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TV-Kritik/Review: "I'm Dying Up Here": Jim Carreys Drama über Comedy kommt erst spät in Fahrt

Das schwierige Leben von Stand-up-Comedians in den 1970ern
"I'm Dying Up Here"
Showtime
TV-Kritik/Review: "I'm Dying Up Here": Jim Carreys Drama über Comedy kommt erst spät in Fahrt/Showtime

Clay Appuzzo hat es scheinbar geschafft: Der junge Komiker ist in die "Tonight Show" mit Johnny Carson eingeladen worden, eine der meistgesehenen Fernsehsendungen in den USA der 1970er Jahre. Nachdem er dort seine Nummer vorgetragen hat, bittet ihn der erkennbar amüsierte Carson zu sich, um auf dem Sofa neben den anderen Gästen Platz zu nehmen. Das macht der Gastgeber nur, wenn ihm ein Auftritt wirklich gefallen hat, unter Komikern gilt es als Ritterschlag. Nach der Aufzeichnung quartiert sich Clay in einem Luxushotel in Hollywood ein - obwohl er selbst in Los Angeles lebt -, bestellt sich den Zimmerservice und sieht sich die Show im Fernsehen an. Danach verlässt er das Hotel, tritt auf die Straße - und wird von einem Bus überrollt.

Wie seine Freunde und Kollegen mit dem völlig unerwarteten Tod umgehen, davon handelt die Pilotfolge von  "I'm Dying Up Here" in großen Teilen. Die neue Showtime-Dramaserie (oder vielleicht besser Dramedy) dreht sich um eine Gruppe mehr oder weniger junger Stand-Up-Komiker im L.A. der 70er, zu jener Zeit, als sich diese Form der Kleinkunst gerade etablierte und zum unerschöpflichen Reservoir an Nachwuchskräften für Fernsehen und Film wurde. "Als Leno und Letterman Kumpel waren" lautet der Titel einer Rezension des der Serie zugrunde liegenden Sachbuchs von William Knoedelseder und diese Überschrift fasst es schön zusammen: Fast alle der später berühmt gewordenen Moderatoren von Late-Night-Shows begannen ihre Karrieren mit Stand-Up-Auftritten in kleinen Nachtclubs und auf Comedybühnen, ebenso wie viele Filmkomiker wie etwa Jim Carrey, der hier als ausführender Produzent fungiert. Wie schwierig es aber ist, sich als Anfänger in dieser Branche einen Namen zu machen und eventuell irgendwann seinen Lebensunterhalt mit dieser Form der Unterhaltung bestreiten zu können, das ist das Thema der Serie. Nichts ist ja bekanntlich schwerer, als Menschen zum Lachen zu bringen.

Das trifft leider auch auf die Serie selbst zu, denn für ein Werk über professionelle Komiker ist sie über weite Strecken leider recht unlustig geraten. Aber der Reihe nach: Dreh- und Angelpunkt der Handlung ist das Etablissement von Goldie Herschlag (Melissa Leo,  "Treme", hier bislang etwas farblos) in L.A., eine Mischung aus Bar und Nachtclub. Allabendlich kämpfen dort ambitionierte Nachwuchskomiker um die raren Programmplätze, um sich vor Publikum präsentieren zu können. Während in der Bar die noch "neuen" Komiker auftreten, oft nur im Rahmen sogenannter "Open Mic"-Abende (Talentshows, bei denen das Mikrofon prinzipiell jedem offensteht), ist die Kellerbühne denjenigen Künstlern vorbehalten, die bereits bewiesen haben, dass sie sich ein Publikum erobern können. Entsprechend ist es der Traum aller jungen Talente, dort ihre große Chance zu erhalten. Aber es braucht schon einiges, um Goldie zu überzeugen, sich diese Chance verdient zu haben.

In der Auftaktfolge lernen wir eine ganze Reihe Komiker kennen, die sich jeden Abend im "Goldie's" versammeln und die allesamt noch nicht richtig etabliert sind, wenn auch in unterschiedlichen Graden. Leider sind es viel zu viele, als dass sie den Zuschauern alle näherkommen würden. Lediglich Cassie (Ari Graynor) sticht als eine der wenigen weiblichen Comedians heraus, die es aufgrund des Vorurteils, Frauen könnten nicht lustig sein, noch schwerer hat als ihre männlichen Kollegen. Sie ist auch vom plötzlichen Tod Clays am meisten betroffen, war sie doch früher mit ihm zusammen. Ihre Trauer verarbeitet sie am Ende der ersten Folge spontan in einer Comedy-Nummer, die zuerst die Stimmung im Club zu kippen droht, dann aber auf brillante Weise doch noch die Kurve kriegt. Es ist nicht nur ein Moment, in dem das Publikum vor Ort einen Star in der Entstehung erlebt, sondern auch die emotional berührendste Szene des Piloten. Sie kommt jedoch leider fast zu spät, um einen noch für die bis dahin recht behäbig dahinplätschernde Geschichte einzunehmen.

