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Country-Musik Hauptstadt als Bühne für Naturkatastrophen, Waschbrettbäuche und Südstaaten-Rivalitäten
Masters of Disaster: Captain Don Hart (Chris O'Donnell, l.) und sein Sohn Ryan (Michael Provost) löschen Feuer in Tennessee.
ABC
TV-Kritik/Review: "9-1-1: Nashville": Neben abstrusen Rettungsfällen gibt es hier auch Privatmelodramen zuhauf/ABC

Serien mit fitten, schönen Menschen, die anderen Menschen in Notsituationen zur Hilfe eilen, erfreuen sich ewiger Beliebtheit - besonders, wenn nebenher noch ein paar persönliche Probleme rund um Liebe, Lust und Eifersucht abgewickelt werden. Die Erfolgsproduktion  "9-1-1 Notruf L.A." zum Beispiel kultiviert dieses Konzept seit 2017: Das wöchentliche US-Procedural rund um sogenannte first responders (Cops, Sanitäter, Feuerwehrleute) startete soeben in seine 9. Staffel. Weil es längst Usus ist, funktionierende Network-Serien mit neuen Teams an andere Lokalitäten zu verpflanzen, gibt es nun, nach der unlängst eingestampften texanischen Version  "9-1-1: Lone Star", mit  "9-1-1: Nashville" schon das zweite Spin-off - mit Chris O'Donnell und Jessica Capshaw in den Hauptrollen. Die ersten beiden Episoden sind jetzt bei ABC gelaufen. Wir haben sie uns angesehen und konstatieren: Es wird stürmisch!

Das "9-1-1"-Franchise stammt aus der im Dauerbetrieb laufenden Hochglanzproduktionsfabrik von Ryan Murphy ( "Glee"), der mittlerweile sieben Staffeln von was-auch-immer pro Jahr fertigstellt und bei dem man froh sein kann, wenn er sich zwischendurch mal aufs Procedural-Handwerk beschränkt und nicht, wie derzeit in der dritten Staffel von  "Monster" zu besichtigen, dem Faszinosum von Serienkillern erliegt. Die "9-1-1"-Serien erarbeitet er zusammen mit seinen Stamm-Kollaborateuren Tim Minear und Rashad Raisani, der hier auch als Showrunner fungiert.

Nashville ist die Hauptstadt von Tennessee. Berühmt ist sie vor allem für eine Sache: Country-Musik. Für dieses musikalische Genre gibt es weltweit keine wichtigere Stadt, insofern war bereits davon auszugehen, dass es in dieser neuen 9-1-1-Variante keine geringe Rolle spielen würde, als noch nicht bekannt war, dass einer der größten zeitgenössischen Country-Stars mitspielt: LeAnn Rimes. Zu ihr gleich mehr.

Ein neuer Ort, ein neues Team, gleiches Konzept: Das ist ausgemachte Sache und ein von Konkurrenz-Serienuniversen wie  "CSI" oder  "Navy CIS" bestens erprobtes Vorgehen. Haben sich Murphy & Co. darüber hinaus noch etwas Außergewöhnliches überlegt? Offensichtlich nicht. Allerdings schmeißen sie von allem deutlich mehr in den Showtopf. Zunächst einmal gehen sie seifenopernmäßig in die Vollen: alte Lieben, verlorene Söhne, erbitterte Rival(inn)en, Scheidungsdramen, alles schon in den ersten Folgen.

