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TV-Kritik/Review: Neue VOX-Doku "Unsere Schule" ist Reality-TV abseits der Trash-Gefilde

(03.09.2018)

Heute Abend (3. September 2018) startet bei VOX eine außergewöhnliche neue Dokureihe. In
"Unsere Schule" basiert auf dem preisgekrönten britischen Vorbild "Educating...". Die Ganztagsschule Albert Schweitzer in Aschersleben (Sachsen-Anhalt) hat sich bereit erklärt, an dem Projekt teilzunehmen, das sowohl Chancen als auch Risiken mit sich bringt. Schließlich wird der Schulalltag von 30 festinstallierten Kameras und mehreren Kamerateams wochenlang begleitet und anschließend einem großen Fernsehpublikum präsentiert. Mehrere tausend Stunden Drehmaterial wurden für sechs 50-minütige Episoden zusammengeschnitten. Erklärtes Ziel war es, möglichst authentisch darzustellen, mit welchen Herausforderungen, Sorgen und Nöten sich sowohl Schüler als auch Lehrer tagtäglich im Mikrokosmos Schule konfrontiert sehen.
Porträtiert wird eine besondere Ganztagsschule, an der Haupt-, Real- und Förderschüler sowie künftige Abiturienten Seite an Seite lernen. Insgesamt sechs Wochen lang drehte die Produktionsfirma Imago TV im Auftrag von VOX an der Bildungseinrichtung, die Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 9 besuchen. Die Schulleitung, die Lehrer und insgesamt 470 Schüler samt Eltern gaben ihre Einverständniserklärung ab, an dem TV-Projekt teilzunehmen. Diejenigen, die unerkannt bleiben möchten, werden in der Doku verpixelt. Um eine gewisse Übersichtlichkeit zu gewährleisten, konzentriert sich die Dokumentation auf jeweils zwei Klassen der Jahrgangsstufen 5 und 9.
"Ein Lehrer ist heutzutage kein reiner Stoffvermittler mehr, sondern wir vereinen viele Berufe in einem", stellt Lehrer Claus Lange fest. Auch als Zuschauer erkennt man nach wenigen Minuten nicht nur, dass so manche Englischlehrer auch heute noch über einen erschreckend starken deutschen Akzent verfügen, sondern vor allem, dass Pädagogen heutzutage weit mehr leisten müssen, als nur den Stoff des Lehrplans abzuarbeiten. Nadine Kutzner, die beliebte Klassenleiterin einer fünften Klasse, legt Wert auf zwischenmenschliche Bindungen, betrachtet sich und die Schüler als Team und berichtet der Klasse auch mal von ihren Urlaubserlebnissen. Durchaus unüblich ist zudem, dass die Pulte der Schüler stets in Kreisform angeordnet sind.
Pro Folge stehen in der Dokureihe einzelne Schüler im Mittelpunkt. In der ersten Episode kommt der zwölfjährige Anthony, der bereits an drei Schulen zum Mobbingopfer wurde, neu an die Gemeinschaftsschule. Zusammen mit seiner Mutter ist er mitten im laufenden Schuljahr nach Aschersleben gezogen, um dort ein neues Leben zu beginnen. Die Doku zeigt, wie er sich an einem ersten Tag im Sekretariat meldet und anschließend in die 5c gebracht wird. Parallel erzählt Anthony in Interviewsequenzen von seinen schlechten Erfahrungen, die er bislang an den anderen Schulen gemacht hat.
Neben Anthony wird in der ersten Folge Lisa aus der 9. Klasse näher vorgestellt. Die Jugendliche befindet sich in einer schwierigen Phase und rebelliert regelmäßig im Unterricht. Zuletzt fiel sie mit verbalen Ausrastern in der Klasse auf. In der Doku wird sie gegenüber ihrer Englischlehrerin Sylke Schiele ausfallend, die eingesteht, dass es durchaus schwierig ist, diese Provokationen nicht als persönlichen Angriff zu verstehen. An dieser Stelle wird deutlich, vor welchen Herausforderungen Pädagogen heutzutage abseits der Stoffvermittlung stehen.
Lisa möchte so schnell wie möglich die Schule beenden, Geld verdienen und auf eigenen Beinen stehen. "Unsere Schule" porträtiert Lisa jedoch nicht als schwer erziehbare Außenseiterin, sondern beleuchtet ihre komplexe Situation von mehreren Seiten. Ihr Vater hat seinen Job verloren und Freunde ließen sie im Stich. Lisas Klassenlehrerin Judith John fungiert als Ratgeberin und Schulter zum Anlehnen. Sie rät Lisa, dass sie trotz ihrer schwierigen Situation unbedingt ihr Abitur machen sollte, weil ihr anschließend alle Türen offen stehen würden.
