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von Ralf Döbele
Mad Men
AMC/Frank Ockenfels
TV-Kritik/Review: US-Serienpreview: "Mad Men"/AMC/Frank Ockenfels

Seit Anfang 2008 hört man bei den US-Preisverleihungen vor allem einen Namen unter den Gewinnern:  "Mad Men". Das Drama des früheren  "Soprano"-Autors Matthew Weiner hat sich sofort nach seinem Start auf dem amerikanischen Kabelsender AMC in die Herzen der Kritiker gespielt. Doch wie kann es sein, dass ein kleiner Sender wie der American Movie Channel, der bis dahin noch nie ein eigenes Serienformat produziert hatte, plötzlich eine Serie präsentiert, die so abräumt? Das Resümee fällt leicht: "Mad Men" ist qualitativ vielleicht die beste neue Drama-Serie seit dem Start von  "Six Feet Under" vor mittlerweile acht Jahren. Doch warum ist sie das?

Don Draper (Jon Hamm), gutaussehend, Mitte 30 und Creative Director bei einer Werbeagentur, hat ein Problem. Er sitzt in einer düsteren, extrem verrauchten Bar im Manhattan der 60er Jahre und kritzelt auf einer Serviette vor sich hin. Er braucht eine neue Idee und das schnell. Die Chefs der Zigarettenriesen Lucky Strike sind unzufrieden und wollen seiner Firma Sterling Cooper den Auftrag entziehen. Behauptungen, Zigaretten seien nicht gesundheitsgefährdend, ziehen leider nicht mehr, sind inzwischen durch die Behörden untersagt. Also muss ein neuer Aufhänger her. Die eigene Zigarette, an der er hängt, scheint ihm dabei nicht wirklich zu helfen, genau so wenig wie die Drinks, die er bereits intus hat.

Jon Hamm
Jon HammAMC

Am nächsten Morgen wacht Draper im Atelier seiner Geliebten auf, die ihn schnell aus dem Bett und zurück in die Arbeitswelt wirft: "Ich mache keine Pläne, und ich mache kein Frühstück." Als er dann schließlich im durchgestylten Hochhaus-Büro der Werbeagentur Sterling Cooper auf der Madison Avenue ankommt, erkundigt sich sein Chef Roger Sterling (John Slattery) erst einmal ob jemand vor kurzem ein paar Juden eingestellt hat. Die Firma könnte sie gebrauchen um den Auftrag des traditionsreichen jüdischen Kaufhauses Menken's an Land zu ziehen. Doch auch das bleibt erst mal an Don hängen.

Als dieser dann der neuen, jungen Kaufhaus-Chefin Rachel Menken (Maggie Siff) im Besprechungszimmer gegenüber sitzt, weiss er wirklich nicht, wie er einer Frau in einer solchen Position seine Ideen verkaufen soll - zumal sie seine Ansätze steinhart ablehnt. Coupons, wirklich? Sie möchte, dass ihr Kaufhaus in der Liga der Reichen und schönen spielt, die ja wohl nicht auf solche Vergütungen angewiesen sind. Anstatt auf sie einzugehen geht Don sofort in die Defensive. Rachel wiederum gibt sich enttäuscht, dass "Der Kunde hat immer recht" bei Sterling Cooper nicht zu gelten scheint. Don reagiert gereizt: "So redet eine Frau nicht mit mir" - und er marschiert von dannen. Aber nicht, ohne später von seinem Chef zum Gutwettermachen verdonnert zu werden.

Vincent Kartheiser
Vincent KartheiserAMC

"Wo kommen Sie her, sind Sie Amisch oder so?" Der 26-jährige Hotshot und Account Executive Pete Campbell (Vincent Kartheiser) hat ungefähr so viel Einfühlungsvermögen wie ein Schaufelbagger und ist vielleicht deshalb auch nicht gerade einer von Dons Lieblingsmitarbeitern. Dennoch spürt Don, dass die Jugend ihm auf den Fersen ist, mit Pete an erster Stelle. Der lässt sich nicht beirren, tritt allen so viel auf die Füße wie er muss um vorwärts zu kommen. Zu Hause ist er kleinlaut, gibt sich glücklich mit seiner Verlobten, deren reiche Eltern nicht unbedingt von ihm begeistert sind. Dabei wissen sie nicht einmal, dass Campbell bei seinem Junggesellenabschied sich kräftig bei den anwesenden Mädels bedient und später von der neuen Sekretärin Peggy Olson (Elisabeth Moss) noch mehr will.

