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TV-Kritik/Review: The Missing
(02.12.2014)
Im Vorspann stimmt die belgische Post-Rock-Band Amatorski ein süß-verschattetes Schlaflied an: "Oh, my love, we pray each day", heißt es da zu kaleidoskopartig flirrenden Bildern. "May you come home and be okay." Vielleicht ist es gerade das unwirklich Tröstende in der Stimme von Sängerin Inne Eysermans, das von Anfang an ein Unbehagen über die Szenerie dieser sehenswerten britischen Miniserie wirft: Unbeschadet, so viel scheint jetzt sicher, kommt niemand aus ihr heraus.
Der Gesang bringt das Wesentliche der Serie bereits auf den Punkt: Ein Kind ist verschwunden - wieder mal.
Die acht Folgen von "The Missing", allesamt geschrieben von Harry und Jack Williams und inszeniert von
Hier eine Skizze der Tatzeit und der wesentlichen Beteiligten: Im Sommer 2006, als in Deutschland die Fußball-WM tobt, macht die britische Familie Hughes Urlaub in Nordfrankreich. Im malerischen (aber fiktiven) Örtchen Chalons-du-Bois in der Nähe von Lille (gedreht wurde im belgischen Huy) versagt die Autobatterie. Weil die Reparatur dauern wird, steigt Familie Hughes im kleinen Hotel Eden ab. Abends geht Vater Tony (intensiv: James Nesbitt, bekannt als einer der "Hobbits") kurz mit dem fünfjährigen Söhnchen Oliver schwimmen, auf dem Weg zurück zum Hotel kauft er ihm an einer Getränkebude noch eine Limo, während sich die ganze Stadt vor den Kneipen-Fernsehern versammelt, um das Viertelfinale Frankreich-Brasilien zu verfolgen - das in der zweiten Halbzeit durch ein frenetisch gefeiertes Thierry-Henry-Tor entschieden wird. Nur kurz lässt Tony im allgemeinen Gedränge die Hand seines Sohnes los, dann ist Olly weg. Während die Franzosen ausgelassen ihre siegreichen Kicker feiern, sucht Tony panisch das Gelände ab - doch der Junge bleibt verschwunden. Mutter Emily (stark: Frances O'Connor aus Steven Spielbergs "A. I.") ist fassungslos. So schnell sich der Urlaub in einen Alptraum verwandelt, so mechanisch nimmt der Vermissten-Fall die üblichen organisatorischen Wege: Die lokalen Polizisten Ziane (Said Taghmaoui, "Hass") und Laurence (Émilie Dequenne, "Rosetta") leiten die Fahndung ein, der britische Interpol-Ermittler Mark Walsh (Jason Flemyng, "Bube Dame König Gras") trifft ein (samt seines ebenfalls fünfjährigen Sohns), und bald tritt auch die zentrale Ermittler-Figur dieses Krimidramas auf den Plan, der kurz vor der Pension stehende Kriminalbeamte Julien Baptiste, großartig gespielt vom ergrauten Kino-Haudegen Tchéky Karyo. Karyo war zwischen Europa und Hollywood jahrzehntelang als Schuft vom Dienst unterwegs (etwa im Jet-Li-Kracher "Kiss of the Dragon") - so gut wie hier hat man ihn aber noch nie gesehen. Ruhig, bedächtig, kompetent - so verwandelt Baptiste sich den Fall an, in den bald auch der stadtbekannte Pädophile Vincent Bourg (Titus de Voogdt) sowie der joviale britische Architekt Ian Garrett (großartig: Ken Stott, ein weiterer "Hobbit") verwickelt zu sein scheinen - und auch über Tony Hughes unbequeme Dinge ans Licht kommen. Schließlich schwebt, wie ein Gespenst, der eiskalte Journalist Malik Suri (Arsher Ali) durch die Serie: Aus Gründen, die anfangs nicht klar sind, hat er etwas gegen Ziane in der Hand, weshalb er den Polizisten um Infos erpresst.
Während sich die Erzählung in getragenem Tempo aus Jetztzeit und Vergangenheit Schritt für Schritt dem Wichtigsten - dem, was dazwischenliegt - annähert, schält "The Missing" schöne Charakterporträts aus den verschiedenen Figuren. Zu beobachten ist, wie das Misstrauen in private und berufliche Beziehungen kriecht, wie Schuldvorwürfe gedeihen, wie Opfer zu Tätern werden und umgekehrt. Es gibt verdächtig verdächtige Verdächtige (die natürlich nichts mit der Tat zu tun haben können) und Abgründe in den Ermittlerfiguren, klar gesetzte "cold openings" und klassische Cliffhanger am Ende jeder Episode, die sich mal 2006, mal 2014 zutragen. Der Radius der Ermittlungen erweitert sich dabei parallel zum Aufwand der eingesetzten Mittel. In Folge drei etwa wird mit einem ziemlich gruseligen "Blow up"-Zitat operiert, dem nächsten Toten folgt eine wirklich spektakulär gefilmte Autoverfolgungsjagd durch enge Gassen.
Auch wenn zur Halbzeit der Miniserie allmählich klar wird, welche Wege (und vor allem: Abwege) die Figuren auf beiden Zeitebenen noch beschreiten werden, tut das der leisen, aber effektiv steigenden Spannung keinen Abbruch. Shankland nutzt in seiner auf Atmosphäre setzenden, aber stets klaren Regie ausgiebig den eindrucksvollen Spielort, der zwischen pittoreskem Fluss, abweisenden Hochhäusern, grünen Wäldern und einer über der Stadt aufragenden Zitadelle ähnliche Wirkung entfaltet wie etwa das Klippen- und Wiesensetting von "Broadchurch". Zusammen mit dem mal melancholisch klimpernden, mal atonal fiependen Score von Dominik Scherrer und den hervorragenden Darstellern (die auch den pausenlosen Übersetzungsstress zwischen Französisch und Englisch jederzeit plausibel machen) ergibt das das fast makellose Beispiel einer idealtypisch stimmungsvollen Crime-Drama-Serie. Leider hat sie ein nicht zu vernachlässigendes Problem, das ihre fällige Ausnahmestellung wohl torpedieren wird: Die Story ist nicht neu. Und auch die Typen sind nicht neu. Neu wird vermutlich auch die Auflösung nicht sein - so es denn eine geben wird. Vielleicht taucht Olly ja doch noch auf, vielleicht bleibt das Rätsel einfach offen. Wahrscheinlicher aber: weder noch. Obwohl doch das Schlaflied des Vorspanns so provozierend provisorisch schließt: "For now, we wait for you to come home."
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Episoden der Serie.
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: BBC/Starz
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