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TV-Kritik/Review: The Last Man on Earth

Schwarzhumorige Comedy von und mit Will Forte - von Gian-Philip Andreas
(20.04.2015)

Ganz so allein ist der "letzte Mann auf Erden" dann doch nicht: das Ensemble der Serie
Ganz so allein ist der "letzte Mann auf Erden" dann doch nicht: das Ensemble der Serie

Dass ausgerechnet ein Mainstream-Network das Zeug dazu hat, die Konventionen des Comedyserienwesens einmal kräftig durcheinanderzuwirbeln, das war nicht unbedingt zu erwarten. Doch mit  "The Last Man on Earth" hat FOX jetzt eine neue Show im Programm, die genau das fertigbringt: eine Comedy zu sein, die ganz anders ist als das, was das Genre sonst (ob toll, ob mies) hervorbringt; die mit Sitcom-Routinen nichts zu tun hat; die auch nichts mit der Praxis der meisten Single-Camera-Comedies zu tun hat, ihr Figurenarsenal samt aller Schrullen und Spleens bereits in der Pilotepisode vollständig auszubreiten und danach in immer neuen Variationen um den immer gleichen komischen Kern kreisen zu lassen.

"The Last Man on Earth" ist ein Wagnis, eine Comedy als Serien-Roman, mit einem Plot, der auf einer denkbar deprimierenden Prämisse basiert und in vier Stufen elegant eskaliert. Erste Stufe: Nach einer globalen Viruskatastrophe lebt anno 2020 der letzte Mann auf Erden (ein verantwortungsloser Schlunz) allein in den Wohlstandsruinen der Zivilisation. Zweite Stufe: Irgendwann will sich der Einsame das Leben nehmen, doch im letzten Moment trifft er eine Frau. Es ist womöglich die letzte Frau auf Erden. Leider mag er sie nicht. Sie ist regelversessen, religiös und geschwätzig, eine Nervensäge. Auf ihr Drängen hin heiratet er sie dennoch, um fortan auf geregelter Basis Kinder zeugen zu können. Dritte Stufe: Als sich die beiden gerade zusammengerauft haben, taucht eine weitere Frau auf. Sie ist blond und schön. Der letzte Mann auf Erden, frisch verheiratet, verliebt sich in sie. Doch die Blonde will nichts von ihm wissen. Vierte Stufe: Es stellt sich heraus, dass der letzte Mann auf Erden eben nicht der letzte Mann auf Erden ist. Ein bäriger Mexikaner taucht auf. Und in den verliebt sich die schöne Blonde.

Auch wenn im weiteren Verlauf der Serie noch andere Figuren auftauchen werden (die Cast-Listen verraten es): Am Ende der fünften Episode ist "The Last Man on Earth" narrativ bereits in einem genialen Schwebezustand angekommen. Denn die Idee, den vermeintlich letzten Überlebenden einer Apokalypse auf zwei Frauen treffen und dabei eine Enttäuschung erleben zu lassen, die ihm auch in einer komplett bevölkerten Welt zustoßen könnte, ist ebenso böse wie wunderbar.

Es haben sich, scheint's, die richtigen Leute zu FOX verirrt: Will Forte, der als  "Saturday Night Live"-Komiker berühmt wurde und zuletzt in "Nebraska" mit einer schönen Hauptrolle im Kino zu sehen war, fungiert hier als Creator, Produzent, Autor und Hauptdarsteller in Personalunion. Mit dabei ist das Autoren- und Regisseursgespann Phil Lord und Christopher Miller, das in den letzten Jahren mit Trick- ("Lego Movie") und Spielfilmen ("21 Jump Street") in die Champions League der Kino-Comedy vorgestoßen ist. Lord und Miller hatten ursprünglich vor, einen Spielfilm aus der Story-Idee zu machen, was auf den ersten Blick auch naheliegt. Doch im 22-Minuten-Takt einer Comedyserie funktioniert sie überraschenderweise bestens - obwohl (oder gerade weil) die einzelnen handelnden Figuren erst nach und nach ins Geschehen eingreifen.

Die Pilotepisode zum Beispiel ist ein überwiegend stummes Solo für Will Forte, ein Meisterstück verdichteten Storytellings und brillanter Montage (Regie führten Lord und Miller). Hintergründe über das Wie und Warum der fatalen Seuche oder über den Grund dafür, dass nirgendwo Leichen herumliegen oder gar die "Walking Dead" umhermarschieren, erfährt man nicht. Stattdessen sieht man Forte, wie er, mit seinem Fusselbart kaum wiederzuerkennen, in einer Art Tour-Bus auf der Suche nach anderen Überlebenden durch sämtliche Staaten der USA kurvt und einen Staat nach dem anderen von der Karte streicht: Keine Menschen, nirgends. Die Erkenntnis ist niederschmetternd: Phil Miller, so sein Rollenname, ist tatsächlich der letzte Mann auf Erden (wobei, das nur nebenbei, die Erde hier offenbar mit den USA gleichgesetzt wird).

