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TV-Kritik/Review: "Good American Family": True-Crime-Drama mit "Grey's Anatomy"-Star Ellen Pompeo bleibt leider eindimensional

von Christopher Diekhaus
(09.04.2025/ursprünglich erschienen am 29.03.2025)
Unglaublicher Fall der 2010 adoptierten Natalia Grace in Miniserie beleuchtet
Adoptivmutter Kristine Barnett (Ellen Pompeo) mit ihrer neuen Tochter Natalia (Imogen Faith Reid)
Hulu
TV-Kritik/Review: "Good American Family": True-Crime-Drama mit "Grey's Anatomy"-Star Ellen Pompeo bleibt leider eindimensional/Hulu

Anmerkung: Dieser Text wurde erstmalig am 29. März 2025 auf Basis der US-Ausstrahlung von "Good American Family" veröffentlicht. Ab dem 9. April wird die Serie nun auch in Deutschland bei Disney+ veröffentlicht.

Hierzulande schlugen die Geschehnisse rund um Natalia Grace keine so hohen Wellen. In den USA, dort, wo sich der bizarre Fall um die gebürtige Ukrainerin mit einer speziellen Form des Kleinwuchses ereignete, widmeten sich die Medien jedoch ausgiebig allen verblüffenden Details. Recht schnell nach Natalias Adoption durch Kristine und Michael Barnett zweifelten die neuen Eltern am angegebenen Alter ihrer Tochter, hielten sie für eine erwachsene Betrügerin und fühlten sich von ihr bedroht. Bis ins Jahr 2023 hinein nahm die Angelegenheit einige Wendungen, die auch im Dokumentarfilmformat  "Der Fall Natalia Grace" eingehend Betrachtung finden. Ebenfalls aufgerollt wird der True-Crime-Stoff in der Hulu-Miniserie  "Good American Family", die Ellen Pompeo erstmals seit dem Start ihres Medical-Dramas  "Grey's Anatomy" im März 2005 in einer anderen Rolle als der der Ärztin Meredith Grey zeigt. Dass die US-Schauspielerin zu neuen Ufern aufbrechen möchte, ist verständlich. Die von ihr mitproduzierte Rekonstruktion des Grace-Falles bleibt in den ersten drei Episoden, die für diese Kritik gesichtet wurden, aber zu plakativ, um nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Kristine Barnett (Pompeo) ist im Jahr 2019 an der Spitze angekommen. Ihren unermüdlichen Einsatz für ihren autistischen Sohn Jacob (ältere Version: Aaron Potter) hat sie in einem Buch beschrieben und sich damit einen Namen gemacht. Als Expertin in Kinder- und Erziehungsfragen hält sie Vorträge, um ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben. Ausgerechnet während einer Präsentation kommt es dann aber zu schockierenden Szenen. Noch auf der Bühne stehend wird Kristine verhaftet, weil gegen sie Vorwürfe der Kindeswohlgefährdung vorliegen. Der Hintergrund: Natalia wurde von ihren Adoptiveltern offenbar einst allein in einer Wohnung zurückgelassen. Kristine selbst ist entrüstet über die Festnahme und brüllt frei heraus: "Die Bitch wollte mich töten!"

"Good American Family" - entwickelt von  "Sunny"-Schöpferin Katie Robbins - steckt damit einige Koordinaten ab. Hier die im Scheinwerferlicht stehende Übermutter, da die vermeintlich brandgefährliche Adoptivtochter. Die meiste Zeit in den ersten drei Kapiteln springt die Serie in die Vergangenheit, genauer ins Jahr 2010. Dahin, wo alles begann: Ein Schatten liegt über dem Heim der Barnetts, als Kristine und Michael (Mark Duplass) eine schon sicher geglaubte Adoption versagt bleibt. Während sie nach vorne schaut und ihr großes Projekt - Hilfe für Kinder mit besonderen Bedürfnissen - vorantreibt, fällt er in ein tiefes Loch, weil er sich nach drei Söhnen so sehr eine Tochter gewünscht hat.

