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Dem Prequel der Erfolgsserie fehlt das gewisse Etwas
Ran an die Juwelen: Berlin (Pedro Alonso, vorne) und sein Team in Arbeitskluft
Netflix
TV-Kritik/Review: "Haus des Geldes - Berlin": Wird das Spin-Off Fans des Originals gefallen?/Netflix

Zwei Jahre nach ihrem Ende (und  ein uninspiriertes koreanisches Quasi-Remake später) bekommt die spanische Erfolgsserie  "Haus des Geldes" ihr erstes Spin-Off:  "Berlin". Anders als der Titel vermuten lässt, spielt der Ableger nicht in der deutschen Hauptstadt, vielmehr bezieht er sich auf den Gentleman-Ganoven gleichen Namens, der sich, wie alle Gang-Mitglieder der Mutterserie, nach einer Weltstadt benannt hatte. In "Haus des Geldes" war Berlin, gespielt von Pedro Alonso, allerdings längst gestorben, weshalb sich die neuen acht Folgen als Prequel verstehen - als Rückblende in eine Zeit, in der Berlin als charmanter Juwelendieb Erfolge feierte. Das Meiste bleibt dabei beim Alten: ausgetüftelte Diebstähle, glamouröse Ganoven, romantische Eskapaden. Der Comedy-Anteil wurde allerdings hochgeschraubt.

Berlin (bürgerlicher Name: Andrés de Fonollosa) war zweifelsohne die logische Wahl, wenn es darum ging, einen Protagonisten für das erste Spin-Off von "Haus des Geldes" auszusuchen. In den ersten beiden Staffeln wirkte der ältere Bruder des "Professors" noch wie ein grenzpsychopathischer Drahtzieher, ein narzisstischer Marionettenspieler des elaborierten Raubzugwesens, doch spätestens, als er sich gegen Ende des Einbruchs in die Banknotendruckerei für sein Team opferte, sterbenskrank noch dazu, wendete sich das Blatt.

In den Rückblenden der nächsten Staffeln wurde die Figur immer weiter ausgepinselt, zum komplexesten und faszinierendsten Charakter der Serie: ein Lebemann und Macho, der die Frauen liebte und von ihnen ausgewechselt wurde und tragischen Verrat erlebte, ein Dandy und Genießer, der selbst die amourösen Avancen seines besten Freundes nur unter großem Bedauern abwies. Keine schlechte Prämisse, diese Lieblingsfigur vieler Zuschauer nun in einem früheren Lebensstadium zu präsentieren - in einer Zeit, als Berlin noch nicht krank ist und sich auf dem Zenit seiner "Karriere" befindet. Darüber, dass Pedro Alonso inzwischen 52 ist, sehen wir gnädig hinweg - solche Anachronismen sind nun mal das Schicksal aller Prequels -, denn egal ob im Smoking oder im stylishen Rollkragenpullover. Alonso macht nach wie vor in jeder Situation eine gute Figur.

"Haus des Geldes: Berlin" stellt schon in der rasant dahingaloppierenden ersten Episode klar, dass Serienschöpfer Álex Pina und seine Co-Autorin Esther Martínez Lobato (sie war auch schon bei der Mutterserie mit an Bord) keine große Richtungsänderung im Sinn haben. Wieder geht es um eine buntscheckige Truppe spezialisierter Edelgangster, die einen spektakulären Raubzug im Sinn haben, einen sogenannten heist - der englische Begriff steht längst für das gesamte Krimi-Subgenre, dem ja gerade "Haus des Geldes" zwischen 2017 und 2021 so viel frischen Wind verliehen hatte. Selbst die Intro-Sequenz mit den aus Papier gebastelten Protagonisten in ihrer casa de papel (Haus aus Papier) findet sich in "Berlin" wieder.