Phil Miller (Will Forte) auf "Shoppingtour" im Museum
Phil Miller (Will Forte) auf "Shoppingtour" im Museum

Phil fährt zurück nach Tucson, Arizona, verlegt seinen Wohnsitz in eine mondäne Villa, dekoriert sie mit Oscar-Statuen und millionenschweren Gemälden, die er bei seiner Fahrt durchs Land aus verwaisten Museen gestohlen hat. Monate später ist Phil, der auch in seinem vorkatastrophalen Leben ein eher verantwortungsloses Leben führte, zum tristen Messie degeneriert: Ein Planschbecken hat er mit Tequila gefüllt, so dass er gleichzeitig darin baden und daraus trinken kann. Seine Freizeit (und er hat ja nur Freizeit) füllt er mit infantilen Destruktionsspielen. Einmal baut er auf einem Parkplatz eine Mauer aus Aquarien auf, die er dann mit aus seinem Truck kullernden Bowlingkugeln zerschmettert. Die Kreativität des Verzweifelten!

In vielen kleinen Szenenskizzen wird das Leben dieses unendlich Einsamen vorgestellt, der die Stille nur im einseitigen Zwiegespräch bewältigen kann: Verschiedene Fuß- und Tennisbälle hat er mit Gesichtern bemalt und in diversen Ecken einer Bar platziert, wo sie als fiktive Trinkgenossen herhalten müssen. Eine schöne Ironie liegt darin, dass Phil zu Beginn seines Einsiedlerdaseins noch über Tom Hanks spottet (der sich als Verschollener im Film "Cast Away" mit einem Volleyball anfreundet), später aber zurückrudert: "Die Macher von 'Cast Away' hatten absolut Recht." Als Phil sich irgendwann dabei ertappt, wie er einer Schaufensterpuppe seine Liebe gesteht und beim Kussversuch deren Arm abbricht, ist der Tiefpunkt erreicht und die Comedy in einem existenziellen Moment angelangt, der für das Genre ungewöhnlich ist: Er will sich umbringen. Doch dann zündet Stufe zwei.

Carol Pilbasian heißt die Frau, die er in letzter Sekunde trifft. Sie wird von Kristen Schaal gespielt, einer New Yorker Komikerin, die vor allem als Synchronsprecherin von Animationsfilmen und -serien ( "Bob's Burgers") bekannt ist. Natürlich ist diese Carol nicht jene Nervensäge, für die der maulfaule Phil sie hält, sondern bloß sein gesprächiges Gegenstück: Während er dem Ende der Zivilisation damit begegnet, Sexhefte aus Supermärkten zu stehlen und generell alles kaputtzumachen, was ohnehin keinen Grund mehr hat, heile zu bleiben, klammert sich Carol umso fester an die Gesetze und Regeln des Lebens, das sie mal kannte - um nicht den Verstand zu verlieren. So möchte sie, dass Phil mit dem Auto nach wie vor vor Stoppschildern anhält und keine Behindertenparkplätze blockiert. Kristen Schaal gelingt es, aus dieser Figur keine Karikatur zu machen, sondern eine Frau, die der posttraumatischen Gesamtsituation einen letzten Funken Würde abzuringen versucht - was durchaus komisch ist.

Wie sich Phil und Carol zusammenraufen, wie sie den neuen US-Präsidenten unter sich ausmachen, wie sie eine skurrile Eheschließung absolvieren und sich anschicken, zu den biologischen Gründern eines neuen Menschengeschlechts zu werden, wird schön prägnant erzählt (und nur manchmal etwas arg albern, etwa in allen Aspekten, die mit Sex zu tun haben). Zwei Episoden lang wird die Serie zum absurden Zwei-Personen-Stück - bis schließlich mit dem Auftritt einer weiteren Frau und danach eines weiteren Mannes die nächsten Stufen erklommen werden: erst Terzett, dann Quartett. Die möglichen Fettnäpfe, in die getreten werden kann, werden immer zahlreicher.  "Mad Men"-Star January Jones gibt die begehrte Melissa schön unterkühlt, und Mel Rodriguez (Nurse Patsy aus  "Getting On - Fiese alte Knochen") poltert mit bäriger Herzlichkeit ins Geschehen.

Was mit dieser Figurenkonstellation noch angestellt wird in dieser unerwartet zombiefreien (und in begeisternd schönen Bildern inszenierten) Postapokalypsenwelt, ob sich noch weitere Menschen nach Tucson verirren werden oder ob sich die Vierergruppe selbst auf zu neuen Ufern machen wird, all das ist unvorhersehbar - eine Qualität, die in Comedies zumindest auf Plot-Ebene nicht die Regel ist. Letztlich kann sich "The Last Man on Earth" eigentlich nur selbst den Saft abdrehen: Eben weil die Serie romanhaft funktioniert, weil sie den Plot vorantreibt und nicht wie andere Comedies und Sitcoms variierend dem einmal etablierten Rezept folgt, wird man irgendwann die Frage nicht mehr umgehen können, worauf das alles hinauslaufen mag: auf ein Ende etwa? Eine jahrelange Laufzeit jedenfalls scheint zu der originellen Idee, die "The Last Man on Earth" in den ersten Episoden überaus unterhaltsam ausbuchstabiert, nicht unbedingt zu passen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten fünf Episoden von "The Last Man on Earth".

Meine Wertung: 4/5


Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: 20th Century Fox Television


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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