Kristine (Ellen Pompeo) glaubt, dass etwas faul ist
Kristine (Ellen Pompeo) glaubt, dass etwas faul ist Disney+/Ser Baffo

Als Kristine eines Tages einen Anruf einer Adoptionsagentur erhält und erfährt, dass die kleinwüchsige Natalia Grace (Imogen Faith Reid) umgehend eine neue Familie benötigt, muss sie nicht zwei Mal überlegen. Michael willigt nach kurzem Zögern ein. Und so brechen die Barnetts auf, um das Mädchen in Empfang zu nehmen. Dass die Vermittlungsfirma einen merkwürdigen Eindruck macht und plötzlich 7000 Dollar für unumgängliche Operationen fordert, wirft Fragen auf. Schnell wischen die Eheleute die Irritationen aber beiseite.

Schon kurz nach der erfolgreichen Adoption kommen Kristine Zweifel. Natalia legt zum Teil ein erratisch-aggressives Verhalten an den Tag. Und steht die Kleine eines Nachts nicht gar mit einem Messer in der Hand am Bett der Eltern? Irgendwann glaubt die Mutter jedenfalls fest daran, dass die Siebenjährige viel älter ist. Und da sie es, wie sie sagt, hasst, wenn sie Antworten nicht kennt, stellt Kristine Nachforschungen an. Michael hingegen hält erst einmal seine schützende Hand über Natalia. Schließlich hat sie womöglich traumatische Erlebnisse hinter sich.

Die Vorstellung der guten amerikanischen Familie aus dem Titel bröckelt sehr früh. Bereits in der zweiten Folge erfahren wir, dass die Barnetts im Jahr 2019 längst geschieden sind und nichts mehr füreinander übrighaben. Im Angesicht der Anschuldigungen schieben sie sich gegenseitig den schwarzen Peter zu und geizen nicht gerade mit unschönen Beschreibungen des früheren Partners.

Michael (Mark Duplass) und Kristine (Ellen Pompeo) kommen an einen gefährlichen Punkt in ihrer Beziehung
Michael (Mark Duplass) und Kristine (Ellen Pompeo) kommen an einen gefährlichen Punkt in ihrer Beziehung Disney+/Ser Baffo

Dass in der Serie gegensätzliche Aussagen aufeinanderprallen, unterstreicht bereits der legal disclaimer, der vor jeder Episode erscheint. "Good American Family" dramatisiert unterschiedliche Perspektiven, erhebt nicht den Anspruch auf die volle Wahrheit und erfindet einige Aspekte hinzu, um den Fall in eine spannende Form zu bringen. Worauf im Infotext der ersten drei Kapitel besonders hingewiesen wird: Bestimmte Geschehnisse werden so geschildert, wie von Kristine und Michael Barnett behauptet. Die subjektive Note schwingt also ständig mit.

Was nach einer tiefschürfenden Darstellung klingt, einem Bohren in Abgründen, wird leider (bislang) in eher groben Zügen nachgezeichnet. Nicht gerade sehr plastisch sind beispielsweise die Figuren. Michael, der als Kind wenig Liebe erfahren hat, hat das Gefühl, im Schatten seiner ambitionierten Frau zu stehen, und wirkt wie ein hoffnungsloser Naivling, der krampfhaft eine heile Welt heraufbeschwören will.

Natalia, von Newcomerin Imogen Faith Reid souverän dargestellt, pendelt derweil zwischen störrischer Rebellin und einem evil-child-Verschnitt, wie man ihn aus dem Horrorgenre kennt. Das Grinsen sieht manchmal derart teuflisch aus, dass man sich sofort auf Kristines Seite schlagen möchte. Unumwunden kokettiert die Serie mit den Bezügen zu Jaume Collet-Serras Schocker  "Orphan - Das Waisenkind" aus dem Jahr 2009, der davon erzählt, dass sich eine junge Frau mit ungewöhnlichem Krankheitsbild als kleines Mädchen in eine amerikanische Adoptivfamilie einschleicht und dort eine mörderische Spur hinterlässt. Verwundern sollte es nicht, dass der Film und sein Plot in "Good American Family" gar direkt zitiert werden. Allem Anschein nach spielte der Gruselthriller nämlich auch in den wahren Geschehnissen um Natalia Grace und die Barnetts eine Rolle. Die echte Kristine - so ein Vorwurf - sei erst durch den Hollywood-Streifen zu ihren Vermutungen über ihre Adoptivtochter gelangt.

