Originalpremiere: 1946
FSK 6
Der Arzt Dr. Mertens, heimgekehrt aus dem Krieg, und die Fotografin Susanne, Überlebende eines KZ, versuchen im zerstörten Berlin, ein neues Leben aufzubauen. Doch Mertens verfolgen schreckliche Fronterinnerungen. 1942 war er unfreiwillig Zeuge der Erschießung unschuldiger Geiseln geworden. Als er den dafür Verantwortlichen wiedertrifft, will er Sühne für die Opfer fordern und ihn töten. Berlin 1945. Der Krieg ist zu Ende und Susanne Wallner (Hildegard Knef), eine junge Fotografin, die das KZ überlebt hat, kehrt in ihre schwer beschädigte Wohnung im zerstörten Berlin zurück. Doch hier lebt bereits seit Kurzem der Kriegsheimkehrer Dr. Mertens (Ernst Wilhelm Borchert). Die beiden arrangieren sich und mit Susannes Hilfe findet Mertens langsam den Weg zu sich selbst. Doch immer wieder quälen ihn die Erinnerungen an die schrecklichen Geschehnisse während seines Fronteinsatzes. Weihnachten 1942 muss er tatenlos mit ansehen, wie sein Kompaniechef eine Gruppe polnischer Frauen, Kinder und Männer niederschießen ließ. Genau diesem ehemaligen Hauptmann begegnet er Weihnachten 1945 wieder. Ferdinand Brückner (Arno Paulsen) ist inzwischen ein wohlsituierter, aalglatter Geschäftsmann und biederer Familienvater geworden. Von Erinnerungen oder gar Schuldgefühlen wird Brückner nicht geplagt. Für ihn hat der gerade beendete Krieg etwas sehr Reales hinterlassen: Alte Stahlhelme. Umfunktioniert zu Kochtöpfen, macht Brückner nun die Not seiner Mitmenschen zu Geld. Doch Dr. Mertens will Vergeltung für das Massaker. Er kann nicht begreifen, dass die Mörder weiterhin "unter uns" sind und erwartet Brückner mit der Waffe in der Hand zur Begleichung der Schuld ... Dieses beeindruckende, tief erschütternde Werk ist der erste Film, der nach dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland gedreht wurde. Die erste Klappe dafür fiel am 4. Mai 1946. Als zwei Wochen später, am 17. Mai 1946, die DEFA feierlich gegründet wurde, bekamen die Gäste der Festveranstaltung Gelegenheit, Staudte im Atelier nebenan bei seinen Dreharbeiten zu beobachten. Sie konnten sich davon überzeugen, dass viele Arbeiten an dieser ersten Nachkriegsproduktion noch unter unglaublich schwierigen Bedingungen abliefen - von den Außenaufnahmen zwischen den Trümmern des völlig zerstörten Berlin ganz zu schweigen. Wolfgang Staudte (dessen Todestag sich am 19. Januar zum 30. Mal jährt), der auch das Drehbuch schrieb, begründete mit diesem Film, den bis 1951 allein in Deutschland über fünf Millionen Menschen sahen, seinen Ruf als einer der wichtigsten deutschen Nachkriegsregisseure. Bis Anfang der 1950er Jahre arbeitete er für die DEFA und schuf hier u.a. so bekannte Filme wie "Der Untertan" (1951) und "Die Geschichte vom kleinen Muck" (1953). Die weibliche Hauptrolle in seinem Film übertrug Staudte der damals zwanzigjährigen Hildegard Knef, für die damit eine steile Filmkarriere begann.
(MDR)
Staudtes Stil markierte damals einen Neubeginn: Orientiert am deutschen Expressionismus, erweitert Staudte die kühle Nüchternheit seiner realistischen Filmkunst um schnell geschnittene Montagesequenzen, ungewöhnliche Kameraperspektiven und scharfe Kontraste von Hell und Dunkel. Dadurch gelang es ihm, eine durchdringende Atmosphäre einer desorientierten, ja verstörenden Wirklichkeit zu erzeugen, welche die zerbrochenen Existenzen der Kriegsüberlebenden mit äußerster Schärfe reflektiert. Staudte erzählt eine prägnante Geschichte von tiefer Menschlichkeit, die in einen verzweifelten Ruf nach Gerechtigkeit mündet. Mehr zum Schwerpunkt im Internet auf ARTE Cinema unter: cinema.arte.tv.
(rbb)