Willkommen in den 60ern: Die meisten von uns würden da wohl zu aller erst an Flower Power, Hippies, freie Liebe, weltweite Anti-Kriegs-Proteste oder die Mondlandung denken. Doch die Erinnerung macht sich ja meist am Positiven fest und verklärt die einstige Realität. "Mad Men" spielt zunächst im Mai 1960 - alle aufgezählten zeitgeschichtlichen Legenden sind noch in weiter Ferne. Stattdessen wird der Zuschauer in eine Welt entführt, die ihm trotz der Buntheit des eigentlich einladenden Ambientes doch zunächst sehr fremd erscheint. Das Büro von Sterling Cooper ist stark verraucht und bevölkert von Chauvinisten, wobei es diesen Begriff in seiner heutigen Bedeutung damals noch gar nicht gab - ebenso wenig wie die rechtlichen Möglichkeiten sich gegen sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz zu wehren.

Maggie Siff
Maggie SiffAMC

So erschreckt und beeindruckt das Verhalten von Don Draper, Pete Campbell oder Roger Sterling sofort durch seine absolute Normalität. Die Männer sind am Drücker, das ist normal und bewährt. Es geht nicht einmal darum, dass Veränderungen nicht erwünscht sind - sie sind schlicht nicht vorstellbar. So muss sich Peggy Olson erst einmal die Kommentare ihrer zukünftigen Kollegen im engen Fahrstuhl über sich ergehen lassen und bekommt von der aufreizenden und dominierenden Chefsekretärin Joan Holloway (Christina Hendricks) den Rat mit auf den Weg bekommt: Wenn du deine Karten richtig ausspielst musst du gar nicht mehr arbeiten gehen. Dann bist du draussen auf dem Land in ?nem schönen Haus. Doch bis dahin soll sie als Don Drapers Sekretärin dem Traum aller arbeiteten Männer gerecht werden: "Meistens suchen die eine Mischung zwischen Mutter und Kellnerin. Und während der restlichen Zeit... na ja."

Eine der vielleicht beklemmendsten Szenen des Pilotfilms ist Peggys Besuch bei einem Frauenarzt, von Sterling Cooper zum Antritt ihrer Stelle verordnet. Bei der Frage nach Verhütungsmitteln, wird sie erst mal einem improvisierten Vortrag des Arztes ausgesetzt, dessen Moral ist: leichte Mädchen finden keine Männer. Dabei hantiert der Doc bereits freudig zwischen ihren Beinen. "Ich bin sicher, dass Sie nicht diese Art von Mädchen sind."

Mad (Wo-)Men
Mad (Wo-)MenAMC

Die ganze Zeit spürt der Zuschauer, dass Peggy mehr will. Sie möchte die Karriere, ihre Freiheit und so viele New Yorker Abenteuer - in welcher Form auch immer. Vielleicht hat sie sich das noch nicht einmal selbst eingestanden. Trotzdem nimmt sie Pete später mit in ihr Bett. Sie weiss genau, dass er bald heiraten wird und es ist ihr egal. Die stillen Wasser der vermeintlichen grauen Maus sind hier wirklich tief - auch dank der schauspielerischen Leistung von Elisabeth Moss, die bereits als Tochter von John Bartlett (Martin Sheen) in  "The West Wing" überzeugte.

Auch ansonsten ist die Besetzung herausragend: Es ist auf jeden Fall Jon Hamms Charme und Eleganz zu verdanken, dass Don Draper zwischen den anderen Büro-Machos herausragt und den Zuschauer gleich auf seiner Seite hat. Er verleiht seiner Figur Hauptdarsteller-Qualitäten, die auch in einen alten Hollywood-Film passen würden. Vincent Kartheiser ist als Pete Campbell ebenso unausstehlich wie interessant. Irgendwas steckt doch hinter seiner Fassade - so wie bei allen Figuren der Serie.