Ist Natalia (Imogen Faith Reid) wirklich eine durchtriebene Betrügerin?
Ist Natalia (Imogen Faith Reid) wirklich eine durchtriebene Betrügerin? Disney+/Ser Baffo

Am meisten Profil bekommt in den ersten drei Folgen Michaels Ehefrau, die Ellen Pompeo mit Hang zum Affektierten verkörpert. Zur Rolle passt der gekünstelte Stil ganz gut. Immerhin ist die Serien-Kristine eine ständig auf ihr Image bedachte Geschäftsfrau, die sich, wann immer möglich, als Helferin und Spezialistin für Kinder mit Behinderungen inszeniert. 2010 steht sie noch am Anfang ihrer Karriere. Ihr Ehrgeiz ist aber schon deutlich zu spüren. Dass sie, anders als ihr Gatte, alles für den autistischen Jacob getan, ihn nicht aufgegeben hat, muss man ihr hochanrechnen. Gleichzeitig entsteht jedoch das ungute Gefühl, dass sie ihren Sohn vor allem als ein Profilierungsprojekt ansieht. Warum sonst sagt sie begierig ein Fernsehinterview zu, obwohl Jacob sie vorher darum gebeten hat, nicht mehr mit seiner Geschichte durch die Öffentlichkeit zu tingeln. Ferner spricht es für sich, dass Kristine ihr Engagement als eine von Gott gegebene Mission verkauft. Ihre einzige Aufgabe auf Erden sei es, Kinder mit besonderen Bedürfnissen zu unterstützen, heißt es sinngemäß an einer Stelle. Bei so viel Selbstherrlichkeit machen sich mit Blick auf Natalia handfeste Zweifel breit: Steigert sich die Mutter etwa in eine fixe Idee hinein und tut sie ihrer Adoptivtochter komplett Unrecht?

Etwas zu eindimensional erscheint die Serie zum Auftakt wahrscheinlich auch deshalb, weil die Ästhetik nicht über ein Rosamunde-Pilcher-Level hinauskommt. "Good American Family" erstrahlt in aseptischen, flachen Hochglanzbildern. Nirgends brechen Liz Garbus, Stacie Passon und Seith Mann, die Regisseure der ersten drei Episoden, die Werbekatalogoptik auf. Dabei wäre genau das in einer Geschichte vonnöten, die die düsteren Aspekte hinter der schönen Fassade sezieren will. In erzählerischer Hinsicht benötigt vor allem Natalia - auch im Wissen um die realen Ereignisse - im weiteren Verlauf zwingend mehr Entfaltungsraum. Noch wird das Mädchen zu sehr auf das Klischee des Gruselkindes reduziert.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten drei von insgesamt acht Folgen der Miniserie "Good American Family".

Meine Wertung: 2.5/5

In den USA wurden die ersten beiden Episoden der Miniserie "Good American Family" am Mittwoch, dem 19. März auf dem Streamingdienst Hulu veröffentlicht. Seitdem erscheint im wöchentlichen Rhythmus eine neue Folge. Hierzulande erfolgt die Premiere am Mittwoch, dem 9. Apri  bei Disney+ - dabei werden direkt fünf Folgen veröffentlicht, so dass ab dem 16. April in den USA und Deutschland wöchentlich die selben Folgen veröffentlicht werden.



 

Über den Autor

  • Christopher Diekhaus
Christopher Diekhaus, Jahrgang 1985, erlebte seine TV-Sozialisation in den 1990er-Jahren. Seine echte Liebe für den Flimmerkasten entbrannte allerdings erst gegen Ende der Schulzeit. Nach seinem Studium landete er zunächst in einer Film- und Fernsehproduktionsfirma. Seit 2013 schreibt Christopher als Freiberufler Film- und Serienkritiken. Das Portal fernsehserien.de unterstützt er seit Ende 2019. Im Meer der Veröffentlichungen die Perlen zu entdecken – diese Aussicht spornt ihn immer wieder an. Insgeheim hofft er, irgendwann eines seiner in der Schublade liegenden Drehbücher zu verkaufen. Bis er den Oscar in Händen hält, sichtet und rezensiert er aber weiter fleißig die neuesten Serien.
Lieblingsserien: Devs, Lass es, Larry!, Severance

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