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Die zehn besten neuen Serien 2020
Michaela Coel: Star und Autorin von "I May Destroy You"
HBO
Das Beste aus dem Serienjahr 2020: Gian-Philips Highlights/HBO

Für Kinos und Live-Kultur war 2020 ein abscheuliches Jahr, für Serien aber war es ein gutes. Spätestens als Tante Hedwig plötzlich von "The Crown" schwärmte oder der schwerhörige Oppa Karl mit dem Netflix-Abo wedelte, wusste man: Streamingdienste zählen zu den absoluten Gewinnern der Corona-Pandemie.

Jenseits aller denkwürdigen Umstände geht ein qualitativ zum Glück sehr erfreuliches Jahr zu Ende. Wie öde wären die Shutdowns sonst geworden! Wir durften uns über gelungene zweite Staffeln von  "What We Do in the Shadows" und  "The Mandalorian" freuen, über das perfekte Finale der Sitcom  "Schitt's Creek", über Steve McQueens brillante BBC-Anthologieserie  "Small Axe" - und vor allem über eine fünfte Staffel von  "Better Call Saul", die nahezu mustergültig zeigte, dass sich Spin-Offs eben doch auf Augenhöhe mit ihren Mutterserien begeben können. Es ist längst keine Außenseitermeinung mehr, dass  "Breaking Bad" von BCS inzwischen eingeholt worden ist - wenigstens in Sachen Figurenzeichnung.

Für die Auswahl meiner zehn Lieblingsserien 2020 beschränke ich mich allerdings ganz auf neue Produktionen, also auf erste Staffeln und in sich abgeschlossene Miniserien. Ist es Zufall, dass sie alle englischsprachig sind? Mag sein. Vielleicht aber ist das angelsächsische Peak TV eben doch noch nicht so over, wie es nörgelnde Nostalgiker seit Jahren behaupten.

Meine Serienhighlights 2020

Platz 10:
Platz 10:  "P-Valley" (Starz). Die achtteilige Dramaserie über einen Stripclub im Mississippi-Delta verlangt dem unvorbereiteten Publikum erst einmal Konzentration ab: Der Südstaaten-Slang wird hier so zelebriert, dass man eingangs noch Mühe hat zu begreifen, wovon die Rede ist. Hat man sich aber eingehört, ist man sofort gefesselt: "P-Valley", von Katori Hall nach ihrem eigenen Theaterstück entwickelt, erzählt in stylisher Optik, mit viel nackter Haut, ruppigem Witz und unverblümter Nonchalance von Wohl und Wehe der (meist) schwarzen und (immer) taffen Mitarbeiter*innen des von korrupten Deals bedrohten Clubs The Pynk - und zwar aus konsequent weiblicher Perspektive. Die Stripperinnen in "P-Valley" werden begafft, aber nie zum bloßen Objekt reduziert. Von Brandee Evans und den anderen wagemutigen, zuvor meist wenig bekannten Darsteller*innen werden wir hoffentlich noch viel hören. (In Deutschland bei Starzplay.) Starz

Platz 9:
Platz 9:  "Noch nie in meinem Leben ..." (Netflix). Die Highschool-Dramedy des Jahres - mitentwickelt von  "The Office"-Star Mindy Kaling. Mit der 15-jährigen Devi (absolut großartig: Maitreyi Ramakrishnan) im Zentrum geht es hier nicht nur um die typischen Teenieserienthemen (bekommt sie den heißesten Boy der Schule?), sondern auch um Fragen der Herkunft und private Tragödien. Devi selbst kommt aus einer indischstämmigen Familie, auch ihr Freundeskreis rekrutiert sich nicht aus dem weißen Amerika, und nach dem Tod ihres Vaters zu Beginn der Serie gerät sie in eine heftige Krise. Dann ist da noch Tennis-Legende John McEnroe, der Held von Devis Vater: Ihn zum Erzähler der Serie zu machen, ist nur einer der vielen Geniestreiche der Macher. Die zehn Episoden sind so unterhaltsam, rührend und erfrischend ehrlich geraten, dass ich die zweite Staffel schon herbeisehne. Netflix

Platz 8:
Platz 8:  "Lovecraft Country" (HBO). Der große US-amerikanische Horror-Schriftsteller H.P. Lovecraft war neben vielen anderen, ungleich erfreulicheren Dingen auch ein übler Rassist. Was sollte man deshalb heutzutage tun? Ihn nicht mehr lesen? Misha Green geht in ihrer kongenialen Grusel-Serie einen anderen Weg: Sie suhlt sich lieber lustvoll in all den Styles und Spleens, die uns aus Lovecrafts Texten bekannt sind, versetzt seine Monster- und Spukstorys aber gezielt ins Fünfzigerjahre-Setting der via Rassentrennung segregrierten USA. Tic (Jonathan Majors), Leti (Jurnee Smollett) und andere Mitglieder ihrer Familien begegnen nicht nur Folge um Folge einem anderen Gruselgenre, sondern auch Widersachern mal übernatürlicher, mal ganz und gar realer Provenienz. Dass die gruseligste Szene jene ist, in der die Protagonisten vor einem rassistischen Sheriff fliehen müssen, zeigt schon, wie sehr Green dieses Experiment geglückt ist. (In Deutschland bei Sky.) HBO