Der im Pilotfilm geschürten Erwartung, an eben jenen Fassaden der Hauptfiguren zu kratzen und langsam dahinter zu blicken, wird "Mad Men" im Verlauf der ersten Staffel auf brillante Weise gerecht. Der Erzählstil ist dabei sehr langsam, aber eben nicht zu langsam. Wenn man sich erst mal in der verrauchten und dennoch warmen und bunten Welt von Sterling Cooper zurecht gefunden hat, wird das Fortschreiten der Handlung zum wahren Genuss. Dabei gibt es noch mehr Nebenfiguren, die zunächst wie Statisten erscheinen, aber schnell mehr an Farbe gewinnen: Ken (Aaron Staton), blonder Sunnyboy, der eigentlich lieber vom Schreiben seiner Geschichten leben würde. Dick (Michael Gladis), der bald einziger Verantwortlicher des nicht als wichtig empfundenen Fernseh-Departments bei Sterling Cooper wird. Oder Salvatore (Bryan Batt), für den die Vorstellung sich als etwas anderes auszugeben, als das, was man wirklich ist, einfach nur absurd ist. Dennoch präsentiert er Don als Idee für eine neue Kampagne einen muskulösen Schönling, der sich in einer Hängematte räkelt. Auf die Frage nach einer Freundin antwortet er schlicht: "Nein. Ich bin Italiener."

John Slattery
John SlatteryAMC

"Mad Men" lebt von dem Wechselspiel zwischen harter, ungeschönter Arbeitsrealität und der Nostalgie und Liebe zum Detail, die man einfach nur bewundern kann. Die Ausstattung des Büros und auch des Hauses von Don Draper ist sagenhaft, jedes Detail stimmt. Für Liebhaber des Möbelstils, den man ansonsten heute wohl nur noch in amerikanischen Antique Malls bewundern kann, dürfte die Serie eine wahre Augenweide sein. Wie einst bei  "ER" besticht das Hauptset, hier die Werbeagentur Sterling Cooper, durch die tatsächlich vorhandene Deckenfassade, die auch ständig im Bild ist. Der Gedanke an Studioaufnahmen rückt damit sofort in weite Ferne.

Abseits der Ausstattung wird Nostalgie nur spärlich durch beiläufige Vermerke zur Zeitgeschichte bedient. Don und Roger sprechen über die kommende Präsidentschaftswahl. Soll die Firma die Kampagne für Richard Nixon übernehmen? Für sie steht er als Sieger ja eigentlich schon fest. Wir erfahren, dass gerade "My Fair Lady" am Broadway angelaufen ist und dass "Reader's Digest" gerade einen vielbeachteten Artikel über die Gefahren des Rauchens veröffentlicht hat - der aber wohl niemanden wirklich vom Rauchen abhalten wird.

Falls Sie gerade mit dem Rauchen aufhören wollen sollten Sie um die Serie vielleicht erst mal einen Bogen machen. Denn geraucht wird hier immer: im Büro, in den Bars, zu Hause, gleich nach dem Aufstehen, vorm zu Bett gehen - meist noch abgerundet mit einer guten Portion Drinks. "Smoke Gets In Your Eyes", der Titel der ersten Folge, ist wirklich Programm.

Rosemary DeWitt
Rosemary DeWittAMC

Als Don sich schließlich mit Rachel Menken auf einen Drink in einer Bar trifft um sich den Auftrag vielleicht doch noch zu sichern, wird er mit Kälte, aber auch mit unverhüllter Faszination empfangen. "Für mich war das Meeting erfrischend", sagt Rachel. "Endlich einmal das zu hören, wovon ich bereits annahm, dass Männer es denken." Don kann immer noch nicht verstehen, warum sie lieber die Geschicke eines Kaufhauses lenken will anstatt sich mit Mann und Familie glücklich zu machen. Doch für Rachel hat das, abgesehen von ihren beruflichen Ambitionen, einen ganz einfachen Grund: "Ich war noch nie verliebt".

Doch für Don gibt es den großen Blitzschlag ins Herz gar nicht, nach dem man nicht mehr Essen oder Schlafen kann. "Was Sie Liebe nennen wurde von Typen wie mir erfunden". Doch die Masche zieht bei Rachel nicht, sie kennt Dons Verhalten nur zu gut. Sie weiß, wie es ist sich fehl am Platz zu fühlen, ein Leben präsentiert zu bekommen, das andere Menschen ausfüllt, mit dem sie selbst aber nichts anfangen kann. Sie sieht diese Dinge in Don, sieht, dass er diese Gefühle auch kennt und sich nicht wirklich zugehörig fühlt. Auch wenn er das halbherzig abstreitet sieht man in seinen Augen, dass sie recht hat.

