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TV-Kritik/Review: Vor Ort bei "Der Preis ist heiß": "Vier Stunden sind schon bitter"

Redakteur Mario Müller klagte Show-Regisseur Michael Bentele sein Leid
(21.06.2023)
Redakteur Mario Müller klagte Show-Regisseur Michael Bentele sein Leid
Harry Wijnvoord moderiert wieder "Der Preis ist heiß"
RTL/Stefan Gregorowius
TV-Kritik/Review: Vor Ort bei "Der Preis ist heiß": "Vier Stunden sind schon bitter"/RTL/Stefan Gregorowius

Eines vorweg: ich war und bin Fan von  "Der Preis ist heiß", seit RTL nach Öffnung der Grenze mit ostdeutschen Fernsehantennen zu empfangen war. Aber was hat RTL aus dieser Sendung gemacht? Während der Hauptfehler des ersten  Revivals von 2017, Wolfram Kons als Moderator einzusetzen, anstatt Harry Wijnvoord zurückzuholen, beim  aktuellen Comeback korrigiert wurde, drehen die Kölner jetzt an anderen Daumenschrauben. Mit einer Vervierfachung der Bruttosendezeit von 30 auf 120 Minuten dürfte man bei der produzierenden UFA nicht nur Freude, sondern sicher auch Kopfzerbrechen erreicht haben.

Trägt das in den USA seit 1972 ununterbrochen laufende und mit maximal einer Brutto-Sendestunde auskommende Konzept auch über zwei Stunden? Meine Antwort ist: Nein. Ich unterstelle, dass die Produzenten das wissen. Und ich glaube, dass auch RTL das weiß, die Sendung aber trotzdem so dermaßen aufbläst, um Publikum und Marktanteile möglichst lange am Fernseher zu halten. Es geht sicher wieder ums Geld. Der Preis ist eben heiß. Am deutlichsten merken das aber nicht die Fernsehzuschauer, sondern das Publikum im Studio. Als alter Fan der Sendung, der ebendiese mit maximalem Aufwand Mitte der 1990er Jahre beim Schul-Weihnachtsball aufführte und voller Stolz als "Nachwuchs-Harry" die Lehrer um fantastisch-absurde Preise spielen ließ, konnte ich mir dieses Comeback mit Gameshow-Urgestein Harry Wijnvoord einfach nicht live im Studio entgehen lassen.

Vorgewarnt durch zwischenzeitliche Erfahrungen im Medienbetrieb vor dem Mikro und hinter der Kamera befürchtete ich das Schlimmste. Und es traf ein. Und dabei bewundere ich Chef-Warm-Upper Christian Oberfuchshuber, wie er es schafft, nicht selbst durchzudrehen, während er vier Stunden lang immer wieder das Publikum zum Applaudieren und Jubeln animieren muss. Er macht das wunderbar, ist witzig und ganz klar Deutschlands bester Mann in dieser Position, aber dass er sich nach spätestens zwei Stunden dabei nicht mehr wohlfühlt, kann selbst der Vollprofi in ihm nicht mehr komplett hinter Ironie verbergen.

Announcer Thorsten Schorn (l.) mit Moderator Harry Wijnvoord
Announcer Thorsten Schorn (l.) mit Moderator Harry Wijnvoord RTL/Stefan Gregorowius

Wenn die Aufzeichnungsdauer einer Fernsehshow deutlich mehr als doppelt so lang ist wie das schließlich gesendete Material, dann ist das obszön. Es zeigt, dass RTL jegliche Scham verloren hat. Für die Zeit (man muss dank vorherigem Schlangestehen zum Check-in insgesamt mindestens sechs Stunden investieren) und Arbeit müsste RTL eigentlich ganz selbstverständlich jedem der rund 250 Publikumsgäste das übliche Komparsengehalt zahlen, anstatt 35 Euro für die Eintrittskarte zu verlangen. In den USA sind die Tickets übrigens gratis.

