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TV-Kritik/Review: "The English" mit Emily Blunt liefert tolle Bilder, aber banale Westerngeschichte
(25.11.2022)
Der Auftakt ist eine klassische Situation, wie man sie schon in Dutzenden Western gesehen hat: Eine kleine Gruppe Soldaten jagt und stellt einen Indianer und richtet ihn hin, während seine Angehörigen verzweifelt weinen und sich zu wehren versuchen. Die Besonderheit: Einer der Männer der US Army ist selbst ein Ureinwohner, der natürlich von seinen "eigenen" Leuten als Verräter beschimpft wird.
Es ist schon seltsam: Wohl kein Genre wurde in der Filmgeschichte so oft totgesagt wie der Western und doch entstehen immer noch in schöner Regelmäßigkeit neue Werke, sowohl für die große Leinwand als auch fürs Fernsehen und in jüngerer Zeit auch für die Streamingdienste. Dabei haben aktuell die Western in Serienform rein quantitativ die Kinofilme überholt. Jetzt haben sich die britische Rundfunkanstalt BBC und der US-amerikanische Streamer Amazon Prime Video zusammengetan, um mit
Sergeant Eli Whipp (Chaske Spencer) ist jener Pawnee (Geburtsname: Wounded Wolf), der als Scout für die Armee der Weißen gearbeitet hat und zu Beginn der Auftaktepisode seinen Abschied nimmt, sich mit seinem Pferd Richtung Norden aufmacht. Durch seine Berufswahl ist er nun für den Rest seines Lebens ein Mann, der zwischen allen Stühlen sitzt. Oder wie es einer seiner bisherigen Untergebenen ausdrückt: Solange er in der Armee diente, war er "einer von ihnen", aber nun wird er wieder als einer von "denen" wahrgenommen werden. Für die Indianer hingegen ist er ein Kollaborateur, der sein eigenes Volk verraten hat.
Eine Außenseiterin ist auch Cornelia Locke (Emily Blunt), die titelgebende Engländerin, die in die Neue Welt gekommen ist, um Rache für den Mord an ihrem Sohn zu nehmen. Irgendwo im Nirgendwo treffen die Beiden aufeinander, bei einem Hotel mitten in der Wüste, das vom sadistischen Richard M. Watts (Ciarán Hinds, der Julius Caesar aus
Bis dahin ist on screen schon eine Menge Blut vergossen worden, schön drastisch und genüsslich ausgewalzt - in dieser Hinsicht steht "The English" eindeutig in der Tradition des Italo-Westerns. Und auch in einem anderen Aspekt: Die Bösen sind hier einfach nur böse, ohne das dies einer Motivation oder Erklärung bedürfte, während die Guten eben gut sind, auch wenn sie sich auf Rachefeldzug befinden.
Ansonsten setzt der Serienschöpfer, Alleinautor und Regisseur in Personalunion Hugo Blick (bekannt geworden durch seine Drehbücher für die Miniserie
Und natürlich, damit verbunden, der Konflikt zwischen geschriebenem Recht, das hier noch schwierig durchzusetzen ist, und dem Faustrecht des - oder der - Stärkeren. Bei Letzterem sind auch die vornehm gekleidete und adlige Engländerin und der "zivilisierte", in perfektem Englisch parlierende Ureinwohner nicht zimperlich, wenn es darum geht, ihre eigene Haut zu retten. Da gibt es dann auch keine Gnade für entwaffnete Angreifer, die doch gar keine Gefahr mehr darstellen, und Lady Cornelia erweist sich am Bogen genauso geschickt wie am Gewehr.
Außer der starken weiblichen Hauptfigur ist an diesem Genrebeitrag wenig bis nichts originell. Es ist eine Serie, bei der Western draufsteht und bei der auch genau das geboten wird, was man unter diesem Label erwartet. Das ist leider manchmal etwas dröge und vielleicht doch einfach zu wenig erzählerischer Stoff für knapp sechs Stunden. In verdichteter Form, als zweistündiger Kinofilm, wäre diese Geschichte wohl wirkungsvoller gewesen, auch wegen der grandiosen Landschaftspanoramen, die auf der großen Leinwand noch größeren Eindruck gemacht hätten.
"The English" ist stilsicher inszeniert und toll gefilmt, die Hauptdarsteller sind überzeugend und sympathisch, die Nebendarsteller durchgehend gut und teilweise prominent (so ist etwa noch Stephen Rea als Sheriff dabei). Was aber fehlt, ist ein besonderer Dreh, ein inhaltlich herausragendes Merkmal, das einen dazu bringen würde, über die gesamte Laufzeit gepackt dranzubleiben. So muss man dann wahrscheinlich doch ein sehr großer Westernfan sein, um hier echte Begeisterung zu entwickeln.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "The English".
Im UK ist die sechsteilige Miniserie am 10. November auf BBC Two gestartet. In Deutschland ist sie ab Samstag, den 26. November bei MagentaTV abrufbar.
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