Die alte und die neue Frau an Dons Seite: Dixie (LeAnn Rimes, mit Weinglas) und Blythe (Jessica Capshaw) geraten aneinander.
Die alte und die neue Frau an Dons Seite: Dixie (LeAnn Rimes, mit Weinglas) und Blythe (Jessica Capshaw) geraten aneinander. ABC

Außerdem: Mit "normalen" Notfällen gibt sich hier niemand mehr zufrieden. Die Original-"9-1-1"-Serie kümmerte sich in den ersten Staffeln noch um herkömmliche Brände, zu Beginn der neunten Staffel startet Angela Bassett nun erst einmal ins Weltall. Katzen aus Bäumen retten war gestern. Weil man nach acht Staffeln "9-1-1", fünf Staffeln "Lone Star" und der Konkurrenz von  "Chicago Fire" also nicht davon ausgehen kann, dass noch irgendwo ein Feuerwehrplot herumliegt, der in keiner Network-Serie vorkam, startet "Nashville" gleich auf dringlichstem Naturkatastrophenniveau. Und hört damit nicht auf.

So beginnt die Pilotfolge also - lokalpatriotisch - mit einem Open-Air-Konzert des aus Tennessee stammenden Country-Sängers Kane Brown. Die Veranstalter haben offenbar keinen Blick auf den Wetterbericht geworfen: Der herannahende Tornado überrascht sie. Bald schon kracht die Bühne zusammen, dann kommt erst einmal der Vorspann.

Das neue Team, mit dem wir es zu tun bekommen, ist in seinen Ausmaßen übersichtlich. Im Wesentlichen gruppiert es sich um ein Vater-Sohn-Duo. Captain Don Hart leitet die Feuerwache 113 mit jungenhafter Autorität, gespielt wird er von Chris O'Donnell, der in den Neunzigern mal kurz ein Kino-Star war (wegen  "Der Duft der Frauen" und  "Batman & Robin"), sich später aber mit dem regelmäßigen Honorar von  "Navy CIS: L.A." zufriedengab. Sein Sohn Ryan (Michael Provost,  "Insatiable") ist zugleich sein Lieutenant auf der Wache, der zweithöchste im Rang. Nebenher betätigen sich Vater und Sohn Hart als Rodeo-Cowboys. Mehr noch: Beim Rinderfang mit Lasso gelten sie als die Fähigsten der Stadt! Drunter geht es hier nicht.

Neben diesen beiden All-American-Firefightern gibt es noch Cammie (Kimberly Williams-Paisley aus  "Immer wieder Jim"), die als dispatcher die Notrufe entgegennimmt - und viele höchstpersönlich fernmündlich erledigt, Sanitäterin Roxie (Juani Feliz aus  "Harlem") und Feuerwehrfrau Taylor (Hailey Kilgore,  "Power Book III"), die nebenher gerne singt. Über Taylor und Roxie gibt es in den ersten beiden Episoden genau diese beiden Dinge zu erfahren: dass die eine gerne singt und die andere Sanitäterin ist. Den Rest ihrer begrenzten Screentime bestreiten sie damit, zwei Männer anzuschmachten.

Hier noch Stripper, bald schon Katastrophenhelfer: Blue Bennings (Hunter McVey) ist Captain Harts verlorener Sohn.
Hier noch Stripper, bald schon Katastrophenhelfer: Blue Bennings (Hunter McVey) ist Captain Harts verlorener Sohn. ABC

Der eine, das ist Ryan, der andere, das ist Blue. Blue Bennings (gespielt von Newcomer Hunter McVey, der mit seinem formidablen Waschbrettbauch das oberste Casting-Kriterium Ryan Murphys idealstmöglich erfüllt) ist Don Harts inoffizieller zweiter Sohn - was man verraten darf, weil es in der ersten Folge direkt geklärt wird. Während einer kurzen, einvernehmlichen Trennung von seiner Frau Blythe hatte sich Don vor gut zwei Dekaden bei seiner Ex Dixie getröstet (es versteht sich von selbst, dass die Drehbuch-KI für diese in den Südstaaten spielende Serie Frauennamen wie Roxie und Dixie vorsieht!). Der aus dieser Zwischenaffäre entsprungene Sohn wuchs bei Dixie auf und hatte mit Don nie etwas zu tun. Der wusste zwar davon, hatte seinen "offiziellen" Sohn Ryan später aber nie eingeweiht.

