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TV-Kritik/Review: Altes Geld
(16.07.2015)
Rolf Rauchensteiner (Udo Kier) ist reich - sehr reich. Wobei nie so richtig klar wird, womit er sein Geld eigentlich verdient (hat). Es ist scheinbar immer schon da gewesen. Rolf Rauchensteiner ist aber auch krank - todkrank. Diagnose: Hepatitis D, Prognose: vielleicht noch ein Jahr - wenn sich keine neue Leber für den steinalten Patriarchen findet. Da der naheliegende Bestechungsversuch beim zuständigen Beamten Tscheppe (Simon Schwarz) fehlschlägt, bleibt Rauchensteiner nur noch eines: einen skurrilen Wettbewerb unter seinen Kindern auszuschreiben; wer ihm eine Leber besorgt, wird Alleinerbe. Das wiederum will seine zweite Gattin Liane (Sunnyi Melles) verhindern, die eine Affäre mit Rolfs Leibarzt hat und das ganze Komplott überhaupt erst ins Rollen gebracht hat. Denn die Infektion war keinesfalls zufällig.
Der Patriarch hat drei Kinder, höchst unterschiedlich, aber doch in ihrer Dekadenz vereint: Der Älteste, Zeno (Nicholas Ofczarek, neulich als litauischer Mafiaboss in
Das mag alles schon reichlich abstrus klingen, dabei ist das gute Dutzend Nebenfiguren von
"Ein 'Dallas für Geistesgestörte", nennt das DVD-Label Hoanzl die Serie im Backcovertext. Man könnte auch sagen: ein "Dallas" von Geistesgestörten. Nicht nur inhaltlich hat Schalko das Spiel mit den Stereotypen, die lustvoll überzogen und ins Absurde gesteigert werden, auf die Spitze getrieben. Stilistisch dürfte sein Werk im deutschsprachigen Fernsehen absolut einzigartig sein: Viele Einstellungen erinnern eher an Gemälde. In grellen Farben und streng arrangierten Konstellationen stehen die Figuren da nebeneinander oder einander gegenüber, als posierten sie für einen Maler. Zu klassischer (manchmal auch nur klassisch anmutender) Musik schweigen oder monologisieren sie. Oder Udo Kier reißt zu "Absolute Beginners" von David Bowie in einer von Schalkos berüchtigten Parallelmontagen Blumen aus dem prächtigen Garten seines Anwesens und trägt sie im Mund zu seiner Gattin, woraufhin die Beiden wild mit den Armen schwingend herumtanzen.

Anders als der Serienvorgänger "Braunschlag" ist "Altes Geld" von einer großen Künstlichkeit geprägt, nicht nur in der Bildgestaltung, auch in den Dialogen. Diese klingen oft eher wie aus einer Aphorismensammlung als wie aus dem Alltag gegriffen. In ihrer trockenen Art entbehren sie zwar nicht einer gewissen Komik, meistens bleibt einem das Lachen aber eher im Hals stecken. Höchst unterschiedlich sind die schauspielerischen Leistungen ausgefallen: Während alle drei Kinder hervorragend besetzt sind (Rubey als süffisanter Melancholiker, der an seiner Herkunft verzweifelt und ihr doch nicht entkommen kann, Ofczarek als großes Kind mit naivem Blick auf die Welt und von Waldstätten als unterkühlte Femme Fatale zwischen Nymphomanie und Suizid), agiert das Elternpaar aus Melles und vor allem Kier dermaßen hölzern, dass man sich permanent fragen muss, ob das Absicht (Fassbinder-Hommage, Verfremdungseffekt?) oder Unvermögen ist.
Kier spricht seine Dialogzeilen mit dem unverkennbaren Kölschen Akzent einfach so weg, als höre er sie selbst gerade zum ersten Mal. In den Nebenrollen ist dann - mal wieder - die Creme de la Creme des österreichischen Schauspiels versammelt, von Palfrader und Maria Hofstätter (in einer kleinen Nebenrolle) bis zum "ewigen Bösen" Johannes Krisch als Kommander. Simon Schwarz variiert seine immer gleiche Rolle des jovialen Politikers/Beamten hier aber vielleicht einmal zu oft.
Eines muss man Schalko lassen: Er hat kein "Braunschlag 2" abgeliefert, keine Variation seines bislang größten Erfolgs. Und der ORF zeigt einmal mehr den Mut, eine Serie produzieren zu lassen, die im deutschen Fernsehen schlicht undenkbar wäre, hätte man dort schlicht viel zu viel Angst, Stammpublikum und Politik gleichermaßen vor den Kopf zu stoßen. Aber teilweise hat sich Schalko in seinem eigenen Anspruch dann doch arg übernommen. Richtig lustig ist "Altes Geld" leider überwiegend nicht, dafür insbesondere im Mittelteil manchmal sehr mühsam. Und die Satire läuft diesmal meist seltsam ins Leere. Waren deren Ziele in "Braunschlag" noch klar erkennbar, die Parallelen zur österreichischen Politik und Gesellschaft auch für Deutsche offensichtlich, ist sie diesmal so überzeichnet, dass gar nicht mehr klar wird, gegen wen sie sich eigentlich richten soll.So pflegt der Wiener Bürgermeister ? la "Lars und die Frauen" eine Beziehung zu einer Puppe, das jüdische Museum ist genauso korrupt wie alle anderen und ein kleiner grüner Beamter arbeitet gleich an der Weltverschwörung. Außerdem sind alle käuflich und alles ist mit allem verwoben - so what? Auch die Lust am Tabubruch wirkt diesmal eher wie ein Selbstzweck (Nazivater! KZ! Inzest! Burkaträgerinnen!). Sympathisch ist zudem so gut wie keine der zahlreichen Figuren, was einem das Interesse an der Handlung zusätzlich erschwert. Auch das war bei "Braunschlag" noch anders, wo sich hinter den egozentrischen Fassaden eben doch Menschen wie du und ich offenbarten.
Letztlich ist "Altes Geld" ein ebenso ambitioniertes wie im Ergebnis seltsam ambivalentes Werk, man könnte auch sagen: auf hohem Niveau gescheitert. Faszinierend ist es irgendwie trotzdem.
Dieser Text basiert auf Sichtung der kompletten Serie. Er erschien zuerst auf Fortsetzung.tv.
Marcus Kirzynowski
© Alle Bilder: Superfilm/ORF/Hoanzl
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