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TV-Kritik/Review: "Dark Winds": Ungewöhnliche Thrillerserie mit tiefen Einblicken in heutige Navajo-Kultur

Zwei indigene Polizisten ermitteln im Jahr 1971
Das Ermittlerteam in "Dark Winds"
AMC
TV-Kritik/Review: "Dark Winds": Ungewöhnliche Thrillerserie mit tiefen Einblicken in heutige Navajo-Kultur/AMC

Alles beginnt mit einem spektakulären Raubüberfall maskierter Männer auf einen Geldtransporter in New Mexico. Dabei fließt viel Blut, zwei Wachmänner werden getötet. Die Räuber fliehen in einem Hubschrauber zu einem Reservat der Navajo. Dort versenken sie ihn in einem See, der zum Land des alten Hosteen Tso gehört. Drei Wochen später ist Tso tot, ebenso wie die Enkelin einer Medizinfrau, bei der er in Behandlung war. Beide Leichen werden im selben Zimmer eines Motels gefunden.

 "Dark Winds" heißt die Thrillerserie des US-amerikanischen Kabelsenders AMC, der bereits zwei Staffeln ausgestrahlt hat, bevor sie jetzt auf Deutsch bei RTL Crime und dem Streamingdienst RTL+ anläuft. Die Geschichten basieren auf einer Romanserie von Tony Hillerman über die Beamten einer Navajo-Polizeistation, deren erstes Buch bereits 1970 erschien und die auch ins Deutsche übersetzt und bereits mehrfach verfilmt wurde (etwa 1991 mit dem deutschen Verleihtitel  "Canyon Cop" mit Lou Diamond Phillips). Die sechsteilige erste Staffel der TV-Fassung adaptiert allerdings nicht wie der Film den späteren Roman "The Dark Wind" (auf Deutsch "Der Wind des Bösen"), sondern die früher erschienenen Teile "Das Labyrinth der Geister" und "Tod der Maulwürfe". Zu den ausführenden Produzenten gehören große Namen wie Robert Redford und  "Game of Thrones"-Schöpfer George R. R. Martin.

Leiter der Polizeiwache im nördlichen Arizona ist Lieutenant Joe Leaphorn (Zahn McClarnon), ein erfahrener Beamter, dem so leicht keiner mehr etwas vormachen kann. Er ist mit der empathischen Krankenpflegerin Emma (Deanna Allison) verheiratet, bei einer Minenexplosion haben sie ihren gemeinsamen Sohn verloren. Pünktlich zu den Ermittlungsarbeiten im Fall des Doppelmords bekommt Leaphorn einen neuen Deputy zur Seite gestellt: Jim Chee (Kiowa Gordon) kehrt ins Reservat zurück, nachdem er in der Großstadt studiert hat. In Wirklichkeit ist Chee jedoch FBI-Agent und wurde in die Navajo-Behörde eingeschleust, um undercover gegen eine Gruppe radikaler indigener Aktivisten zu ermitteln, die sogenannte Buffalo Society.

Ein alter Fuchs: Joe Leaphorn (Zahn McClarnon) leitet die Polizeistation
Ein alter Fuchs: Joe Leaphorn (Zahn McClarnon) leitet die Polizeistation AMC / RTL

Chees Vorgesetzter Agent Whitover (Noah Emmerich, seit  "The Americans" etwas auf dieses Rollenfach festgelegt) vermutet nämlich, dass die hinter dem brutalen Raubüberfall steckt. Dritte im Bunde ist Sergeant Bernadette Manuelito (Jessica Matten), eine taffe Polizistin, die erst misstrauisch auf den studierten Rookie schaut, ihm dann aber doch emotional näher kommt.

Weitere wichtige Rollen in dem Thrillersetting spielen unter anderem ein zwielichtiger katholisch-indigener Pfarrer (Jeremiah Bitsui), ein schmieriger Gebrauchtwagenhändler und Missionar (Rainn Wilson), der Inhaber eines Souvenir-Ladens (Jonathan Adams), dessen Ehefrau, die immer gleich aussehende Gemälde von Kakteen malt, für die sich plötzlich ganz unterschiedliche Gruppen von Menschen interessieren. Ferner treten auf: eine blinde Zeugin, ein schwangeres Teenagermädchen (Elva Guerra), das vor seiner Mutter (Amelia Rico), einer "Hexe", zu den Leaphorns flieht, ein reicher Weißer Landbesitzer ( "Miami Vice"-Veteran John Diehl) und viele andere Locals.