Das sich um vernachlässigenswerte Dinge wie Plausibilität oder Logik nicht im Ansatz scherende Drehbuch will es nun, dass Blue, der sein Geld als Stripper verdient, im Feuerwehrmannskostüm (!) bei einem Notfall vorbeikommt, zu dem auch das 113-Team gerufen wird: Die Teilnehmerinnen eines Junggesellinnenabschieds - inklusive der Braut - sind mit ihrem Bierbike umgekippt und haben sich böse die Beine zerlegt. Zum Glück kann Blue seine Uniform fachmännisch als Aderpresse nutzen. Als Captain Hart eintrifft, erkennt er in dem halbnackten Adonis-Retter nicht nur seinen verlorenen Sohn wieder, sondern auch einen fälligen Zugang für sein Team - als Azubi! Ryan ist erst schockiert, dann herausgefordert: Der schamloseste Drehbuchzufall will es, dass von nun an in der Feuerwehrstation 113 eine Halbbruder-Eifersuchtsseifenoper aufgeführt werden muss.

Was noch fehlt, ist ein Zweikampf blonder Südstaaten-Ladies! Die bereits erwähnte Blythe, Dons Frau und Ryans Mutter, wird gespielt von  "Grey's Anatomy"-Veteranin Jessica Capshaw. Inszeniert wird sie als Familienmatriarchin mit eigenem Gestüt und knalligen Repliken aufs Gejammer von Mann und Sohn. Dixie hingegen, Blues Mutter, wird als gescheiterte Sängerin mit Rachegelüsten gespielt von LeAnn Rimes - die in jeder ihrer Szenen ein Weinglas in der Hand halten muss. Natürlich ist es lustig, dass Dixie ihren Sohn "Blue" getauft hat, wo doch Rimes' erster großer Hit so hieß. Ebenso lustig ist es, dass Dixie darüber klagt, von den Granden des Musikgeschäfts böse ausgenutzt worden zu sein. Noch lustiger ist es, wenn sie dann im Studio, aufgrund einer schweren Polypenerkrankung, kläglich ins Mikro kräht - insgesamt spielt Rimes, von keiner Regie gemäßigt, die White-Trash-Version dessen, was aus ihr selbst vielleicht hätte werden können, wenn sie als Teenager falsch abgebogen wäre. Eine erste intensive Szene mit Dixie und Blythe in der zweiten Episode weist jedenfalls auch auf der Mütter-Ebene ein beträchtliches Soap-Potenzial für den weiteren Verlauf der Serie auf. Gewiss, Soap-Elemente haben/hatten auch die beiden anderen "9-1-1"-Serien schon reichlich. Nie aber standen sie so sehr im Mittelpunkt wie in "Nashville". Ob's am Klima liegt?

Singt gern und wird vom Drehbuch vernachlässigt: Taylor (Hailey Kilgore) gehört zum Team der Feuerwache 113.
Singt gern und wird vom Drehbuch vernachlässigt: Taylor (Hailey Kilgore) gehört zum Team der Feuerwache 113. ABC

Apropos: Der Sturm geht weiter. In den ersten beiden Episoden ranken sich die Fälle ausschließlich um die meteorologische Ausnahmesituation. Wie immer in derartigen Procedurals gibt es einen Hauptfall und ein oder zwei Nebenfälle. Kurios sind sie hier alle: Da taucht plötzlich Shakira Barrera ( "Ironheart") als Tante bei einem Kindergeburtstag im Park auf, wo ihre Nichte von einem Luftballon in den Himmel gerissen wird! Oder: Eine Jugendliche muss ihrer schwangeren Mutter in einem Notfallbunker bei der Geburt assistieren und das Baby aus der Fruchtblase befreien! Oder: Ein Mr.-Bean-artiger Typ (wie in einem Sketch gespielt vom  "Rules of Engagement"-Comedian Adhir Kalyan) kurvt mit dem Segway durch Nashville und wird von einer Windböe auf einen Wasserturm geweht, wo er im ärgsten Blitzgewitter vom 113-Team losgeschweißt werden muss. Und beim kollabierten Kane-Brown-Konzert muss ja auch noch ausgeholfen werden.