Man verstehe mich nicht falsch: es geht nicht um das übliche Warm-Up, ein paar Applaus-Aufzeichnungen für Zwischenschnitte und das Üben des korrekten Anfeuerns. Gerade bei "Der Preis ist heiß" ist der überbordende Jubel ein wichtiger Teil des Konzepts. Es geht um die Übertreibung der Übertreibung. Das Ausnutzen des guten Willens. Es geht um Schmerzen an Händen und Gesäß, um unzählige Umbaupausen (von denen jedoch keine einzige dafür ausreicht, um zur Toilette zu gehen), um rund ein Dutzend anzuklatschende Übergänge in die und aus den Werbe-Breaks. Es geht aber auch um die Diskrepanz zwischen ehrlichem Wohlwollen dem Moderator und den Kandidaten gegenüber und schwer zu unterdrückender Verachtung, wenn nach drei Stunden zwischendurch auch noch für einen Social-Media-Werbeclip gefühlte zehn Minuten lang stehend im Takt zu Wolfgang Petrys "Wahnsinn" geklatscht und echt wirkende Ausgelassenheit in der Studio-"Hölle-Hölle-Hölle!" geheuchelt werden musste. Immerhin gab's nach zwei Stunden Aufzeichnung für jeden ein 0,5-Liter-Tetra-Pak-Wasser, wahlweise zum Trinken oder zum Kühlen der Schwielen an den Händen. Und nachdem dann noch der Boden frisch poliert wurde, erklang erneut der schon oft gehörte Spruch aus dem Off: Und wir starten wieder rein mit 'nem fetten Applaus!

Das Publikum im Studio brauchte Durchhaltevermögen
Das Publikum im Studio brauchte Durchhaltevermögen RTL/Stefan Gregorowius

Um mich zu vergewissern, dass meine Ansichten nicht zu übertrieben sind, telefonierte ich mit Michael Bentele, der von 1989 bis 1997 bei mehr als 1.800 Folgen von "Der Preis ist heiß" Regie führte. Er erklärte mir, dass man damals pro Tag vier halbstündige Folgen aufzeichnete, meist an vier, manchmal auch an fünf Tagen pro Woche, und das über zwei oder drei Wochen hinweg. Danach war jeweils ein paar Wochen Pause, und dann ging's weiter. Die Show lief zu jener Zeit ja an jedem Werktag. An jedem Aufzeichnungstag wurde das Publikum jeweils nach den ersten beiden Shows ausgetauscht, man saß also maximal etwa 90 Minuten im Studio. Die Shows wurden später zeitversetzt ausgestrahlt, sodass nicht auffiel, dass zweimal das gleiche Publikum anwesend war. Außerdem wurden den Gästen bei der zweiten Aufzeichnung auch andere Sitzplätze zugewiesen.

Regisseur Michael Bentele
Regisseur Michael Bentele Privat/Carsten Kattau

Bentele betonte, dass er damals nur wenige Schnitte benötigte, und während auf der einen Seite der Bühne Preise geraten wurden, baute man auf der anderen Seite schon das nächste Spiel auf, sodass es immer flott weitergehen konnte und die Aufzeichnung vielleicht eine Viertelstunde länger war als die fertige 25-minütige Sendung (ohne die Werbeblöcke). Ihm war es damals wichtig, dass die Kandidaten und das Publikum mit tatsächlicher Begeisterung Spaß an der Show hatten und man sie nicht warten ließ. Das senkt die Stimmung, das ist nicht gut. Man möchte ja diese super Stimmung, die diese Sendung auch ausmacht, nicht verlieren, so Bentele. Das habe er auch bei  "The Price Is Right"-Legende Bob Barker in Los Angeles beobachtet, auch dort mache man keine langen Pausen, man ziehe die Aufzeichnung so gut wie möglich am Stück durch, auch um die Moderationen im Fluss zu halten.

In den Münchner Bavaria Studios und später in Köln habe man in der Regel pro Folge nur zwei kurze Umbaupausen benötigt, und zwar vor dem "Rad" und vor dem "Superpreis". Es wurde immer Wert darauf gelegt, möglichst zügig durchzukommen. Das Ziel sei damals gewesen, dank nur ganz weniger Korrekturschnitte am Ende der Woche 16 Sendungen zu haben, die zu 95 Prozent fertig sind. Alles weitere sei "Kosmetik" gewesen.

