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TV-Kritik: "4 Blocks"
(15.03.2017)

Für 2017 ist von verschiedenen Seiten der Durchbruch der deutschen Fernsehserie prognostiziert worden, und während vor dem Start von
Denn Berlin als Krimi-Location ist eigentlich schon überetabliert, selbst die organisierte Kriminalität ist in Dominik Grafs
Für "4 Blocks", dessen Titel nicht von ungefähr so klingt wie der Titel eines Gangsta-Raps, hat das Autoren-Trio HaRiBo (Hanno Hackfort, Richard Kropf, Bob Konrad) nun über einen Zeitraum von drei Jahren hinweg in Neukölln recherchiert, mit Paten und Polizisten, mit Kleinganoven und Frauen gesprochen, um das Milieu möglichst von allen Seiten beleuchten zu können. Was sie hingegen nicht wollten: ein Dokudrama schreiben. Das merkt man. Inszeniert wurden die sechs Folgen von Marvin Kren, dem österreichischen Regisseur, der mit liebevollem Genre-Edeltrash wie "Rammbock" und "Blutgletscher" bekannt wurde und dafür mit der in der Branche üblichen Beförderung in die

Den Tony Soprano von der Sonnenallee spielt der Deutsch-Libanese Kida Khodr Ramadan, in Film und Fernsehen seit anderthalb Jahrzehnten oft der Araber vom Dienst (über seine Kino-Hauptrolle in "3 Türken & ein Baby" schweigen wir lieber). In "4 Blocks" gibt er, im schicken Anzug und mit stattlichem Salafistenbart, den Clanchef Ali "Toni" Hamadi, der sich zu Beginn aus dem operativen Geschäft mit Drogenhandel, Schutzgelderpressung und Prostitution zurückziehen möchte. Mit seiner Gattin Kalila (Maryam Zaree, die Pathologin aus dem Berlin-"Tatort") hat er eine Familie gegründet, er lebt in einer feschen Altbauwohnung und unterscheidet sich nur durch die Art seines Gewerbes vom ganz normalen deutschen Spießbürger - und durch seinen Aufenthaltsstatus. Seit 26 Jahren lebt er in Deutschland, bis zum deutschen Pass ist es jetzt nicht mehr lang, dann soll endlich Schluss sein mit dem Verbrechen, dann will er Unternehmer werden. Oder Politiker. Eine schöne Szene zeigt ihn ganz aufrichtig musterbürgerlich mit seiner Frau bei der Sachbearbeiterin im Amt. Es ist ein schöner Kontrast zu den Nachtclub- und Folterszenen, die es sonst so zu sehen gibt, es stellt den schnöden Familienalltag dem nur vermeintlich glamourösen Gangsterdasein gegenüber. Ganz wie die "Sopranos".
Obgleich Toni Hamadis Leben einem entsprechend versöhnlichen Handlungsstrang folgen müsste, ist der Abschied aus der Unterwelt für ihn nicht ganz so leicht wie erhofft. Im Gegenteil, aus allen Richtungen wird er torpediert. Sein Schwager Latif (gespielt vom Rapper Massiv) wird bei einer Razzia hochgenommen, der zuständige Polizist (schön verschlagen: Oliver "Er ist wieder da" Masucci) forciert die Ermittlungen. Tonis alter Kumpel Vince (Frederick Lau, seit "Victoria" als Berliner Authentizitätsgarant unverzichtbar) taucht wieder auf und sucht seine Nähe, ein rechtsextremer Rockertrupp aus dem Wedding will ihm das Revier streitig machen. Als deren Chef darf Ronald Zehrfeld ("Phoenix") mit anrasiertem Schädel beweisen, dass er auch fiese Schweine spielen kann. Von den üblichen Fernsehgesichtern ist noch Ludwig Trepte (
Libanesische Mafiaclans - an ihnen wollen rechtspopulistische Politiker den drohenden Untergang der deutschen Hauptstadt festmachen, zumindest aber ihre islamische Unterwanderung. In der Serie wird mit dieser Panikmache durchaus provokativ gespielt: Arabisch sei die Sprache von Berlin, heißt es einmal. Doch vor einer hagiografischen Rundumbejubelung dieser Typen hüten sich die Macher, obgleich der Macker-Fetisch der Protagonisten bisweilen eine Spur zu affirmativ als cool gefeiert wird. Weil aber neben der (für deutsche Produktionen im Entertainment-Sektor neuartigen) Innensicht des Clans auch die Perspektive der Polizei eine Rolle spielt und ein Spitzel den Männerbund infiltriert (in einer schnell erahnbaren Volte, die die Macher aus den chinesischen "Infernal Affairs"-Filmen bzw. aus dem auf ihnen basierendem Scorsese-Thriller "Departed" entliehen haben), wackelt der machohafte Babo-Sockel schon früh. Auch die famos besetzten Frauenparts erden die Jungsparade. Sie bilden eine Bandbreite unterschiedlicher Lebensweisen mit und ohne Kopftuch ab: Neben der erwähnten Maryam Zaree als moderner Bürgerin Kalila überzeugen Almila Bagriacik ("Mitten in Deutschland: NSU") als Latifs scheue Gattin Amara (Vince macht ihr verdächtig schöne Augen) und Karolina Lodyga, die als polnische Stripperin Ewa ihrem Gespielen Abbas wunderbar patzige Widerworte gibt.
Zugestanden, Stereotype und Klischees spielen definitiv eine Rolle in "4 Blocks", und nicht immer wird klar, ob diese bloß bedient werden oder ob Kren & Co. ihren gezielten Spaß mit ihnen treiben. Aber das ist natürlich so eine Sache - denn längst haben sich unter echten Gangstern und falschen Gangsta-Rappern Original und Kopie, Authentisches und Klischiertes hoffnungslos vermischt. Kultfilme wie "Scarface" oder die erwähnten Mafiafilme von Scorsese bis Coppola haben dazu geführt, dass echte Gangster fiktive Filmfiguren nachspielten und zum Vorbild nahmen, was wiederum auf fiktive Produktionen zurückprojiziert wurde. Für den Rap, besonders den migrantischen, gilt dasselbe: Fiktion und Realität imitieren sich da seit Jahrzehnten gegenseitig. Wo sich also jeder zweite Rapper so anhört, als würde er einen Kleinganoven imitieren, der wiederum Pacino imitiert, ist kaum mehr zu bestimmen, wo das bloße Klischee aufhört oder ein proaktiv vereinnahmtes Stereotyp beginnt. Es ist durchaus ein Verdienst der drei Autoren, der Regie und der Darsteller, dass all dies in "4 Blocks" in der Schwebe belassen wird. Für "You Are Wanted", die demnächst startende Hackerserie mit Matthias Schweighöfer, lässt das hoffen. Geschrieben wurde sie nämlich ebenfalls von HaRiBo.
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "4 Blocks", die im Rahmen der diesjährigen Berlinale uraufgeführt wurden.
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: TM & © Turner Entertainment Networks, Inc. A Time Warner Company. All Rights Reserved. / Foto: Hans Starck
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