Bauch und Po: Zwischen Bruce (Joel Sánchez) und Keila (Michelle Jenner) flirren bald die Hormone.
Bauch und Po: Zwischen Bruce (Joel Sánchez) und Keila (Michelle Jenner) flirren bald die Hormone. Netflix

Einen entscheidenden Unterschied gibt es dann aber: Nicht der "Professor" der Hauptserie steht hier im Mittelpunkt, sondern Berlin, der, bevor er sich der Bande seines jüngeren Bruders anschloss, noch selbst als Mastermind wirkte. Sein jüngster Plan ist der gleichzeitige Diebstahl von 63 Juwelen aus aller Herren Länder im Wert von 44 Millionen Euro, in einer Art Zaubertrick vor Ort im größten Pariser Auktionshaus. Zu diesem Zweck versammelt er ein frisches Team um sich herum, das mit seinen Ticks und Spezialbegabungen so manches Déjà vu hervorruft. Gespielt wird es von ausgesucht attraktiven Darstellerinnen und Darstellern, die überwiegend aus anderen Netflix-Produktionen herbeigecastet wurden: Da gibt es die (natürlich) linkische Tüftlerin Keila (Michelle Jenner aus  "Die Köchin von Castamar"), die ihre Freizeit hinter VR-Brillen verbringt, und den dekorativ verschwitzten Waffenexperten Bruce (Joel Sánchez). Es gibt den jungen Schlösserknacker Roi (gespielt von Julio Peña aus den  "Through my Window"-Teenieschmonzetten), dem sich Berlin als Vaterfigur andient, und, als "Praktikantin" sozusagen, den psychisch angeschlagenen, am Dauerlimit lebenden Wildfang Cameron (Begoña Vargas aus  "Willkommen auf Eden"). Als Berlins rechte Hand und Cheflogistiker fungiert der dezent zerstreute Uni-Gelehrte Damián, dem der spanische Kinoschauspieler Tristán Ulloa ( "Lucía und der Sex") ausreichend Würde und Erfahrung verleiht.

Wenn in der ersten Folge Hotelzimmer verwanzt, unter alten Kirchen gegraben, Kontakte etabliert und Wege ins Auktionshaus geplant werden, nutzen Pina und Lobato jede Gelegenheit, die Funktionsweise dieses Teams sowie die einzelnen Stärken (und Schwächen) jedes Mitglieds vorzustellen und sehr schnell die Weichen in Richtung Romantik zu stellen: Kaum sind sie im Bild, ist auch schon klar, dass es Keila und Bruce sowie Cameron und Roi erotisch miteinander zu tun bekommen werden.

Daran ist wenig überraschend; erstaunlicher ist da schon die komödiantische Energie, mit der das Gewerke und Gewusel des Teams und ihre romantischen An- und Abweisungsbemühungen in Szene gesetzt werden. In dieser Hinsicht legt "Berlin" eindeutig ein paar Witze mehr auf die Schippe als "Haus des Geldes", was nicht immer nur gut ist. Wenn etwa Keila und Bruce sich in ihren Duo-Szenen ausschließlich über Po-Rundungen und Bauchmuskeln austauschen, hat das auch etwas seltsam Verklemmt-Schwiemeliges, die dazugehörigen Dialoge zählen definitiv nicht zu den Highlights der Staffel.

Action-Duo und designiertes Paar: Roi (Julio Peña) und Cameron (Begoña Vargas) durchpflügen Paris via Motorrad. Nebendarsteller hinten links: Notre-Dame.
Action-Duo und designiertes Paar: Roi (Julio Peña) und Cameron (Begoña Vargas) durchpflügen Paris via Motorrad. Nebendarsteller hinten links: Notre-Dame.Netflix

Auch Berlin selbst wird in eine größere Romanze verstrickt, die dem so genau durchgetakteten heist bisweilen in die Quere zu kommen droht: Er verliebt sich in die junge und betörende Ehefrau des Auktionshauschefs. Diese Camille (Samantha Siqueiros aus  "Verstecken ist vergebens") schleicht sich nachts aus dem erkalteten Ehebett, um in Pariser Bohème-Kneipen Jazzweisen zu singen, bald schon turtelt sie vom gegenüberliegenden Hotelbalkon mit unserem Protagonisten. Der versucht die Beziehung anfangs noch aus raubzugstaktischen Gründen anzubahnen, verliert aber bald schon die Kontrolle.

Oder geht es gerade um diesen Kontrollverlust? Die Liebe ist in "Berlin", noch mehr als in "Haus des Geldes", mindestens ebenso wichtig wie das Verbrechen im Zentrum des Plots, als Handlungsmotor dient auch die Reparatur des frisch geborstenen Herzens des Gentleman-Gauners. "Liebe ergibt nur am Anfang Sinn, wenn alles noch wunderbar ist", mault er anfangs noch herum, frisch verlassen von Gattin Nummer drei. Damián erwidert mit dem Pragmatismus einer beherzten Alltagsresignation: "Nein! Liebe ist das, was danach kommt, wenn der Zauber vorbei ist."