Und so fährt Don Draper am Ende des Pilotfilms mit dem Zug in den Vorort Ossining - im Übrigen auch Standort des bekannten Gefängnisses Sing Sing. Eine Anspielung? Dort angekommen steigt er in seinen dunklen Cadillac und hält vor einem zweistöckigen Einfamilienhaus. Im Schlafzimmer wartet seine junge Frau Betty (January Jones), in nebenan schlafen seine zwei Kinder - Don ist Familienvater. Einer unter vielen, in einem schicken Haus in den Vororten New Yorks, der in den Mittagspausen seine überaus attraktive Frau betrügt, die ihn ganz offensichtlich über alles liebt. Don glaubt nicht an Liebe, aber wie sieht es mit Glück aus? Verdient er die Brötchen für die bürgerliche Fassade nur, weil es sich so gehört? Könnte Rachel Menken wirklich so ins Schwarze getroffen haben oder ist die Sache doch um einiges komplizierter?

Mad Men Logo
Mad Men LogoAMC

Natürlich ist sie das. Einfache Erklärungen und Pseudo-Psychologie gibt es in "Mad Men" nicht - eine weitere Qualität, die das Format auszeichnet. Oft bleibt es dem Zuschauer selbst überlassen seine eigenen Schlüsse zu ziehen. Die Serie nimmt ihn ernst und hat keine Angst davor auch mal ambivalent zu sein. In einer Zeit in der NBC einen Serien-Sendeplatz zu Gunsten von billigen Witzen aus dem überschätzten Hause Jay Leno einstampft und CBS jede Lust am Risiko verloren zu haben scheint, ist das nicht nur begrüßenswert, sondern auch mehr als notwendig. Die wirklich tiefgehenden Dramen haben sich längst fast ausnahmslos zu den Bezahl- oder Kabelsendern verabschiedet.

So auch hier: "Mad Men" war zunächst eine wenig beachtete Serie des kleinen Kabelsenders AMC, der gleich mit seinem ersten Versuch einer Eigenproduktion einen Volltreffer landete. Die Geburt war dabei keine Leichte. Autor Matthew Weiner schrieb die Pilotfolge bereits in den 90er Jahren, war jahrelang damit von Sender zu Sender unterwegs und erhielt immer wieder Absagen. Eine Ablehnung kam dabei von seinem ehemaligen Arbeitgeber HBO, das einst mit den "Sopranos" groß bei den Zuschauerzahlen und den Preisen abräumte. Mittlerweile hinkt es hinter Showtime und anderen Formaten von Sendern wie FX hinterher.

Trotz der hohen Qualität ist "Mad Men" aber dennoch eine Art Nischen-Serie. Sie wird nie ein so großes Publikum finden, wie andere Kabel-Erfolge wie  "The Closer" oder  "Nip/Tuck". Dennoch sind die Zahlen und die Anerkennung der Kritiker genug für AMC um die Serie fortzusetzen. Im Sommer geht sie in die dritte Staffel - hoffentlich noch lange nicht die letzte.

Bleibt abschließend noch eine offene Frage zu beantworten: Warum "Mad Men"? Was will uns der Titel sagen? Zumindest hier gibt es eine einfache Erklärung. "Mad Men" war ein Spitzname für die Werbebosse der Madison Avenue, der in den späten 50er Jahren aufkam. Sie haben ihn selbst erfunden. Natürlich.
Meine Wertung: 5/5

Ralf Döbele


 

Über den Autor

Ralf Döbele ist Jahrgang 1981 und geriet schon in frühester Kindheit in den Bann von "Der Denver-Clan", "Star Trek" und "Aktenzeichen XY…ungelöst". Davon hat er sich als klassisches Fernsehkind auch bis heute nicht wieder erholt. Vor allem US-Serien aus allen sieben Jahrzehnten TV-Geschichte haben es ihm angetan. Zu Ralfs Lieblingen gehören Dramaserien wie "Friday Night Lights" oder "The West Wing" genauso wie die Prime Time Soaps "Melrose Place" und "Falcon Crest", die Comedys "I Love Lucy" und "M*A*S*H" oder das "Law & Order"-Franchise. Aber auch deutsche Kultserien wie "Derrick" oder "Bella Block" finden sich in seinem DVD-Regal, das ständig aus allen Nähten platzt. Ralf ist als freier Redakteur für TV Wunschliste tätig und kümmert sich dabei hauptsächlich um tagesaktuelle News und um Specials über die Geschichte von deutschen und amerikanischen Kultformaten.

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