Der Neue: Jim Chee (Kiowa Gordon)
Der Neue: Jim Chee (Kiowa Gordon) AMC / RTL

Dabei soll die Serie wohl auf zwei Ebenen funktionieren: Zum einen erzählen die AutorInnen um Serienschöpfer Graham Roland eine vertrackte Kriminalhandlung, in der irgendwie alles mit allem zusammenzuhängen scheint. Diese entfaltet sich aber leider eher kompliziert als spannend und der Rezensent hat den Überblick über die Ermittlungen schon schnell verloren. Zum anderen - und das ist der wesentlich interessantere Aspekt - versuchen die ausschließlich indigenen AutorInnen, ein Panorama der Kultur und des heutigen Alltagslebens der im Reservat lebenden Navajo zu entwerfen. Das ist auch das große Alleinstellungsmerkmal, denn wie viele Serien aus diesem Millieu und mit überwiegend indigenen SchauspielerInnen hat man schon gesehen? Das ist dann eben doch etwas anderes als die x-te SOKO oder das hundertste  "Tatort"-Team.

Das Nebeneinander von, aber auch die Konflikte zwischen modernem Alltag und dem Versuch, die uralten Traditionen zu wahren und fortzuführen, ziehen sich durch die gesamte Handlung. Einerseits arbeiten die lokalen Polizeibeamten mit modernen Methoden, andererseits stoßen sie bei ihren Ermittlungen immer wieder auf Zaubererinnen, Flüche und ähnliche Dinge, die man leicht als Hokuspokus abtun könnte. Eher im Hintergrund angedeutet, aber doch deutlich sichtbar ist die für die meisten Bewohner des Reservats ökonomisch prekäre Situation. So sieht man immer wieder kleine Märkte, auf denen UreinwohnerInnen sich mit dem Verkauf von Kunsthandwerk ein paar Dollar zu verdienen versuchen - auch wenn die Waren manchmal aus Hongkong stammen.

Die taffe Kollegin: Bernadette Manuelito (Jessica Matten)
Die taffe Kollegin: Bernadette Manuelito (Jessica Matten) AMC / RTL

Ein weiterer Pluspunkt sind die sympathischen Ermittlerfiguren, auch wenn McClarnon als Hauptdarsteller vielleicht etwas zu stoisch rüberkommt. Insbesondere der zwischen seiner Loyalität zu seiner ethnischen Gruppe und der FBI-Karriere zerrissene Chee und die als starke Frauenfigur angelegte Manuelito schließt man schnell ins Herz. Wesentlich stereotyper fallen die Antagonisten aus: Dem oberflächlich freundlichen Priester sieht man schon auf den ersten Blick an, dass er nicht ganz koscher sein kann. Ebenso seinem Partner und Mann fürs Grobe Frank (Eugene Brave Rock), dessen Gesicht eine große Narbe ziert. Generell ist einiges an der Serie zu vorhersehbar geraten. Wenn etwa eine mormonische Touristenfamilie den einsamen Wüsten-Highway entlangfährt und dabei mit völlig übertriebener Mimik und Tanzbewegungen einen fröhlichen Schlager im Radio mitsingt, ist wahrscheinlich allen Tarantino-geschulten Zusehenden klar, dass die Szene nur mit Gewalt enden kann.

Stilsicher ist die Inszenierung ausgefallen, die für die beiden Auftaktepisoden Chris Eyre übernommen hat. Er schwelgt zwischen den Dialogszenen immer wieder in Panoramaaufnahmen der unglaublich weiten Wüsten- und Felslandschaften des amerikanischen Westens, die wir zwar aus so vielen Filmen und Serien kennen, deren Reiz sich aber nie verliert. Musikalisch wird dieses Setting mal mit bluesigen Klängen unterstützt, dann aber auch immer wieder mal konterkariert, wenn etwa der dylaneske Protestsong "Working Class Heroe" von John Lennon eine Szene untermalt.

Zwielichtig: James Tso (Jeremiah Bitsui)
Zwielichtig: James Tso (Jeremiah Bitsui) AMC / RTL

Alles in allem ist "Dark Winds" eine Serie, die vor allem Thriller- und Krimifans ans Herz gelegt werden kann, die ungewöhnlichen kulturellen Settings gegenüber aufgeschlossen sind. Nicht-Krimigucker wird die hin und her mäandernde Ermittlungsarbeit eher langweilen, hinter der die Einblicke in die indigene Kultur und deren heutige Probleme insgesamt doch zurückstehen.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten vier Episoden von "Dark Winds".

Meine Wertung: 3.5/5

RTL Crime zeigt die erste Staffel ab dem 12. September jeweils dienstags um 20.15 Uhr. Auf RTL+ stehen alle Folgen ab dem 12. September zum Abruf bereit.


 

Über den Autor

  • Marcus Kirzynowski
Marcus Kirzynowski ist Düsseldorfer Journalist und Serienfreund; wuchs mit "Ein Colt für alle Fälle", "Dallas" und "L.A. Law" auf; Traumarbeitgeber: Fisher & Sons, County General Notaufnahme; die Jobs auf dem Battlestar Galactica und im West Wing wären ihm hingegen zu stressig; Wunschwohnort: Cicely, Alaska. Schreibt über amerikanische und europäische TV-Serien sowie andere Kultur- und Medienthemen, u.a. für TV Wunschliste und sein eigenes Online-Magazin Fortsetzung.tv.

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