Teamfoto zur 500. Folge von "Der Preis ist heiß" in München
Teamfoto zur 500. Folge von "Der Preis ist heiß" in München Privat

Bentele zufolge müsse man für eine 90-minütige Folge schon mit bis zu zweieinhalb Stunden Produktionszeit rechnen. Vier Stunden seien "schon bitter". Aber das werde schon seine Gründe haben. Es sei schwer, von außen die Umstände zu beurteilen, die zu dieser langen Produktionszeit führen und es stehe ihm auch nicht zu, die harte Arbeit der Kollegen zu kritisieren, aber er hätte aus seiner Erfahrung heraus sicher versucht, bestimmte Abläufe zu optimieren und zu straffen. Das sei ja auch eine der Aufgaben der Regie. Außerdem könne die Produktion auch kein Interesse daran haben, dass es sich so lang hinzieht, weil das ja auch wiederum mehr Geld koste. Und die Kritik an der überbordenden Länge der fertigen Sendung habe er vor mir auch schon von anderen Menschen gehört. Noch eine Spielrunde, nochmal das gleiche Rad...

Wichtig sei ihm außerdem immer gewesen, dass man auch zu Hause mitspielen könne. Das heißt, die Kameraauflösung müsse stimmen, das Publikum zu Hause müsse immer die Infos sehen, die die Kandidaten im Studio haben. Während die Kandidaten erstmal ALLES auf einmal sehen, kann die Kamera gezielt den Fokus legen. Das sei bei der jetzigen Produktion okay, während man bei der ersten Neuauflage mit Wolfgang Kons in dieser Hinsicht viel verschenkt hätte.

"Der Preis ist heiß" in den 90ern
"Der Preis ist heiß" in den 90ern RTL/Screenshot

Wir sind uns beide darüber einig, dass die Einbindung der ursprünglichen Assistentinnen aus den 90er Jahren eine gute Idee war und dass Walter Freiwalds Nachfolger Thorsten Schorn seinen Job als Sidekick und Sprecher ganz gut macht, auch wenn es natürlich nicht an die besondere Chemie zwischen Walter und Harry herankommt.

Bentele, der unter anderem ebenso hunderte Folgen  "Familien-Duell",  "Herzblatt",  "Kochduell",  "Geh aufs Ganze!" und  "Die Harald Schmidt Show" im Lebenslauf stehen hat, hatte sich auch für die Regie der aktuellen Neuauflage von "Der Preis ist heiß" beworben. Aber trotz seiner Erfahrung mit mehr als 1.800 Folgen der Sendung und deren Moderator Harry Wijnvoord hat man eine andere Wahl getroffen. Dazu wies er mich auf den Treppenwitz hin, dass zur Ausstrahlungszeit am Mittwochabend um 20:15 Uhr kurioserweise im ZDF gleichzeitig die Live-Sendung  "Aktenzeichen XY... Ungelöst" laufe, bei der er Regie führe. Hätte er den Job bei der UFA bekommen, wäre er gegen sich selbst angetreten. Dennoch freue er sich, dass es dieser Show-Klassiker wieder ins deutsche Fernsehen geschafft hat.

Der Autor dieses Artikels mit einem RTL-Clubmagazin aus dem Jahr 1994
Der Autor dieses Artikels mit einem RTL-Clubmagazin aus dem Jahr 1994 Privat

Und auch ich freue mich trotz allem, einen spielfreudigen und absolut souveränen Harry Wijnvoord erlebt zu haben, dem "Der Preis ist heiß" in Fleisch und Blut übergegangen ist. Zwar spricht er nur noch halb so schnell wie früher, dafür aber charmant und nahezu fehlerfrei. Da spürt man die Erfahrung, den Mutterwitz, die Liebe zur Show. Und ich gönne ihm diesen Triumph, den er nach langen Jahren des zähen Kampfes um die Wiederbelebung dieses Formats mit ihm auf der Bühne einfahren konnte.

Letzten Endes wird aber auch diese Sendung, wenn sich nichts radikal ändert, gegen die Wand gefahren. Und dafür mag ich nicht die Produktionsfirma beschuldigen, weil sie mit hoher Wahrscheinlichkeit nur die ihr gestellten Aufgaben zu den vorgegebenen zeitlichen und finanziellen Bedingungen zu erfüllen versucht. Dass es anders geht und das Format nach wie vor auch bei jungen Zielgruppen mit beeindruckenden Zuschauerzahlen funktioniert, zeigen die Amerikaner jeden Vormittag.