Platz 7:
Platz 7:  "The Great" (Hulu). Die herrlich satirische Geschichtsklitterungssause über den Aufstieg Katharinas der Großen am russischen Hof hat mir in diesem Serienjahr den vermutlich größten Spaß bereitet. Elle Fanning brilliert als vermeintlich rotwangige Unschuld, die zur gewieften Taktikerin avanciert, fast noch besser aber ist Nicholas Hoult, der den Zar Peter III. als wohl unbekümmertsten (und irgendwie doch liebenswerten) Tyrannen der Diktatorengeschichte anlegt. Die zehn vom Australier Tony McNamara geschriebenen, pointiert inszenierten, mit Leichtigkeit durch allerhand Schloss- und Parkanlagen fegenden Episoden vergehen im Nu, die zitierwürdigen Oneliner fliegen einem nur so um die Ohren. Ob der dramaturgisch zielstrebig auf die geplante Ermordung des Monarchen hinauslaufende Plot in der (bereits bestellten) zweiten Staffel allerdings noch einmal so gut funktioniert, das bleibt abzuwarten. Trotzdem: Her damit, huzzah! (In Deutschland bei Starzplay.) Hulu

Platz 6:
Platz 6:  "The Good Lord Bird" (Showtime). Die siebenteilige Miniserie ist vor allem ein Triumph für Ethan Hawke: Der vielfach ausgezeichnete, in seiner Rollenwahl aber nicht immer trittsichere Schauspieler konnte sich hier darstellerisch richtig austoben: Als sich von Gott berufen wähnender Abolitionist John Brown tobt Hawke hier wie ein zottelbärtiger Clochard donnernde Reden schwingend durch die US-Südstaaten in der Zeit unmittelbar vor dem Amerikanischen Bürgerkrieg, wild dazu entschlossen, die Sklaverei abzuschaffen, gerne auch eigenhändig und mit Waffengewalt. Browns (wahre) Geschichte wird hier als fiktionalisiertes und faszinierend schwarzhumoriges Schelmenstück erzählt, und zwar aus der Sicht des schwarzen Sklavenjungen Onion (toll gespielt vom Newcomer Joshua Caleb Johnson), der, als Mädchen verkleidet, die letzten Tage von Browns Privatarmee staunend miterlebt. Brillant inszeniert, durchweg stark besetzt und vor allem: absurd witzig! (In Deutschland bei Sky.) Showtime

Platz 5:
Platz 5:  "Mrs. America" (FX on Hulu). Man muss sich nicht notwendigerweise für die gesellschaftlichen Konfliktlinien in den USA der 1970er-Jahre interessieren, um an dieser neunteiligen Miniserie Gefallen finden zu können. Die hochklassigen Darstellerinnen sind schon für sich eine so große Schau, dass sie einem im Prinzip auch die US-Verfassung vorlesen könnten: Sarah Paulson, Tracey Ullman, Rose Byrne, Uzo Aduba, Elizabeth Banks, Margo Martindale - um nur einige zu nennen. Erzählt wird von einer Handvoll prominenter Feministinnen, die in den Siebzigern einen (in der Ära Reagan dann gescheiterten) Verfassungszusatz bewarben, der Frauen gleiche Rechte zusichern sollte. Ihnen gegenüber steht als eisige Nemesis die rechtsintellektuelle Republikanergattin Phyllis Schlafly: Wie diese am Ende erkennt, mit dem Sieg auch ihr eigenes Fortkommen untergraben zu haben, ist ein so abgründiges schauspielerisches Kabinettstückchen, dass Darstellerin Cate Blanchett schon allein dafür ihren nächsten Golden Globe bekommen könnte. (In Deutschland bei MagentaTV.) Hulu

