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TV-Kritik/Review: State of Affairs
(15.12.2014)

Charleston "Charlie" Whitney Tucker, CIA-Agentin und Sicherheitsberaterin der US-Präsidentin, hat offenbar ein psychisches Problem. Ihr Verlobter ist vor einem Jahr als Soldat in Afghanistan getötet worden, sie verweigert sich der Aufarbeitung dieses schockierenden Verlusts bis heute. Ihren Schmerz betäubt sie lieber mit Alkohol und One-Night-Stands, was sie aber nicht daran hindert, am nächsten Tag in aller Frühe und wie aus dem Ei gepellt wieder im CIA-Hauptquartier zu erscheinen und das tägliche Morgenbriefing der Präsidentin vorzubereiten. Prestigeträchtigster Teil ihrer Tätigkeit ist, dass sie persönlich das "Buch" mit der aktuellen Bedrohungslage für das Land dem Staatsoberhaupt im Oval Office vorlegt und zusammenfasst.
Katherine Heigl wirkt dabei allerdings eher so wie Verona Pooth auf dem Weg zum Shopping: schick-elegant gekleidet, mit mädchenhaftem Gesichtsausdruck, ohne die Gravitas, die eine solche Aufgabe eigentlich verlangen würde. Das liegt gar nicht unbedingt am etwaig mangelnden schauspielerischen Talent Heigls, das ihr von vielen Hatern in Internetforen angekreidet wird. In
Gleich in der Pilotfolge von NBCs Polit-Spionage-Drama
So weit, so kompliziert. Die diffizile Sicherheitslage geht aber im Piloten zwischen Figureneinführung, Actionszenen und Flashbacks schnell unter. Für die politischen Implikationen ihrer Geschichten interessiert sich die Serie sichtbar weniger als für die Befindlichkeiten seiner Hauptfigur. Die wird wegen ihres Informationsunterschlagung dann auch gleich mal kurzzeitig suspendiert und muss allerlei Tricks anwenden, um doch zur Präsidentin vorzudringen und sie von der Richtigkeit ihres Handelns zu überzeugen. Am Ende der Folge kommt es noch zu einem denkwürdigen Dialog der beiden starken und emotional verbundenen Frauen am Grab des gemeinsamen Lieben: Sie werde nicht eher ruhen, bis die Verantwortlichen tot seien, erklärt Tucker. Ja, aber danach seien sie beide zu Mördern geworden, fügt Payton hinzu. Viel Pathos schwingt hier mit, wie er in US-Politserien üblich ist, zumindest, wenn sie im Mainstreamfernsehen laufen. Aber ganz ungebrochen ist dieser eben nicht, das zumindest muss man den Autoren lassen, auch wenn ihre Dialoge meist wirklich nicht glaubwürdig klingen.

Dabei ist die moralische Grundsatzfrage, die hier aufgeworfen wird, im Kern hoch interessant: Ist es ok, das Leben eines treuen Staatsdieners zu opfern, um viele Menschenleben zu retten? Die pragmatische Antwort, die Payton darauf gibt, ist dabei wahrscheinlich sogar näher an der US-Realpolitik als die doch meist sehr idealisierte Haltung, die Präsident Bartlet im modernen Klassiker "The West Wing" vertrat. Trotzdem erinnert die Art des Erzählens und der Inszenierung hier mehr an eine Primetime-Soap als an ein ernsthaftes Politdrama. Dabei tritt die übergreifende Handlung der Frage, wer und was genau für den Tod des Geliebten in Afghanistan verantwortlich war, gegenüber den jeweils wöchentlich neu zu bewältigenden akuten Krisen deutlich in den Hintergrund.
Ein Lichtblick im meist allzu konventionellen Networkdrama-Einheitsstil ist Alfre Woodard als Präsidentin. Die Frau, die vor knapp zwanzig Jahren mal als Erdbewohnerin der nahen Zukunft Captain Picard in "Star Trek - Der erste Kontakt" in die Seele schaute und ins Gewissen redete, bringt zumindest die Ausstrahlung mit, die unverzichtbar ist, um eine solche Rolle glaubwürdig auszufüllen. Alle anderen Stammfiguren bleiben in den beiden Auftaktfolgen so blass, dass sich eine Einzelbetrachtung nicht lohnt. Im Wesentlichen ist "State of Affairs" ohnehin als Katherine-Heigl-Show angelegt. Ob man mit der Serie etwas anfangen kann oder nicht, hängt deshalb wohl in erster Linie davon ab, ob man die Schauspielerin mag. Wenn ja, kann man sich wohl jeweils eine Dreiviertelstunde zumindest leidlich gut unterhalten lassen, sofern man nicht zu große Ansprüche an innere Logik stellt. Ansonsten ist man wahrscheinlich besser damit beraten, seine alten "West Wing"-DVDs mal wieder hervorzukramen.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten zwei Episoden der Serie.
© Alle Bilder: Universal TV
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