Ein Foto ist der Ausgangspunkt für diesen Film, ein Foto, das drei Männer in einem Berliner Gerichtssaal abbildet: Otto Schily, Hans Christian Ströbele und Horst Mahler, Anfang der 70er Jahre. Damals sind alle drei Anwälte der APO, der linken außerparlamentarischen Opposition. Mahler sitzt auf diesem Bild auf der Anklagebank, Schily und Ströbele sind seine Verteidiger. Den Staat, die Bundesrepublik Deutschland, sehen sie als Unterdrücker politischer Freiheit und als Vasallen der USA. Die drei Anwälte wollen eine andere Republik. Uneins sind sie sich über den Weg dorthin. Mahler hat einen Molotow-Cocktail geworfen und versucht, der RAF Waffen zu besorgen; die Waffen der beiden anderen sind Worte. Was diese drei Männer damals verbindet, ist der Kampf für ihre Vorstellungen von einer "linken Gerechtigkeit." Gemeinsam gehen sie das Risiko ein, sich öffentlich mit Menschen zu solidarisieren, die als Staatsfeinde gelten und führen spektakuläre politische Prozesse: Sie legen sich mit Axel Springer an, mit Polizeipräsidenten, hohen Richtern und verbringen manches Wochenende miteinander. Heute ist der eine SPD-Bundesinnenminister a.D., der andere ist das linke Gewissen der Grünen im Bundestag und der dritte eine zentrale Figur der rechten Szene. Sie decken das politische Spektrum der Bundesrepublik ab: Ströbele ist der unbeirrbare Linke, Schily der Bürgerliche in der konservativen Mitte, Mahler der Rechtsextreme. Regisseurin Birgit Schulz untersucht, was diese Männer geprägt hat, welche politischen Ideale sie verbunden haben und an welchen Punkten sie drei ganz unterschiedliche Wege eingeschlagen haben, um am Ende Gegner zu werden. Der Film erzählt zunächst von großen Lebensträumen, dann von Entfremdungen, Verletzungen und aufgekündigten Beziehungen und zu guter letzt von neuen Träumen. Während der Dreharbeiten wurden die drei mehrere Tage lang interviewt. Im Verlauf der Gespräche kam es zu vielen intimen und berührenden Aussagen, die diese deutsche Geschichte in die Tiefe führen. Fast erscheint, was in den einzelnen Biografien auf den ersten Blick widersprüchlich aussieht, im Verlauf der Geschichte logisch. Denn in sich und getrennt voneinander betrachtet, haben alle drei Lebensläufe eine gewisse Konsequenz und jeder der drei würde immer von sich behaupten, dass er sich selbst über all die Jahre treu geblieben ist...
(rbb)
Weiterer Titel: Die Anwälte - Eine bundesdeutsche Geschichte
Länge: ca. 94 min.
Deutscher Kinostart: 19.11.2009
Deutsche TV-Premiere: 07.01.2011 (arte)
FSK 12
Cast & Crew
- Regie: Birigt Schulz
- Drehbuch: Birigt Schulz
- Produktion: Sabine de Mardt, Silvia Gutmann, Christiane Hinz, Jens Stubenrauch, Jorge Bogalho, Jörg Kobel, Monika Mack
- Musik: Marcus Schmickler
- Ton: Tilo Busch, Pascal Capitolin, Jens Krähnke