"Unsere Schule" schlägt einen ruhigen, geradezu sanften Ton an - das Format könnte in dieser Form ohne Weiteres auch im Ersten, ZDF oder bei arte laufen. VOX beweist zum wiederholten Mal, dass Reality-TV nicht automatisch Trash-TV sein muss, und eine Thematik auch mit einem seriösen Ansatz unterhaltsam gestaltet werden kann, ohne in Voyeurismus abzudriften. Szenen aus den Klassenzimmern, dem Lehrerzimmer, dem Sekretariat und dem Pausenhof wechseln sich mit Interviewsequenzen von Lehrern und Schülern ab, so dass ein rundes und behutsames Bild des Alltags an der Ganztagsschule entsteht. Erfreulich ist, dass das Format allgemein keinen negativen Ton anschlägt und nicht von desaströsen Zuständen mit überforderten Lehrern und asozialen Schülern berichtet. Stattdessen werden konstruktive Lösungsansätze für die Probleme des heutigen Schulalltags präsentiert.
Katrin Jelitte kommt in der Doku als engagierte Schulleiterin rüber, der wirklich etwas am Wohlbefinden ihrer Schüler und Lehrer liegt. "Keine Bildung ohne Bindung", lautet ihr Leitspruch. Sie gab der 33-jährigen Lehrerin Judith John eine Chance, nachdem diese zuvor schlechte Erfahrungen in ihrem Referendariat an einer anderen Schule gemacht hatte und kurz davor war, deshalb ihren Beruf an den Nagel zu hängen - ihre Geschichte stellt einen besonders emotionalen Moment in der ersten Folge der Dokureihe dar.
Vor der Zusage an dem TV-Projekt gab es durchaus Bedenken: "Wir haben diese Idee im Team mit den Eltern, Schülern und Lehrern besprochen. Da gab es erstmal die unterschiedlichsten Reaktionen. Manche waren verhalten, manche sehr aufgeschlossen", so die Schulleiterin. "Da haben wir einfach gesagt: 'Wir hören uns jetzt mal an, unter welchem Aspekt diese Dreharbeiten überhaupt stattfinden sollen.' Als klar wurde, dass bei diesem Projekt Schule so dargestellt werden soll, wie sie wirklich ist, haben wir zugestimmt."
Herausgekommen ist tatsächlich eine vorbildliche und sehenswerte Dokumentation, die auch angesichts des derzeit wieder in die Schlagzeilen geratenen Lehrermangels sicherlich für Aufmerksamkeit sorgen wird. Offen bleibt, inwieweit die porträtierte Ganztagsschule in Aschersleben repräsentativ für den Alltag an einer durchschnittlichen Schule von heute ist. Vom britischen Vorbild "Educating..." sind seit 2011 bereits fünf Staffeln gelaufen, wobei in jeder Staffel der Alltag an einer anderen Schule dokumentiert wird. Dies wäre natürlich im Falle eines Erfolgs auch bei der deutschen Adaption wünschenswert, um den Zustand an unterschiedlichen Schulformen in verschiedenen Bundesländern vergleichen zu können.
Über den Autor
Schon seit frühester Kindheit war der 1985 geborene Münchner vom Fernsehen fasziniert. Am Wochenende stand er freiwillig früh auf, um stundenlang die Cartoonblöcke der Privatsender zu gucken. "Bim Bam Bino", "Vampy" und der "Li-La-Launebär" waren ständige Begleiter zwischen den "Schlümpfen", "Familie Feuerstein" und "Bugs Bunny". Seine Leidenschaft für animierte Serien ist bis heute erhalten geblieben. Darüber hinaus begeistert er sich für Gameshows wie "Ruck Zuck" oder "Kaum zu glauben!" und ist mit hoher Expertise gleichzeitig Fan und kritischer Beobachter der deutschen Schlagerwelt. Auch für Realityformate wie "Big Brother" und "Die Verräter" hat er eine Ader - auf rein krawalliges Trash-TV kann er dagegen verzichten. Im Comedy-Bereich begeistert er sich vor allem für Sitcoms, Stand-up-Comedy und Late-Night und hält diesbezüglich auch die Augen in Österreich, Großbritannien und den USA offen.
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