Registrierung zur E-Mail-Benachrichtigung
Anmeldung zur kostenlosen Serienstart-Benachrichtigung für
- E-Mail-Adresse
- Für eine vollständige und rechtzeitige Benachrichtigung übernehmen wir keine Garantie.
- Fragen & Antworten
TV-Kritik/Review: "We Are Lady Parts": Voldemort unter dem Kopftuch

(12.08.2025)

Endlich! Eine der witzigsten britischen Comedy-Serien dieses Jahrzehnts kommt ins deutsche Fernsehen:
Lady Parts - das ist britischer Slang für die weiblichen Genitalien. Kein schlechter Name für eine Punkband mit ausschließlich weiblicher Besetzung. Was aber, wenn die Musikerinnen religiös sind, muslimischen Glaubens zumal? Verbreiteten Vorstellungen zufolge dürfte sich ohrenbetäubendes Geschrammel, Geschrei und Getrommel (so die Boomer-Vorstellung von Punk) im Verbund mit unflätigen Songzeilen kaum mit den Frömmigkeitsvorstellungen des Islam in Einklang bringen lassen. Auch mit jenen des Christentums tut es das ja nicht. Dennoch klappt es - wenn man denn nur will. Das zeigt diese 2021 in Großbritannien produzierte Comedy-Serie mit einigem Nachdruck, befreiender Albernheit, einem großzügigen Maß an Chaos und kulturellen Einblicken in das multikulturelle London, die sich dabei wie von selbst ergeben. Ich persönlich habe die Serie im Original gesehen und bin besonders begeistert vom irren Wortwitz, den die fünf Hauptdarstellerinnen (wie auch alle Nebenfiguren) mit bewundernswertem Sinn für querliegende Pointen servieren. ZDFneo zeigt die Folgen nun ins Deutsche synchronisiert - das kann den ursprünglichen Humor natürlich nicht 1:1 abbilden.
Das Zauberwort in "We Are Lady Parts" ist Diversität - und zwar im ureigentlichen Sinne. Die vier Bandmitglieder, ihre Managerin, die Eltern, Freunde und Verwandten, Love Interests und Influencer: Nida Manzoor, die die Serie sowohl schrieb als auch inszenierte und als Showrunner leitete, zeigt die ganze Palette des muslimischen London (die Bevölkerung der britischen Hauptstadt ist zu 15 Prozent muslimisch), von ultra-konservativ bis betont säkular, von easy-going bis verbissen. Manche von ihnen tragen Kopftuch, eine sogar Niqab, andere tragen keins und stattdessen kurze Haare. Sie sind tätowiert oder queer oder hetero, frech oder schüchtern, Mütter oder Künstlerinnen oder angehende Wissenschaftlerinnen, sie sind arabisch oder südasiatisch oder Schwarz - divers eben. Andere Instrumente, andere Identitäten, komplexe Leben.

Autorin Manzoor ist inzwischen auch im Kino erfolgreich. Ihr erster Spielfilm
Angefangen hat die Erfolgsgeschichte, die "We Are Lady Parts" inzwischen geschrieben hat, zunächst mit einem 2018 gedrehten Pilot-Kurzfilm für das sogenannte "Comedy Blaps"-Programm, mit dem der britische Sender Channel 4 seit bald anderthalb Jahrzehnten potenzielle neue Comedy-Serien austestet. Die Reaktionen fielen überwiegend positiv aus, teilweise aber auch heftig negativ - sowohl von rechter, islamophober Seite, die in Muslimen ausschließlich Messermörder und Massenvergewaltiger sehen will, als auch von streng gläubiger muslimischer Seite, natürlich aber auch aus der miefigen Ecke jener Kerle, die finden, dass sich Frauen egal welcher Religion in der Öffentlichkeit gefälligst artig benehmen sollen. Die Kommentare auf YouTube (hier der sehenswerte Film) bleiben seither deaktiviert. Die Sprengkraft der Thematik erweist sich letztlich also selbst als purer Punk: als Rebellion gegen die nur vermeintliche Wohlanständigkeit all jener, die denken, dass ihre eigene Lebensweise die einzig richtige ist.
Drei Jahre sollte es dann noch dauern, ehe aus dem 14-minütigen Kurzfilm die erste Staffel von "We Are Lady Parts" wurde. 2021 lief sie bei Channel 4 und beim mitproduzierenden US-Streamingdienst Peacock. Der Plot des Kurzfilms wird innerhalb der ersten Folge der aus sechs Episoden bestehenden Staffel mehr oder weniger wiederholt, wenn auch mit teils ausgewechseltem Schauspielpersonal: Ritu Arya beispielsweise, die 2018 noch die Sängerin der Band spielte, hatte sich in der Zwischenzeit in der

