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James Martinez als Jorge Sanchez
James Martinez als Jorge Sanchez

 "Gravity" zeigt das Leben danach: die ersten Schritte zurück ins Leben, die Suche nach einem Sinn im Leben, nach dem eigenen Platz in der Welt, auch das Überwinden erster Rückschläge. Für Carla wird es beispielsweise darum gehen, ihre nervenzehrende Nettigkeit abzulegen und ihre eigenen strengen Regeln zu durchbrechen. Ihr erster Schritt zur persönlichen Rebellion: Sie zertrampelt eine Kakerlake (und entschuldigt sich sofort beim toten Tier). Auch Jorge (James Martinez), der an Depressionen wegen seines offenbar mikroskopisch kleinen Geschlechtsteils leidet, sucht einen offensiven Umgang mit seinem Problem: Er versucht sein Schicksal als Stand-Up-Comedian zu verarbeiten, indem er sich auf der Bühne über sich selbst lustig macht. Sein erster Kurz-Auftritt in einem Nachtclub, zu dem die Gruppe geschlossen erscheint, verläuft vielversprechend. Die Menge lacht über das, was sie für einen Scherz hält. Eine attraktive Frau, die Interesse an Jorge signalisiert, gibt ihm nach dem Auftritt ihre Karte, was Jorges Gruppe johlend zur Kenntnis nimmt. Jorge strahlt, muss aber eine Sekunde später feststellen, dass es sich um die Kontaktadresse einer Praxis handelt, die Penis-Verlängerungen durchführt.

Auch Lily hat einen vorübergehendes Motiv gefunden, um weiterzuleben. Sie hat sich noch nie so lebendig gefühlt wie in jenem Moment, in dem sie für einige Minuten mehr tot als lebendig war. Nun will sie den Mann aus ihrer Vision finden, der sie geküsst hatte, bevor sie wieder ins Leben zurückgeholt wurde. Sie hat ihn dutzendfach gezeichnet und die Bilder ins Fenster gehängt, so dass Sonnenlicht darauf fällt. Wie sehr sie mental noch immer zwischen Leben und Tod schwankt, zeigt indirekt eine kurze Szene, in der sie eine Liste mit den Telefonnummern der Gruppenmitglieder an die Innentür eines kleinen Schranks hält. Die Schrankregale sind gefüllt mit Schokoladenkuchen-Packungen. Was für den Zuschauer wie eine Warnung wirkt, ist für Lily vielleicht ein Trost oder gar eine "Lebensversicherung". Sie ist gut vorbereitet und kann es jederzeit wieder versuchen, wenn das Leben weiterhin nur Enttäuschungen für sie bereit hält. Doch dann sieht Lily in einem Café einen Mann, den sie für den Richtigen hält. Sie spricht ihn an.

Rachel Hunter
Rachel Hunter

Es wäre zu hoffen gewesen, dass die Verantwortlichen des Kabelsenders Starz etwas Geduld mit dieser sympathischen, kleinen Serie aufbringen, die es schon aufgrund ihrer Selbstmord-Thematik und ihres für die breite Masse sicher gewöhnungsbedürftigen Humors nicht leicht hat, auf Anhieb ein zahlenmäßig großes Publikum zu finden. Doch nur wenige Tage nach der Ausstrahlung der zehnten und letzten Folge der ersten Staffel hat Starz in dieser Woche die Einstellung von "Gravity" und "Party down", der Sendeplatz-Partnerserie, bekannt gegeben. Das ist umso bedauerlicher, weil den Verantwortlichen von "Gravity" das seltene Kunststück gelingt, schon im Pilotfilm alle Qualitäten der Serie auf den Punkt zu bringen und auf Anhieb große Empathie für die Figuren zu wecken. Die Drehbücher sind klug und originell, vor allem - und das ist ein wesentliches Qualitätsmerkmal von Filmen und Serien - fällt hier kein Wort zuviel. Die Autoren verzichten auf Erklärungen und lassen vor allem die Bilder sprechen. Inhalte werden in scheinbar beiläufigen kleine Szenen, in Gesten und Blicken, transportiert. Der Zuschauer ist zum Mitdenken aufgefordert. Als Vorbilder für "Gravity" erscheinen weniger vergleichbare Serien mit schrägen Charakteren, sondern eher die sehenswerten Tragikomödien des US-Independentkinos wie "Happiness" von Todd Solondz, "Junebug" von Phil Morrison oder Miranda Julys "Ich und du und alle die wir kennen". Dabei haben die Autoren den Mut und Phantasie, einige Szenen ins Absurde driften zu lassen - wie Roberts Flug in den Swmmingpool -, und somit ebenso wie ihre Figuren den Boden der Tatsachen gelegentlich zu verlassen und die Schwerkraft ("Gravity") aufzuheben. Dem Realismus der Serie schadet das ganz und gar nicht.

