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TV-Kritik/Review: "Twin Peaks": Kultserie in Fortsetzung düsterer und surrealistischer denn je

(23.05.2017)

Die neuen Folgen finden den perfekten Mittelweg zwischen Alt und Neu
Es war der wahrscheinlich gemeinste Cliffhanger der TV-Seriengeschichte, ein Abschied ins Nichts: In der letzten Episode der zweiten Staffel von
ABC hatte die bahnbrechende Serie, die mit ihrer horizontalen Erzählweise den späteren Qualitätsserienboom vorwegnahm, gecancelt. Die Quoten waren eingebrochen, nachdem in der Serie (auf Druck des Senders) vorzeitig bekanntgegeben werden musste, wer der Mörder war - ganz so, als sei es in "Twin Peaks" um den Whodunit-Aspekt gegangen und nicht um die schrägen Charaktere, ums postmoderne Spiel mit den Genres und um die Mystery als Zeichensystem, das vor allem auf sich selbst verwies. Was folgte, war ein Kinofilm, der von der Kritik verrissen und vom Publikum gemieden wurde: Es ging darin um die Vorgeschichte des Mordes an Laura Palmer, der Highschool-Promqueen, die zu Beginn der Serie tot aufgefunden wurde und die Katastrophe in dem nordwest-amerikanischen Städtchen Twin Peaks ins Rollen brachte.
Doch der Film war nicht nur Prequel, sondern auch Sequel und Parallelentwurf. Lynch erprobte darin die potenziell unendliche Möbiusschleifenstruktur, die später auch seine Filme "Lost Highway" und "Inland Empire" prägen sollte, und es verwundert kaum, dass Mike, der Einarmige aus der Serie, nun in der neuen Staffel wieder auftaucht und Sätze sagt wie: "Ist dies die Zukunft oder die Vergangenheit?" Man weiß es ja nicht.
Fans der Serie und Lynchologen aller Intensitätsstufen hatten es immer gehofft, und doch nie wirklich daran geglaubt - dass Lynch und Frost tatsächlich noch eine Fortsetzung zustande bringen würden. Als diese dann im Oktober 2014 angekündigt wurde, glaubte man zuerst an einen Scherz. Doch nun ist es wahr geworden: Für den Pay-TV-Sender Showtime sind ein Vierteljahrhundert nach den ersten Staffeln gleich 18 neue Episoden entstanden. Die meisten der damaligen Darsteller sind wieder mit an Bord, fast 200 neue kommen angeblich hinzu. Seit Anfang des letzten Jahres die Besetzungsliste ohne Rollennamen veröffentlicht wurde, lief die Spekulationsmaschine heiß: Ist Agent Cooper jetzt böse? Werden wir Diane kennenlernen, die bislang unbekannte Adressatin seiner Diktafon-Notizen? Welche Parts könnten Stars wie James "Jim" Belushi, Monica Bellucci, Amanda Seyfried, Tim Roth übernehmen oder die Musiker Eddie Vedder, Trent Reznor, Sharon Van Etten? Schauen die Darsteller von damals nur in kurzen Cameos vorbei, um nostalgischen Fanservice zu leisten?
Jetzt, da die ersten vier Folgen bei Showtime vorliegen, gibt es erste (aber längst noch nicht alle) Antworten: Nostalgie zum Beispiel ist Lynch/Frosts Sache nicht. Die neue Staffel spielt zwar noch im Holzfällerkaff Twin Peaks, aber auch an anderen Schauplätzen: im Städtchen Buckhorn in South Dakota, in New York und Las Vegas. Von Anfang an drängt die neue Staffel auf eine Erweiterung des narrativen Rahmens, obgleich die neuen Erzählstränge allesamt mit der Mythologie der alten Folgen zu tun haben dürften. Die neuen Episoden knüpfen direkt an die alten an, zugleich ändern sie die Perspektive. Erstaunlicherweise funktioniert das blendend, oder, andersherum gedacht: Wahrscheinlich hat es nur so klappen können. Ein bloßes Nachspielen der alten Kleinstadtschrullen mit in die Jahre gekommenem Personal (die Jungen von einst sind jetzt mindestens Mitte vierzig) im unveränderten Fifties-trifft-Eighties-Look wäre sehr wahrscheinlich nach hinten losgegangen. Nein, Lynch und Frost hatten anderes im Sinn: Sie verpflanzen den Geist der Serie in ein ganz und gar heutiges Geschehen. Das Resultat ist weniger behaglich als früher, behält aber das "Twin Peaks"-Gefühl jederzeit bei. Es ist ein beglückend perfekter Mix aus Altem und Neuem geworden.

Ein Beispiel: In einem unheimlichen New Yorker Hochaus steht eine seltsame Glasbox, die aussieht wie die Kästen auf Francis-Bacon-Gemälden und als Relaisstation dient für - was auch immer. Nichts Nettes jedenfalls. Als zeichenhaftes Gefäß steht sie, von Kameras beäugt, symptomatisch für das, worum es in "Twin Peaks" immer schon ging: ums Rätseln um des Rätselns willen. Anderes Beispiel: Laura Palmer (Sheryl Lee) flüstert dem in der Lodge gefangenen Cooper das Wort "Flüstern" ins Ohr. Einen schöneren Weg gibt es kaum, um vorzuführen, dass es in dieser Serie weniger um das "Was" als Plot-Inhalt denn um das "Wie" geht, um all das, was Töne, Gesten, Wörter und Bewegungen im Betrachter zum Klingen (oder auch Klirren) bringen.
In South Dakota wird der freundliche Schulleiter William Hastings verhaftet, unter dringendem Verdacht, die Bibliothekarin umgebracht zu haben, mit der er ein Verhältnis hatte. Das bekannte Twin-Peaks-Thema vom Ehrenmann mit Abgründen wird hier an einem neuen Ort auf die Agenda gesetzt, und Matthew Lillard (zuvor vor allem als "Scooby-Doo"- und "Scream"-Grimasseur ein Begriff) spielt Hastings atemberaubend intensiv - ganz so, als sei er immer schon ein Teil des Peaks-Kosmos gewesen. Auch sonst finden sich fast alle bekannten, beliebten und von Fans im Kult-Bingo abzuhakenden Elemente der Serie wieder: Kaffee, Kuchen, rote Ampeln, Eulen, Taschenlampen im Wald. Allerdings tauchen sie allesamt in leicht verschobenem Kontext auf. Das ist ungemein reizvoll - zumindest für aufgeschlossene Betrachter.
Lynch scheint sich bei Showtime tatsächlich völlige künstlerische Entscheidungsfreiheit erstritten zu haben, denn seine Exkurse in die Traumlogik sind noch ausufernder geworden und vor allem: noch radikaler. Die dritte Episode etwa geht fast als Experimentalfilm durch, mit einem visuellen und akustischen Störfeuer der verstörenden Art. Es ist ein Wahnsinnsereignis zwischen Ozean und Weltall, mit gesichtslosen Wesen und gespenstischen Auftritten. Kyle MacLachlan hatte jüngst in der Talkshow von Jimmy Fallon angekündigt, das neue "Twin Peaks" würde Sequenzen enthalten, die man so im Fernsehen noch nie gesehen habe. Wer sich das ansieht, wird staunend nicken müssen: Da hat er nicht übertrieben.
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