Die anfänglich drei Bandmitglieder sind im Wesentlichen dieselben geblieben: Sängerin, Rhythmusgitarristin und Bandgründerin Saira (jetzt gespielt von Sarah Kameela Impey aus der Krimiserie
Dann aber lässt sich Amina bei einem Wohltätigkeitskonzert von den drei anderen Frauen trotz ihres gigantischen Lampenfiebers als Gitarristin anheuern - was sie in eine völlig neue Subkultur hinüberzieht, in der sie nun Songs wie "Voldemort Under My Headscarf" singen oder in einem Pub voller rassistischer weißer Männer auftreten soll. Keine Frage: Ihr Leben wird sich entscheidend ändern, nicht zuletzt, weil sie dadurch Ayeshas attraktivem Bruder näherkommen kann.

In den folgenden Episoden wird es Zerwürfnisse geben, aber auch Bonding-Momente beim gemeinsamen Kiffen im Urschrei-Retreat irgendwo im britischen Hinterland. Amina versucht zunehmend erfolgloser, ihr Doppelleben geheim zu halten - besonders vor ihrer konservativen besten Freundin Noor (Aiysha Hart,
Wie in jeder guten Comedy ist der eigentliche Plot weniger wichtig als die Gags und der Kontext, in dem sie gezündet werden. Die Figuren wirken eingangs noch ein wenig "zurechterfunden", ihre fulminanten Darstellerinnen machen sie dann aber doch überraschend fix zu echten Menschen, die über eine bloß skurrile Idee hinausweisen und deren nächsten (Miss-)Vergnügungen man nur allzu gerne zusieht. Manzoors Inszenierungsweise ist dabei betont verspielt: Angemessen lärmige Probenraumszenen stehen neben Dialogsequenzen aus dem bunten Alltagsleben im Londoner Stadtteil Camden und liebevoll aus der Realität rutschenden Fantasy-Einschüben, in denen Aminas Innenleben kommentiert wird - mit Sockenpuppen als Backgroundchor. Rockband-Parodiefilme wie
Dass das auch auf längere Strecke gut funktioniert, hat die im vergangenen Jahr bei Channel 4 und Peacock gestartete zweite Staffel gezeigt, mit neuen, nicht minder irrwitzigen "Lady Parts"-Abenteuern, die diesmal vor allem um eine Konkurrenzband namens "Second Wife" kreisen und den Drama-Anteil im Vergleich zur Chaos-Comedy der ersten Episoden insgesamt ein kleines bisschen hochfahren. Zudem hat die pakistanische Friedensnobelpreisträgerin Malala Yousafzai einen drolligen Gastauftritt. Ob und wann ZDFneo auch diese Staffel zeigt, ist derzeit noch ebenso unklar wie die Frage, ob eine dritte Staffel in der Pipeline steckt.
Erfreulich wäre es definitiv, denn in "We Are Lady Parts" werden alle verfügbaren Stereotypen einmal kräftig durcheinandergekegelt. Die Serie lädt dazu ein, Vorurteile zu hinterfragen und wäre das perfekte Gegengift für alle, die sich die Welt allzu eindimensional einzurichten pflegen. Das Schönste an ihr aber ist: Hier wird nicht gepredigt, nicht doziert und nicht selbstgerecht in Gut und Böse sortiert. Stattdessen gibt's das herrliche Chaos der Welt in drei Akkorden und ungestümem Uptempo. Und auch wenn längst nicht jeder Gag sitzt (und schon gar nicht jede Note - es geht hier schließlich um Punk!), bereitet es beim Zuschauen sehr viel Freude.
Dieser Text basiert auf der Sichtung beider Staffeln von "We Are Lady Parts".
ZDFneo zeigt die erste Staffel von "We Are Lady Parts" am 12. August ab 22.35 Uhr mit allen sechs Folgen am Stück. Ab dem 13. August liegen diese ab 10.00 Uhr auch on Demand zum Streamen auf ZDF.de bereit.
Über den Autor
auch interessant
Leserkommentare
User 1810564 schrieb am 13.08.2025, 01.39 Uhr:
Eine Serie, die ich definitiv nicht sehen werde. Flapwazzle hat dies schon für mich erläutert: Ich muss mir diese unrealistische Serie, die nur dem Brainwashing dient, nicht ansehen.
Flapwazzle schrieb am 12.08.2025, 17.42 Uhr:
Was ist denn eigentlich die Realität? Die Gitarre sowie insbesondere das Klavier sind im Islam Instrumente, die teilweise öffentlich zerstört oder verbrannt werden. Das wird dann von den Männern (!!!) mit Gewehrschüssen gefeiert..