Michael Bentele (l.) mit dem legendären "The Price is Right"-Moderator Bob Barker (M.) und Sebastian Lentz (r.), damals Verantwortlicher bei RTL
Michael Bentele (l.) mit dem legendären "The Price is Right"-Moderator Bob Barker (M.) und Sebastian Lentz (r.), damals Verantwortlicher bei RTL Privat


 

Über den Autor

  • Mario Müller
Mario Müller, Jahrgang 1980, hat in seinem ersten Lebensjahrzehnt alles aufgesogen, was der Eiserne Vorhang per UKW nach Thüringen durchgelassen hat. „Wetten dass..?“, „Dalli Dalli“ und „Löwenzahn“ im ZDF genoss er ebenso wie „Verstehen Sie Spaß?“, „Donnerlippchen“, „Das A-Team“, „Remington Steele“ und die „Munsters“ (1988 noch mit Untertiteln) im Ersten oder „Monty Python's Flying Circus“ im vergrieselten Empfangsbild des über den Sender Hof ausgestrahlten Bayerischen Fernsehens. Nach dem Mauerfall durfte er noch die glorreiche Zeit von RTLplus mit „Alles nichts, oder?“ und „Der Preis ist heiß“ erleben, dem Ende des DDR-Fernsehens mit großartigen Sendungen wie „He Du!“, „Wennschon, dennschon“ und „ELF99“ nachtrauern und sich darüber freuen, dass das langlebigste Unterhaltungsformat Deutschlands, „Außenseiter - Spitzenreiter“, auch heute noch läuft. Auf ewig geprägt und geschädigt von Herbert Feuerstein, Harald Schmidt und David Letterman kann er das heutige Programmangebot oft nur noch mit Humor ertragen - und ist für jeden Qualitäts-Lichtblick dankbar. Der Kommunikations- und Geschichtswissenschaftler hat als Autor und Redakteur alle Medien durch und schreibt seit 2007 für TV Wunschliste.

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Leserkommentare

  • renes_welt schrieb am 22.06.2023, 09.31 Uhr:
    Toller Bericht, vor allem auch, dass hier der ehemalige Regisseur nochmal zu Wort kommen konnte. Ich war in den 90ern, auch bei den Aufzeichnungen von Der Preis ist heiß in München als Zuschauer vor Ort, war aber damals 1992 gerade erst 17, und war somit nicht bei den möglichen Kandidaten dabei. Auch in München bei den Aufzeichnungen von Ruck Zuck in den Arri TV Studios in der Türkenstraße war ich sowohl bei Werner Schulze Erdel als auch später bei Jochen Bendel. Zu dem neuen Der Preis ist heiß, würde ich auch gerne hin, und würde auch die lange Zeit vor Ort in Kauf nehmen, einzig und allein, wegen der Chance, ein Foto mit Harry zu ergattern. Naja und sollte ich ausgewählt werden, hätte ich natürlich auch nichts dagegen, als TV Junkie. Dann wäre es die dritte Show, in der ich als Kandidat dabei wäre. Ich glaube noch heftiger sind die Live Shows von "Denn sie wissen nicht was passiert" , denn dort verlässt man wohl das Studio weit nach Mitternacht. Bei einer Anreise von 2 Stunden mit dem Auto, würde ich auch nicht übernachten. Das steht auch noch auf meiner Wunschliste, einzig um einmal mein Idol Thomas Gottschalk, vielleicht für ein Selfie zu bekommen, und natürlich um den Showtitan mal live zu erleben.
  • Ich-bin-ich schrieb am 21.06.2023, 12.08 Uhr:
    Nein nein nein Christian ist bei Leibe nicht der beste für das warm up!!! René oder Marco sind tausendmal besser, Christian ist viel zu überdreht! Besonders wenn man als Zuschauer Komparse wie ich schon ü1000 Sendungen mitgemacht hat und eigentlich alle erlebt hat weiß man wie anstrengend er sein kann… aber immerhin kommt er trotzdem in die Top 5… und mit meiner Meinung bin ich nicht alleine sondern alle die öfters gehen sagen es so…