Auf Kalenderweisheiten wie diese muss man sich einstellen, wenn man Freude haben will an "Berlin". Der Rest rutscht dann so smooth durch, wie man sich das als Fan der Mutterserie wohl erhofft: Mit den bekannt rasenden Kamerafahrten, den schnellen Schnitten, dem attraktiven Personal und der allzeit in Bewegung gehaltenen Inszenierung wird der Raubzug von Episode zu Episode, von Detail zu Detail, von Hindernis zu Hindernis vorangetrieben, wenngleich der Romantik- (und Comedy-)Anteil stets beträchtlichen Raum einnimmt. Die Actionszenen überzeugen sowieso, bereits in der zweiten Episode hat eine Motorrad-Verfolgungsjagd durch Paris annähernd Bond-Qualitäten. In jeder Folge gibt es außerdem ein paar kleinere Twists, gegen Ende der Staffel auch ein paar größere, doch gerade deren ausgestellte Unerwartbarkeit ist inzwischen natürlich längst selbst sehr erwartbar, weshalb sich die Aufregung am Ende in Grenzen hält.

Organisationsgenie und Proto-"Professor": Damián (Tristán Ulloa, l.) dient Berlin als rechte Hand und Vertrauensperson.
Organisationsgenie und Proto-"Professor": Damián (Tristán Ulloa, l.) dient Berlin als rechte Hand und Vertrauensperson. Netflix

Überhaupt ist die fast routinierte Professionalität des Ganzen auch der größte Stolperstein der Serie. Nach dem Emmy-Gewinn von "Haus des Geldes" und dem Triumph als zeitweise meistgeguckte internationale Netflix-Produktion muss sich das Franchise inzwischen ganz schön strecken, um da noch etwas draufzusetzen - und Letzteres kann man hier wohl nicht vermelden. In die Spannungshöhen der Finalepisoden von Staffel zwei oder fünf von "Haus des Geldes" dringt "Berlin" niemals vor. Auch das geänderte Setting ändert wenig daran: Obwohl an Originalschauplätzen gedreht, sieht das entschieden touristisch abgefilmte Paris der Serie aus wie einem Werbeclip enthoben, fast puppenstubenhaft, mit dem Eiffelturm in jedem zweiten Szenenhintergrund und seltsam künstlich hergerichteten Punk-Konzerten.

Den Hang zur musikalischen Abschweifung hatte auch schon "Haus des Geldes", in "Berlin" aber führt das dazu, dass die Folgen nicht nur mit einem Soundtrack traktiert werden, der, scheint's, aus einer Spotify-Hitliste zusammengeshuffelt wurde (von Serge Gainsbourgs "Je t'aime" bis Icona Pops "I love it"), sondern auch gelegentlich in ein tatsächliches Musikvideo münden (mit einem Song der spanischen Band Pol 3.14) oder mit Schauspielern in Sangeslaune enden, wenn etwa Berlin und Damián gemeinsam "Felicitá" von Al Bano & Romina Power schmettern. Als Zuschauer kann man sich entscheiden, ob man sich das, leicht stirnrunzelnd, ansieht - oder Bier holen geht, bevor die nächste Folge startet.

Von solchen Irritationen abgesehen, funktioniert "Berlin" prächtig als das, was es vor allem für die Fans der Mutterserie sein soll: als gefälliger, nicht allzu experimentierfreudiger, dafür umso mehr auf Entertainment abzielender Nachschlag rund um das große heist-Ding, sozusagen moderiert von der beliebtesten Figur des Originals. Erwähnen dürfen wir (weil's vorab offiziell bekanntgegeben wurde), dass gegen Ende der Staffel zwei alte Bekannte aus "Haus des Geldes" mitmischen: die Ermittlerinnen Sierra (Najwa Nimri) und Murillo (Itziar Ituño). Wie genau sie ins Spiel kommen, verraten wir hier aber natürlich ebenso wenig wie die Antwort auf die spannende Frage, ob möglicherweise noch mehr bekanntes Personal auftaucht. Eines steht aber fest: In "Berlin" dreht sich alles um das neue Team, und das erledigt den von ihm verlangten Job zuverlässig, wenn auch sehr routiniert.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der kompletten ersten Staffel von "Haus des Geldes: Berlin".

Meine Wertung: 3.5/5

"Haus des Geldes: Berlin" wurde am Freitag, den 29. Dezember bei Netflix veröffentlicht und steht dort zum Abruf bereit.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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