Krysten Ritter als Lily Champagne
Krysten Ritter als Lily Champagne

Es ist fast unfair, aus dem durchweg grandiosen Schauspieler-Ensemble jemanden hervorzuheben, aber es trifft dann doch Krysten Ritter. Mit ihrem leicht comichaften Look war die 28-jährige bisher geradezu prädestiniert für Rollen als düsteres Gothic-Girl oder schwarzgekleidete Kunststudentin. Nach ersten größeren Rollen in Serien wie  "Veronica Mars",  "Gilmore Girls" und  "Ehe ist ..." und einigen Kinofilmen (zuletzt "Zu scharf, um wahr zu sein") ist Ritters Schauspiel inzwischen von einer bemerkenswerten, fast beängstigenden Intensität, die in jungen Jahren kaum einer ihrer Kollegen erreicht. Schon in der zweiten Staffel von  "Breaking Bad" hatte sie einen sehr berührenden, tragischen Auftritt, der die meisterhafte Serie zu einem inhaltlichen Wendepunkt geführt hatte. Ihre Lily ist der Jane Margolis aus "Breaking Bad" ebenbürtig. Ihre Präsenz auf dem Fernsehschirm ist so gewaltig, dass man augenblicklich von ihr eingenommen ist, selbst wenn sie auf den ersten Blick so misantrophisch erscheint wie in der ersten Szene an ihrem Arbeitsplatz.

Von der Autorin Jill Franklyn stammt das Drehbuch zum wunderbaren Kinofilm "My first Mister". Ihr Partner Eric Schaeffer war zuvor für die (erfolglose) Starz-Serie  "Starved" verantwortlich. Bei "Gravity" ist er nicht nur als Regisseur, Produzent und Autor, er spielt auch noch selbst eine der interessantesten Nebenfiguren: Detective Miller untersuchte Lilys Selbstmord und war ihr erster Besucher im Krankenhaus. Der Polizist scheint eine Obsession für Lily zu entwickeln. Er verfolgt nicht nur mehr oder weniger heimlich jeden ihrer Schritte, es ist auch zu sehen, dass er Kinderfotos von ihr auf dem PC hat und ihre Unterwäsche trägt. Miller als einsamer Wolf mit fragwürdigen Absichten ist so etwas wie ein Gegenspieler des restlichen "Gravity"-Ensembles und trägt zudem eine spannende, recht mysteriöse Note in die Serie hinein.

Auch wenn Miller seltsam und nicht ungefährlich erscheint, erkennt man auch ihm eine verletzliche Seele, die nicht unberührt lässt. Wie sehr das Leben aller Figuren in "Gravity" am seidenen Faden hängt, wird deutlich, wenn jemand abwesend ist. Als Lily einmal nicht zum Gruppentreffen erscheint, beginnt eine aufgeregte Suche nach ihr. Dann treibt Dogg seine Schützlinge wieder an und man erahnt sofort wie bitter es gerade für ihn sein muss, dass am Ende der Pilotfolge einer von ihnen die Hoffnung verloren hat und in den Tod springt. Die letzte Einstellung zeigt Lily und Robert auf dem Dach eines Hochhauses. Hand in Hand stehen sie am Abgrund und blicken in die Nacht.

Meine Wertung: 5/5


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