Amélie Bonnin hat sich nie wirklich wohlgefühlt auf dem Land. Als Kind wollte sie die Eier vom Bauernhof wegen der dreckigen Schale nicht essen. Auch Erbsen aß sie lieber aus der Dose, sie waren süßer, zusammen mit den kleinen Möhren. Sie konnte nie auf Bäume klettern oder Baumhäuser bauen. Nichts hasste sie mehr, als die todlangweiligen sonntäglichen Verdauungsspaziergänge durch den Wald. Aber da war die Metzgerei, und darin ihr Onkel Christian mit seiner großen, weißen Schürze. Vor dem Onkel war es der Großvater, und davor der Urgroßvater. Amélie hatte diese Weitergabe innerhalb der Familie für selbstverständlich gehalten. Als ihr Onkel Christian davon sprach, in Rente zu gehen und die Metzgerei zu verkaufen, weil keiner sie übernehmen wollte, beschloss Amélie, diesen Film zu machen. Sie wollte die Eindrücke mit ihrer Kamera festhalten. Im Lieferwagen sitzt sie neben ihrem Onkel auf dem Kühlmotor. Sie fährt mit ihm durch die Dörfer, isst Baguette mit Streichwurst. Sie hat gefrühstückt, als es noch dunkel war, und begrüßt die Kunden mit "Guten Tag, die Herrschaften, scheußliches Wetter heute, was?" Sie unterhalten sich, verkaufen meterweise Blutwurst, schauen alte Fotos an und trinken um halb elf Uhr morgens den ersten Aperitif. Amélie wollte mit der Kamera genau das vermitteln, was sie erlebt hat, auch den Geruch von Holzfeuer und warmem Kaffee, das Ambiente vor Tagesanbruch, die bäuerlichen Akzente, die Einsamkeit und die ewig gestrigen Geschichten. "Adieu, Metzgerei!" ist keine traurige Geschichte, sondern die Hommage an einen Mann, mit dessen Berufsleben auch eine Familientradition zu Ende geht.
(arte)
Länge: ca. 53 min.
Deutsche TV-Premiere: 25.04.2013 (arte)
Cast & Crew
- Drehbuch: Amélie Bonnin