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Mit der Verpflichtung der Moderatorenlegende Davina McCall ist den Verantwortlichen ein besonderer Coup gelungen. McCall hat im britischen Fernsehen nicht nur alle  "Big Brother"-Staffeln präsentiert, sie moderiert zudem Shows wie  "Rette die Million!" und in Kürze auch  "The Biggest Loser". Es ist nicht selbstverständlich, wenn sich ein derart prominentes TV-Gesicht für eine grimmige Horrorfarce in eine so wenig vorteilhafte Cameo-Rolle begibt, zumal sich  "Dead Set" kritisch mit dem eigenen Format auseinander setzt. Vielleicht fand sie auch einfach nur Vergnügen an der Vorstellung, unter anderem den früheren "Big Brother"-Bewohner und späteren Moderationskollegen Eugene Kelly verspeisen zu dürfen. Dank McCall und weiterer bekannter Gesichter ist "Dead Set" nicht nur spannend, sondern auch sehr vergnüglich. Stilistisch könnte man den Fünfteiler irgendwo zwischen den ungleichen britischen Kino-Produktionen "28 Days Later" und "Shaun of the Dead" einordnen. Zwischen harter Genrekost und bissiger Mediensatire gelingt Charlie Brooker jedenfalls eine bemerkenswert gute Balance, die im Vorfeld eigentlich nur schwer vorstellbar war. Auch inszenatorisch ist "Dead Set", das auf dem Sender E4, einem Ableger des "Big Brother"-Kanals Channel 4, an fünf aufeinander folgenden Tagen ausgestrahlt worden ist, sehr gelungen. Und das trotz eines knappen Budgets. Seine Zombie-Statisten engagierte Brooker beispielsweise über seine Facebook-Seite. Ein großes Plus bei den Drehbüchern war es, dass sich Brooker als Autor und Medienjournalist sowohl bei "Big Brother" als auch im Zombiefilm-Genre exzellent auskennt und somit reichlich Zitate in seiner Serie unterbringen konnte. Seine "Big Brother"-Bewohner sind mehr oder weniger Parodien früherer Kandidaten, Handlungen und Dialoge im Haus sind bisweilen an Highlights vergangener Staffeln angelehnt. Ohne Kenntnisse des Originals ist "Dead Set" natürlich nur ein halbes Vergnügen, doch der Spaß ist immer noch groß genug, denn viele Bezüge lassen sich auch auf andere TV-Formate übertragen. Brooker karikiert dabei auch die Vorgänge hinter den Kulissen. Dort sitzen Mitarbeiter, die keinerlei Identifikation mit ihrem Job und dem TV-Format, für das sie arbeiten, zeigen. Es sind sozusagen Wanderarbeiter, die von Show zu Show ziehen. Gestern noch das "Dschungelcamp" und heute "Big Brother".

Im "Big Brother"-Haus haben die Bewohner unterdessen auch am Morgen nach dem Massaker noch nichts von den dramatischen Ereignissen mitbekommen. Zwar wundern sich die Insassen über ausbleibende Regie-Anweisungen, jedoch halten sie das für einen Test. Offenbar sollen die üblichen Streitigkeiten auch mal ohne das Eingreifen der "Big Brother"-Stimme geklärt werden. Die Freude ist groß, als sich plötzlich die Tür öffnet und Produktionsassistentin Kelly, auf der Flucht vor den Zombies, vor ihnen steht. Von den Kandidaten wird sie für eine neu eingezogene Bewohnerin gehalten, die offenbar besonders schräg drauf ist. So werden ihre Erzählungen über eine Zombie-Invasion erst einmal nicht für voll genommen. Nach dem ersten Hausbesuch eines Zombies ändert sich das schlagartig und bald darauf kämpft das verbliebene "Big Brother"-Team, darunter neben Kelly auch die später zur Gruppe stoßenden Patrick und Pippa, um das Überleben. Kellys Freund Riq ist inzwischen unterwegs zum "Big Brother"-Gelände, um seine Freundin zu retten. Im Fernsehen hat er gesehen, dass sie sich im Haus befindet, denn zumindest beim 24-Stunden-Kanal, der nun ohne Regisseur auskommen muss, hat noch niemand den Stecker gezogen. So ist "Big Brother", während die Gesellschaft gerade zugrunde geht, immer noch auf Sendung.

Den üblichen Genreregeln gemäß, steuert "Dead Set" nun die systematische Dezimierung der Überlebenden nach dem Abzählprinzip an. Durch fehlenden Zusammenhalt macht sich die Gruppe selbst das Leben schwer und bringt sich so immer wieder in Gefahr. Der skrupellose Patrick verfolgt eigene Pläne: Während die anderen sich im Haus verbarrikadieren und auf Hilfe von außerhalb warten wollen, will er mit einem Ausbruchsversuch in die Offensive gehen. Um weitere Bewohner auf seine Seite zu ziehen, macht er einfach das, was er zuvor in seinem Job als Produzent von "Big Brother" schon erfolgreich betrieben hat: Er manipuliert die Bewohner und spielt sie gegeneinander aus, um Streit zu erzeugen. In diesem kleinen Mikrokosmos sind die Menschen im Haus vor allem mit sich selbst beschäftigt, das Handeln bleibt von persönlichen Eitelkeiten geprägt. Der kleine Unterschied: Vor dem Haus steht nun keine tobende Menschenmenge mehr, die Köpfe rollen sehen will, sondern eine Zombie-Herde mit ähnlichen Absichten. Denn egal, ob mediale Hinrichtung oder unmittelbare Verfütterung: So oder so werden die Protagonisten am Ende dem Pöbel zum Fraß vorgeworfen, wobei die Absichten der Zombies im Grunde ehrlicher und weniger nachhaltig sind. Von der Realität ist das nicht mehr so weit entfernt, denn ein Publikum, das seinen Frust an den Protagonisten von Fernsehshows austoben kann, gehört mittlerweile zum Konzept erfolgreicher TV-Shows. Das "Big Brother"-Showprinzip bleibt zynischerweise auch in "Dead Set" erhalten, denn der letzte Überlebende wird automatisch zum Sieger von "Big Brother".

Die Container-Show steht dabei nur stellvertretend für eine "Brot und Spiele"-Mentalität, die Brooker, ein "Big Brother"-Fan mit schlechtem Gewissen, ohne moralischen Zeigefinger ad absurdum führt. Die Kandidaten mit Selbstdarstellungstrieb, aber auch das Fernsehpublikum, das in seiner Amüsierwut zunehmend respektloser mit den vorgeführten TV-Sternchen umgeht, sind kein reines "Big Brother"-Phänomen. In Deutschland, wo "Big Brother" viel kleiner ist als in anderen Ländern, wären wohl eher  "DSDS" oder  "Das Supertalent" die passende Kulisse für eine Serie wie "Dead Set". Einen Marco Schreyl, der Dieter Bohlen aufessen will, das möchte man gerne mal sehen. Doch für eine derart selbstreferenzielle Satire wäre das deutsche Fernsehen nicht nur zu humorlos, es fehlt auch an Selbstkritik. Letztlich würde zu stark am einzig verbliebenen Tabuthema gekratzt: Das Fernsehen spricht nie über sich selbst.

Meine Wertung: 4/5

 Infos, Sendezeiten, Links und Foren zu "Dead Set"


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