Weiter: Trotz Gitarre trägt die Frau in der Serie weiter Kopftuch. Klar, das macht auch Freude, sich permanent außerhalb der Wohnung zu verschleiern. Der männliche Hintergrund spielt da mit Sicherheit auch eine Rolle, vor allem, da der Mann, bärtig wie er ist, sich in Natura geben kann, wie er ist und wie er sich feiert. Es ärgert mich extern, wenn solche Produktionen auch noch als Fortschritt gefeiert werden und vollkommen neben der Realität versendet werden. Wenn eine muslimische Frau endlich frei sein möchte, lässt sie das Kopftuch weg. Schaut Euch die Kämpferinnen im Iran an..boesi schrieb am 13.08.2025, 22.10 Uhr:
In Iran kämpfen Frauen dafür kein Kopftuch tragen zu müssen, in Europa kämpfen sie dafür ein Kopftuch tragen zu dürfen. Irgendwann wird die Menschheit verstehen, dass es Freiheit erst gibt, wenn sie nicht mehr kämpfen (müssen). Das wird ganz bestimmt passieren ...
Datenreisender schrieb am 13.08.2025, 17.39 Uhr:
Ob Der Pate oder Die drei ???: Natürlich hat jede fiktive Geschichte eine gewisse Nähe zur Realität aber auch klar fiktive Elemente, also stellt sich hier u.a. die Frage ob sie in jedem Belang realistisch sein müsste. Allerdings habe ich auch nicht den Eindruck, dass sie ausreichend Kenntnisse in muslimischen, britischen Subkulturen besitzen, um diese Aspekte kompetent als „unrealistisch“ einordnen zu können. Dass teilweise irgendwo auch öffentlich Instrumente zerstört werden, lässt sie darauf schließen? Mir scheint hier ihr Urteil eher durch ihre eigenen Vorurteile über eine Kultur geprägt, von der sie selber eben weniger Ahnung als z.B. die Autorin der Serie haben.
Flapwazzle schrieb am 13.08.2025, 14.18 Uhr:
Die Autorin Nida Manzoor trägt öffentlich kurioserweise kein Kopftuch. Warum werden junge Muslima in der Serie dann so konservativ dargestellt? Aber vielleicht gibt es ja Hoffnung und im Finale der Serie befreien sich die Frauen dann von dieser patriarchalischen Last?!
Blobstar schrieb am 13.08.2025, 01.34 Uhr:
Muslimische Frauen wie die Schöpferin der Serie kennen die Realität muslimischer Frauen offensichtlich gut genug, um sie zu Drehbuchpapier bringen zu können.
Meistgelesen
- "Notruf Hafenkante": An diesem Tag starten die neuen Folgen im ZDF
- "Bettys Diagnose": An diesem Tag startet die zwölfte Staffel
- "Wolfssommer - Blutige Spuren": Neuer Schwedenkrimi im ZDF
- "XY history": Neue Folgen des "Aktenzeichen XY"-Ablegers bestätigt
- "Grill den Henssler": Abschied von Reiner Calmund nach 18 Jahren
Neueste Meldungen
- "Die Giovanni Zarrella Show" am 20. September 2025: Diese Gäste feiern "Eine Samstagnacht mit Howard Carpendale"
- "9-1-1: Nashville": Erste Fotos von Hauptdarstellern in Rollen enthüllt
- "Ninja Warrior Germany": An diesem Tag startet die Jubiläumsstaffel
- Update "The Talamasca" findet Starttermin, erster Blick auf Staffel 3 von "Interview with the Vampire"
Specials
- "We Are Lady Parts": Voldemort unter dem Kopftuch
- "Alien: Earth": Trouble in Neverland
- Update Diese Serien enden 2025: Von "Andor", "Squid Game" bis "Babylon Berlin" und "Stranger Things"
- "Alien": Ein Rückblick auf die legendäre Scifi-Horrorsaga
- "Untamed": Wo der Grizzlybär die Tatzen hebt
- Serien unserer Kindheit: "Rückkehr nach Eden"
- Serien unserer Kindheit: "Pokémon"
Neue Trailer
- Update "The Talamasca" findet Starttermin, erster Blick auf Staffel 3 von "Interview with the Vampire"
- Update "Upload": Trailer und Termin für finale Staffel der Sci-Fi-Satire
- "Task": FBI-Serie mit Mark Ruffalo von "Mare of Easttown"-Macher findet Starttermin
- Update "Only Murders in the Building": Frischer Trailer und Starttermin für fünfte Staffel
- "007: Road to a Million": Trailer und "Neuanfang" für James-Bond-Show
Die Vorschau - Unser neuer Podcast