Das klingt alles trashig - und möglicherweise ist es auch so gemeint. Der permanente Zusammenprall zwischen den heillos übertriebenen, over-the-top inszenierten Katastrophenszenarien und den groschenheftartigen Privatmelodramen der Figuren (Ryan hat auch noch Trouble mit seiner Frau, gespielt von MacKenzie Porter aus  "Travelers") sorgt für einen so chaotischen Tonfall der Serie, dass das alles fast kalkuliert wirkt. Ernstzunehmen ist hier jedenfalls gar nichts. Ein großer Teil des üblichen Procedural-Publikums dürfte deswegen schnell abwinken, andere Publikumsgruppen hingegen könnten das Gezeigte, wenn sie denn wollen, als subversiv interpretieren.

Ist "9-1-1 Nashville" etwa die Parodie einer herkömmlichen Katastrophenretterserie? Ist das Ignorieren des Wetterberichts im Veranstaltungsleben von Nashville gar ein spöttischer Hinweis auf Bill Lee, den republikanischen Gouverneur von Tennessee, der im vergangenen Jahr, als Tornados und Überschwemmungen seinen Staat heimsuchten, anstatt den Notstand auszurufen, lieber "Beten und Fasten" empfahl?

Nicht verhehlen können wir aber, dass diese zwei ersten Folgen, in ihrem campig-soapigen Zusammenschmeißen attraktiver Menschen in beknackten Action-Nummern, durchaus Freude zu bereiten verstehen. Ziemlich spannend sind die mit effektiven Cliffhangern abschließenden Episoden überraschenderweise auch: Die Murphy-Maschine schnurrt routiniert ab. Schon die zweite Episode endet übrigens sehr existenziell, man muss um eine Hauptfigur bangen. Die Autoren stopfen also gleich das Maximum in den Serienanfang, fast so, als wäre ihnen klar, dass diesem Spin-off nicht allzu viele Folgestaffeln beschieden sein dürften.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der bisher erschienenen ersten beiden Episoden von "9-1-1: Nashville".

Meine Wertung: 3.5/5

Die Serie "9-1-1: Nashville" wird seit dem 9. Oktober in den USA bei ABC ausgestrahlt. Wo und wann die Serie in Deutschland starten wird, ist bislang nicht bestätigt.



 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kom­mu­ni­ka­tions­wis­sen­schaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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Leserkommentare

  • Torsten S schrieb am 19.10.2025, 10.04 Uhr:
    Ich kann nur sagen, dass ich nach der Sichtung der ersten Folge (in englischen Originalton) mir die Lust vergangen ist. Ich habe die Mutterserie gemocht, die für mich aber, mit Ende der achten Staffel, nun aber endgültig endet. Mit Lone Star wurde ich nie richtig warm. Mittlerweile wurde die Serie tatsächlich eher zu einer Art Seifenoper. Es geht nur noch um die sexuellen Ausrichtungen, ihre Beziehungsprobleme, den Alttag zu bewältigen und die Einsätze, wie oben erwähnt, immer Unglaubwürdiger. Da hält sich die andere Serie Chicago Fire noch zurück. 
    Wenn es in Kinofilmen wie z. B. die Fast and the Furious- oder John Wick-Franchise immer und immer Übertriebener, Unglaubwürdiger wird, dass man nur noch den kopfschütteln kann, macht es keinen Spaß mehr. Und so ist es auch bei dieser Serie. Was bei The Rookie immer noch leicht auf den Boden gehalten wird, ufert hier nun so aus, dass ich garnicht wissen will, wohin das alles noch gehen soll. Schon Schade.