Platz 4:
Platz 4:  "Ted Lasso" (Apple TV+). Zugestanden, aus europäischer Perspektive muss man schmunzeln darüber, wie in dieser bislang besten Apple-TV-Eigenproduktion der hochgerüstete britische Premier-League-Fußball ungefähr so dargestellt wird wie Kickereien aus der Dritten Liga. Und auch der Plot über eine gekränkte Society-Lady ("Game of Thrones"-Gruselnonne Hannah Waddingham), die den fiktiven Verein AFC Richmond aus Rache an ihrem Ex-Mann gezielt ruinieren will, indem sie einen unfähigen Trainer engagiert, strotzt nicht gerade vor Originalität. Doch das macht alles nichts. Denn Jason Sudeikis macht den  US-Football-Coach Ted Lasso, der plötzlich ein britisches "Soccer"-Team übernehmen soll, zu einer der bemerkenswertesten Figuren des Serienjahrs: Die stets positive, konstruktive, zugewandte Art des schnauzbärtigen Lasso war ein willkommenes Antidot gegen die Zumutungen der Coronazeit - und eine Erinnerung an US-amerikanische Kerntugenden, die in der garstigen Trump-Ära vergessen schienen. Klingt das seifig, kitschig, pathetisch? Das ist diese Sitcom natürlich nie. Dafür ist sie meist irre witzig. Apple TV+

Platz 3:
Platz 3:  "Normal People" (BBC/Hulu). Die Lovestory des Jahres! Über mehrere Jahre hinweg verfolgt die zwölfteilige Miniserie den Lebens- und Liebesweg zweier junger Iren aus sozial verschiedenen Schichten: wie sie sich in der Highschool kennenlernen, wie sie sich an der Uni wiedersehen, ein Paar werden, sich trennen, wieder ein Paar werden, sich wieder trennen. Und dann? Dann sind sowohl der zugrunde liegende Roman von Sally Rooney als auch die Serie vorbei. Paul Mescal und Daisy Edgar-Jones sind in den Hauptrollen phänomenal, auch sonst stimmt alles: die Auslassungen, die Verdichtungen, die fast symbolisch, aber nie kitschig inszenierten Schauplätze an der irischen Nordküste, in Dublin und Italien, selbst die Sexszenen, die hier endlich mal nicht geschmäcklerisch wirken, sondern wie selbstverständlich zur Story gehören. "Normal People" nimmt keine Gefangenen, das Ende tut weh. Gerade weil die Serie zeigt, dass die, die sich am meisten lieben, nicht unbedingt auch für eine Beziehung geeignet sind. (In Deutschland bei Starzplay.) Hulu

Platz 2:
Platz 2:  "Das Damengambit" (Netflix). Diese Coming-of-Age-Geschichte war so erfolgreich, dass man nur noch wenig dazu sagen muss. Ein weibliches Schachgenie, aufgewachsen in einem Waisenhaus, siegt sich durch die männlich dominierte Turnierwelt der Sechzigerjahre, stets geplagt von Tabletten- und anderen Süchten. Es ist ein klassischer Plot, ein Crowd Pleaser, aus feministischem Blickwinkel als Empowerment-Fabel aufregend neu erzählt - ausgerechnet von den männlichen Ü60-Drehbuchveteranen Scott Frank ( "Minority Report") und Allan Scott ( "Wenn die Gondeln Trauer tragen"). Für die begnadete Anya Taylor-Joy war die Rolle der Beth der (längst fällige) Durchbruch, die Inszenierung der u. a. in Berlin gedrehten siebenteiligen Miniserie ist tadellos. Mancherorts hört man noch die bange Frage: Muss man sich für Schach interessieren, wenn man sich das ansehen will? Antwort: Nö! Aber die Chancen stehen nicht schlecht, dass man es am Ende tut. Netflix

Platz 1:
Platz 1:  "I May Destroy You" (BBC/HBO). Die aus meiner Sicht beste Serie des Jahres war zugleich die herausforderndste: In "I May Destroy You" beleuchtet die britische Schauspielerin und Sängerin Michaela Coel das Thema sexuelle Nötigung am Beispiel mehrerer Londoner Millennials. Coel selbst, die die Serie schrieb und co-inszenierte, spielt die Autorin Arabella, die - mit K.o.-Tropfen betäubt - vergewaltigt wird und dieses Trauma nach anfänglicher Verdrängung erst allmählich überwinden kann. Auch ihr Freundeskreis macht Erlebnisse im Missbrauchskontext. Klingt deprimierend - doch Coel hatte kein Themenstück im Sinn: Die Episoden sind so rasant, effektvoll und geradezu verwirrend witzig geraten, dass man teilweise fast nicht wahrnimmt, um was für heftige Diskurse es da eigentlich geht. "I May Destroy You" ist ein Meisterwerk: ein emotional wilder Ritt mit rabiaten Tonwechseln und gezielt gesetzten Irritationsmomenten. Keine der Figuren wird geschont, gerade auch dann, wenn die Oberflächlichkeit unserer digitalisierten Kommunikationswelt mitverhandelt wird. "I May Destroy You" ist die Serie zur Zeit: lässig, schmerzhaft und relevant. (In Deutschland bei Sky.) HBO

In einer lockeren Reihe blicken die Serienkritiker von TV Wunschliste zum Jahresende auf die Formate, die sie in den vergangenen zwölf Monaten gesehen haben. Das können neue Serien sein, aber auch neu entdeckte.


 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kommunikationswissenschaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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