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TV-Kritik/Review: "All of Us Are Dead": Auf dem Schulkorridor grollen die Zombies
(02.03.2022)
Der neueste koreanische Hit auf Netflix ist eine Zombieserie - oder besser: eine Serie über einen sich exponentiell ausbreitenden Virus, der Menschen zu Zombies macht. Das Interesse daran mag man wahlweise auf eine gesteigerte Angstlust angesichts real grassierender Pandemien zurückführen oder auf die nie versiegende Faszination des Postapokalyptischen in der Popkultur. Vor allem aber zeigt es eines: Südkorea weiß inzwischen auf ziemlich allen Entertainmentsektoren, welche Erfolgsknöpfe zu drücken sind.
Derzeit wird selbst in verstaubten Feuilletons leicht desorientiert zur Kenntnis genommen, was in den entsprechenden Jugend- oder Subkulturen längst eine Selbstverständlichkeit ist: Aus Südkorea kommt viel "heißer Scheiß". Seit sich der asiatische Staat, nach Jahrzehnten des Krieges und der Armut, zum wirtschaftlich progressiven Tigerstaat entwickelt hat, ist spätestens in den Nullerjahren eine kulturelle Offensive in Gang gesetzt worden, die in Musik, Film und anderen Künsten Trends setzt und gezielt internationale Breitenwirkung sucht. K-Pop-Bands wie BTS oder Blackpink, "entwickelt" und vermarktet von großen Entertainmentfirmen, stürmen auch bei uns die Charts und Teenagerzimmer, und dann war in der Filmbranche 2020 eine Sensation zu vermelden, als
Pop made in South Korea ist plötzlich eine Marke, und natürlich setzt sich diese Erfolgswelle, die mit dem Namen "koreanische Welle" (hallyu) direkt eine entsprechende Schublade zugewiesen bekam, auch auf anderen Kanälen fort - etwa im Bereich Serie. Der Streamingdienst Netflix hat sich dabei rasch als idealer Vertriebskanal erwiesen, und während viele Produktionen noch lange eher ein Nischendasein fristeten, schlug
Seit "Squid Game" wartet die Welt (oder zumindest Netflix) auf "das nächste große Ding aus Korea", und fast wäre
Dennoch ist die Serie durchaus interessant; nicht, weil es noch nicht genügend Zombieserien geben würde; auch nicht, weil es Zombieserien damit in den Mainstream geschafft hätten (das hat
Bemerkenswert an "All of Us Are Dead" ist eher, dass man diese sehr aufwendig gemachte, zweifellos unterhaltsame und von lauter attraktiven Jungdarstellern bevölkerte Zombie-Highschoolserie aus einem völlig anderen Blickwinkel betrachtet, als dies noch vor Kurzem der Fall gewesen wäre. Die Macher um Hauptautor Seong-il Cheon und die beiden Regisseure J.Q. Lee und Kim Nam-Soo wären damit noch vor drei Jahren in der Nischenschublade gelandet, heute kommen sie damit vom Fleck weg auf Platz 1 der Netflix-Charts. Eine Serie mit aus nicht-asiatischer Sicht überwiegend unbekannter Besetzung wird zum internationalen "Hast Du schon gesehen?"-Hot-Topic, und das nicht nur, weil der Plot über einen grausigen Virus heute anders wahrgenommen wird als noch in den Zeiten vor Corona, sondern eben auch, weil die Produktion aus Südkorea stammt, wo die Messlatten jetzt um einiges höher liegen. Kein Wunder also, dass Hollywood, seit den Dreißigerjahren des letzten Jahrhunderts tonangebend in der Steuerung der globalen Träume, ins Grübeln kommt: Wann zuletzt kam denn aus der US-Traumfabrik das ganz heiße, originäre Ding, das nicht auf irgendwelchen Rowling-Romanen oder anderen anderweitig populär gewordenen Vorlagen basierte?
"All of Us Are Dead" jedenfalls gelingt die Synthese aus Zombieapokalypse-Genre und Highschoolserien-Standards rund um verzweifelte Verliebtheiten und fieses Mobbing erstaunlich gut. Schon in der Pilotepisode des Zwölfteilers, der auf dem von 2009 bis 2011 für den Konsum auf Smartphones produzierten Webtoon "Now at our School" basiert, bricht die Hölle los, als eine idyllisch im Grünen gelegene Highschool zum Ground Zero der Virusepidemie wird: Infolge eines fatalen Experiments des undurchsichtigen Chemielehrers (Byeong-cheol Kim aus
Daneben ist "All of Us Are Dead" (Netflix-Einstufung: ab 16) auch eine Teenieserie, die allerdings nur schockresistenten Vertretern der Zielgruppe zu empfehlen ist. Die Kerngruppe, um die der Plot kreist, besteht aus On-jo (Ji-hu Park) und Cheong-san (Chan-Young Yoon aus
Gedreht in Seoul und (für die Außenaufnahmen der in der fiktiven Stadt Hyosan gelegenen Schule) in Andong, erinnert die Dramaturgie der Serie spätestens ab der dritten oder vierten Episode an Videospiele: Von Raum zu Raum, von Level zu Level, müssen sich die zersplitterten Überlebendengrüppchen weiterkämpfen, dabei verschiedene Hindernisse und zusätzliche Gefahren überstehen, natürlich geht immer mal wieder einer von ihnen drauf. Relativ elegant (und sogar mit überraschend viel Dialogwitz) werden in den wenigen Ruhepausen dann die erwähnten Teenagerprobleme eingeflochten: Immer ist irgendwer in den jeweils Falschen verliebt, Eifersüchteleien prallen auf kurze Momente des möglichen Glücks, wobei sehr deutlich die Klassenunterschiede der südkoreanischen Gesellschaft in den Blick genommen werden. Auf Schüler aus prekären Verhältnissen wird herabgeblickt, Schwächere werden gnadenlos ausgegrenzt und gedemütigt.
Das sind (neben den effektiv beängstigenden Splattersequenzen) die stärksten Szenen in dieser Serie, die auf Dauer jedoch etwas redundant zu wirken beginnt. Die Episoden fallen immer länger als nötig aus, der Plot fühlt sich bald künstlich gestreckt an, gerade auch in den Szenen, die zwischendurch aus dem klaustrophobischen Schulsetting herausführen, mal in Flashbacks, mal für Seitenblicke auf externe Figuren. Polizist Jae-ik (Kyoo-hyung Lee,
Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten sechs Episoden von "All of Us Are Dead".
Die erste Staffel der Serie "All of Us Are Dead" wurde am 28. Januar weltweit bei Netflix veröffentlicht.
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