Melissa Leo als Club-Besitzerin Goldie Herschlag in "I'm Dying Up Here"
Melissa Leo als Club-Besitzerin Goldie Herschlag in "I'm Dying Up Here"

Die zweite Folge ist eher noch langweiliger geraten, ist hier doch nur einer von mehreren Handlungssträngen - wiederum der um Cassie und ihren derzeitigen Freund Bill (Andrew Santino), natürlich ebenfalls Komiker - interessant. Was etwa der Strang um die ganz jungen, gerade nach L.A. gekommenen Freunde Ron (Clark Duke aus den "Kick-Ass"-Filmen) und Eddie (Michael Angarano) soll, die als Kandidaten an der Spielshow "Let's Make A Deal" teilnehmen, bleibt unverständlich. Genauso gut könnte man sich eine alte Folge von  "Geh aufs Ganze!" anschauen. Es ist schade, dass sich die Serie gleich zu Anfang in solchen überflüssigen Handlungssträngen verliert, hat sie doch durchaus das Potential zu Größerem. Die dritte Folge, geschrieben von  "Weeds"-Veteran Dave Holstein, beweist das, indem sie gleich mehrere sozial relevante Themen auf geschickte Art mit dem Comedythema verknüpft: Der afro-amerikanische Nachwuchskomiker Adam (RJ Cyler) gerät beim Warten auf seinen Auftritt mit einem Bauchredner aneinander, der seine Handpuppe missbraucht, um ihr seine eigenen rassistischen Witze in den Mund zu legen. Die schwierige Frage, wer in der Comedy welche Tabus brechen darf, wo Satire aufhört und Rassismus anfängt, beantworten Adam und seine Kumpels später auf überzeugende Weise. Subtiler spricht die Folge auch noch den immer wieder relevanten Widerspruch zwischen künstlerischer Ambition und ökonomischer Notwendigkeit an: Sully (Stephen Guarino), ein weiterer strauchelnder Komiker, ist kürzlich Vater geworden; obwohl er bereits einen Brotjob in einer Kfz-Werkstatt hat, reicht das Geld hinten und vorne nicht. Ins Zweifeln kommt er, als sein Chef ihm eine Vollzeitanstellung im Vertrieb anbietet, dazu müsste er sich aber den Vollbart und die schulterlangen Haare abschneiden und eine Krawatte tragen. Im Gespräch mit einer älteren Komikerkollegin, die bereits mehrere Kinder hat, wird zudem klar, dass Frauen es ab einem bestimmten Alter und in der Mutterrolle noch schwerer haben, sich selbst (künstlerisch) zu verwirklichen. Wie Holstein diese sozialen Fragen anhand weniger Szenen behandelt - und auch noch mit Cassies Vorurteilen verknüpft -, das ist schon verdammt gut geschrieben.

In vielem erinnert "I'm Dying Up Here" an eine andere neuere Showtime-Serie, Cameron Crowes nach einer Staffel wieder eingestelltes  "Roadies", nicht nur wegen des ähnlichen Settings in jeweils einem Teilbereich der Unterhaltungsbranche. Auch hier ist das Ensemble zu Beginn zu groß, bleiben viele Figuren in den ersten Folgen zu blass: Weniger wäre mehr gewesen. Und der Humor zündet hier wie dort nicht so richtig oft. Die Musik spielt ebenfalls wieder eine wichtige Rolle, wenn auch diesmal nicht auf der Handlungsebene. Aber zeitgenössische Popsongs begleiten das Geschehen und kommentieren es manchmal auch. Dabei scheint Showrunner David Flebotte eine besondere liebenswerte Affinität zu Ringo Starr zu haben, dessen Songs in den ersten drei Folgen gleich zwei Mal eingesetzt werden (der von ihm gesungene Beatles-Titel "Act Naturally" allerdings nur in einer Coverversion).

Während beim thematisch ähnlichen Amazon-Projekt  "The Marvelous Mrs. Maisel" bereits der Pilot überzeugte, zeigt diese Serie nach etwas anstrengendem Auftakt erst in der dritten Folge, welches Potential in ihr steckt. Sollte es den Autoren gelingen, sich auf diese Stärken zu konzentrieren und der Vielzahl auf den ersten Blick recht ähnlicher Figuren mehr Tiefe zu verleihen, könnte es noch richtig gut werden. Fraglich bleibt allerdings, wie sie aus dem thematisch und auch örtlich relativ beschränkten Setting um den Comedyclub dramatischen Stoff für mehrere Staffeln herausholen wollen.

Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Episoden der Serie "I'm Dying Up Here".

Meine Wertung: 3/5

Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Showtime

Die Serie "I'm Dying Up Here" läuft seit Sonntag in den USA bei Showtime. Über den bekannten Rahmenvertrag zwischen Sky und Showtime hat sich der Pay-TV-Sender die hiesigen Ausstrahlungsrechte gesichert. Wie TV Wunschliste auf Nachfrage erfuhr ist eine Ausstrahlung im weiteren Verlauf des Jahres anvisiert.

 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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