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Zwei der "wohlgeratenen" Kinder der Familie Rayburn: John (Kyle Chandler) und Meg (Linda Cardellini)
Zwei der "wohlgeratenen" Kinder der Familie Rayburn: John (Kyle Chandler) und Meg (Linda Cardellini)


"Papa, please pray for me, I was the bad sheep of the family", sang Terry Jacks in seinem Schnulzenklassiker "Seasons in the Sun". Diese Worte könnte auch Danny Rayburn (Ben Mendelsohn) in der neuesten Netflix-Dramaserie  "Bloodline" aussprechen, ist er doch das schwarze Schaf der Familie und zurück in deren Heimatort in den Florida Keys gekommen, um Wiederaufnahme im Kreis der Eltern und Geschwister zu finden. Aber die Antwort von Daddy Robert (Sam Shepard) fiele in diesem Fall wohl negativ aus. Wer einmal so als nichtsnutziger Außenseiter abgestempelt ist wie sein Ältester, dem helfen auch Gebete nicht mehr, akzeptiert zu werden.

Ihre Prämisse präsentiert die Serie mit dem Holzhammer: Wo Danny auch auftaucht, mit wem er spricht, er wird immer zurückgewiesen, daran erinnert, dass er eben nicht dazu passt: Seine drei Geschwister wohnen alle in der Nähe des elterlichen Familienhotels, sind verheiratet oder zumindest verlobt - Danny trieb sich die vergangenen Jahre in der Welt herum und bringt ungefragt ein Date mit zum jährlichen Familienempfang. Der jüngere Bruder John (Kyle Chandler) arbeitet beim Sheriff Department, die Schwester studiert - Danny hat statt einer angesehenen Tätigkeit ein Tablettenproblem. Außerdem wirkt er wesentlich verbrauchter und mit seiner wirren Frisur unangepasster als die beiden Brüder, die immer aussehen, als würden sie gleich auf der Terrasse den Grill für Familie und Nachbarn anwerfen.

Einen großen Teil der Exposition erledigt die Auftaktfolge mit dem wohl billigsten der möglichen Stilmittel: Beim Abendessen mit Gästen zum Jubiläum des Hotels hält Patriarch Robert eine Tischrede und stellt seine vier Kinder einzeln vor, mit Namen, Beruf, positiven und (bei Danny) negativen Eigenschaften. Cleveres filmisches Erzählen geht anders. Auch sonst neigt die Serie zum Überbetonen (ein überflüssiger Off-Kommentar von John tut sein Übriges dazu), obwohl gleichzeitig in den ersten beiden Folgen unklar bleibt, worauf sie eigentlich hinauswill. Wenn es die Kernaufgabe einer Pilotfolge ist, zu vermitteln, wie sich die Serie anfühlen und warum einen als Zuschauer die zu erzählende Geschichte interessieren soll, scheitert Bloodline auf ganzer Linie. Selten habe ich eine erste Folge gesehen, die so uninspiriert sämtliche Klischees abhandelt, die sich wohl inzwischen als Kriterien für "Qualitätsserien" etabliert haben: eine nur auf den ersten Blick heile Familie, in der dann doch jeder mindestens ein dunkles Geheimnis hütet, der Außenseiter mit dem Suchtproblem, die erste unmotivierte Sexszene nach fünf Minuten, lange Dialoge, die nirgendwo hinführen, ausgiebige Totalen auf das Meer, Boote im Meer, die Sonne, die im Meer versinkt, inklusive Überbelichtungseffekten.

Das schwarze Schaf der Familie: Danny (Ben Mendelsohn)
Das schwarze Schaf der Familie: Danny (Ben Mendelsohn)

Nur, was die Serienschöpfer Todd A. Kessler, Daniel Zelman und Glenn Kessler (alle schon für das Anwaltsdrama  "Damages - Im Netz der Macht" verantwortlich) damit eigentlich erzählen wollen, bleibt völlig im Dunkeln: Für ein Familiendrama wirken die Figuren viel zu oberflächlich und generisch, für einen düsteren Thriller gibt es viel zu wenig Spannungsmomente (maximal ein Schockeffekt pro Folge) und als Gesellschaftsporträt einer reichen Gemeinde an einem sehr schönen Ort der Welt wirken die Bilder zu sehr wie eine Tourismuswerbung. Letztlich bleibt die gezeigte Welt genauso oberflächlich wie die leicht bekleideten Beach-Volleyballer, die wohl Lebensfreude vermitteln sollen. Man hat das alles schon mal besser und konzentrierter gesehen, nicht wie aus einem Handbuch für "Quality TV"-Macher übernommen.

Dabei hat "Bloodline" ein Ensemble aufzuweisen, das jedem Serienautor Tränen (der Freude oder des Neids) in die Augen treiben müsste: Nicht nur Kyle Chandler, jedermanns beliebtester fiktionaler Football-Trainer (aus  "Friday Night Lights"), nicht nur verdiente Alt-Kinostars wie Sam "Homo faber" Shepard und Sissy "Carrie" Spacek, sondern auch noch Linda Cardellini, der Lieblingsfreak aus "Freaks and Geeks", und in einer wiederkehrenden Gastrolle ab Folge 2 auch noch "Kids"- und  "Big Love"-Darling Chloë Sevigny als Dannys frivole Ex (die dann auch gleich in ihrer ersten Szene mal das Kleid heben darf). Das beste Ensemble nutzt aber bekanntlich nichts, wenn das Drehbuch den Schauspielern keine Gelegenheiten gibt, ihr Können zu zeigen. Weder die (spärlich vorhandene) Handlung noch die uninspirierten Dialoge erzeugen aber ein Verlangen, diesen Figuren folgen, mehr über sie und ihre Vergangenheit erfahren zu wollen. Da helfen auch die wild eingestreuten Flashbacks und Flashforwards nicht, in denen mal John seinen bewusstlosen Bruder aus den Sümpfen zieht (Wasser! Wieder viel Wasser!), mal Danny zu ertrinken droht (unter Wasser gefilmt! Ja, wir haben die Metapher verstanden, danke!) und mal gezeigt wird, dass die Kindheit der Geschwister doch nicht so rosig war wie angenommen.

Bei diesem großen "Malen nach Zahlen" der Autoren/Produzenten steht nicht nur den Protagonisten (auch bildlich) das Wasser bis zum Hals, auch wir Zuschauer drohen in Langeweile zu ersaufen. Am Ende reicht es eben nicht, die wichtigsten Versatzstücke dessen, was als Qualitätskriterien für anspruchsvolle Serien gilt, zusammenzurühren. Ohne Inspiration und einen originellen Ansatz ergibt sich daraus leider doch nur ein fader Brei.


Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei Folgen der Serie.

Meine Wertung: 2/5


Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Saeed Ayani © 2015 Netflix, Inc.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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