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TV-Kritik/Review: Tempel
(29.11.2016)
Wenn im deutschen Serienfernsehen vom Verbrechen in der Hauptstadt die Rede ist, findet das meist zwischen zwei klaren qualitativen Polen statt: auf der einen Seite der notorisch schwächelnde Spree-
ZDFneo will jedenfalls gleich nachlegen und rammt eine in Berlin angesiedelte Thriller-Miniserie (in sechs halbstündigen Folgen) von einiger Härte in die Vorweihnachtszeit. Anders als im "Tatort" oder auch im preisgekrönten ZDF-Klassiker
Inszeniert hat das Philipp Leinemann, den man spätestens seit seinem Cop-Film "Wir waren Könige" (2014) zu den besten deutschen Thriller-Inszenierern zählen sollte, und ähnlich wie sein Film durch die Besetzung mit den "Im Angesicht des Verbrechens?-Stars Misel Maticevic und Ronald Zehrfeld an Dominik Grafs Vision qualitätsvoller Genrekost andockte, so gelingt es Leinemann auch hier im verdichteten 30-Minuten-Format, dem deutschen Fernsehen etwas vom Atem der amerikanischen Vorbilder einzuhauchen. "Tempel" beginnt rasant, fährt dann runter, bleibt aber insgesamt angenehm "straight-forward": Lubeks Drehbücher verzichten auf Füllmaterial, lassen aber stets so viel Raum, dass sich Berlin als Schauplatz bemerkbar machen darf. Nie wirkt es so, als könnte sich die um fiese Machenschaften der Entmietungsmafia gestrickte Geschichte auch woanders abspielen.
Der Beginn ist fiebrig: Innerhalb weniger Minuten machen Lubek/Leinemann klar, dass der tragische Protagonist in lebensbereichsübergreifendem Schlamassel steckt. Ärger im Pfandleihhaus, Knöllchen, Stau, Gangster verwüsten seine sowieso kaum mehr zu bezahlende Altbauwohnung im Wedding. Kein Wunder, dass Tempel im Aggro-Modus durch die Stadt brettert (zu sehen ist meistens Kreuzberg). Doch schon in der nächsten Szene wischt er ruhig und zärtlich einer Klientin den Hintern, denn Tempel betreibt einen ambulanten Pflegedienst. Seine Lieblingskundin, Frau Lada (stark: Hiltrud Hauschke aus
Die Folgen dieses von Geldnot getriebenen Rücksturzes in die eigene Vergangenheit werden gravierend sein, das ist schnell klar. Mit im bösen Spiel sind ein Drogengangster (Aleksandar Jovanovic aus Fatih Akins "Kurz und schmerzlos") und die Berliner Entmietungsmafia, die brutale Mittel einsetzt, um Altmieter aus ihren Wohnungen zu vertreiben, damit dort Luxusimmobilien hochgezogen werden können. In "Tempel" trifft die Gentrifzierungskeule nicht nur unbescholtene Rentner und Familien, sondern auch angestammte Kiezganoven wie Jakob, dem das wuchtige Theatertier Thomas Thieme (
Tempels Weg fort von der beschädigten Schutzzone Familie und zurück in sein früheres Boxer-Leben führt auch zur amourösen Wiedervereinigung mit der mysteriösen Prostituierten Eva, die in Form von Antje Traue (
Wie sich die Dinge Richtung Verhängnis in Position schieben, das wird von Lubek/Leinemann sehr zielstrebig und meistens spannend arrangiert. Wobei es auch des Öfteren knirscht im Erzählgebälk. Im Handlungsstrang der Tochter etwa, die von ihrem verdächtig gleichaltrigen Freund schwanger ist, deutet sich schon nach zwei Szenen eine Tragödie von größtmöglicher Fallhöhe an, die leider sehr konstruiert wirkt. Das ist wahrscheinlich auch ein Preis der kurzen Spieldauer: dass alles, was erzählt wird, mit etwas anderem zu tun haben muss, dass im Plot nichts ins Offene, nichts ins Unbenutzbare laufen darf.
Davon abgesehen macht "Tempel" vieles richtig: Von der angemessen unruhigen Kamera, die gern mal hinter dem geplagten Protagonisten herstiefelt, über die schönen kleinen Figurenminiaturen, die Humor ins grimmige Geschehen bringen (etwa die alte Bordell-Putzfrau, die berlinernd davon schwärmt, von ihrem türkischen Liebhaber zu einer Beschneidungszeremonie eingeladen worden zu sein), bis hin zu den von Popmusik untermalten Montagesequenzen, die die Macher den amerikanischen Vorbildern bestens abgeschaut haben: Mit Frankie Valli, Elvis Presley oder Radiohead auf der Tonspur wird geküsst, gepflegt, gestorben und parallel dazu Blut gewischt, Leiche geschrubbt, Wohnung zerdeppert. Die Kontraste, die diese Montagen sinnfällig verbinden, passen sehr gut zur innerlichen Zerrissenheit der Figur Mark Tempel, die Duken glaubhafter zu packen kriegt als das Drehbuch. Und obgleich sich mit "Tempel" sicher kein umstürzlerisch originelles Krimikonzept präsentiert, ist es doch kein ganz geringes Verdienst, Problemthemen wie Mietmafia, Gentrifizierung, Prostitution, Sterbehilfe in der gebotenen Kürze so kraftvoll abzuhandeln, dass kein überfrachtetes Thesenstück dabei herauskommen ist, sondern zupackende Genreware.
Dieser Text basiert auf Sichtung der ersten drei Episoden der Serie.
Gian-Philip Andreas
© Alle Bilder: ZDF/Reiner Bajo/Oliver Betke
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