sehr gute, ausgewogene Kritik.
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