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TV-Kritik/Review: "Friedliche Weihnachten": Schmalz, lass nach!
(09.12.2022)
Das Genre Weihnachtsserie dürften wohl die wenigsten Zuschauenden mit anspruchsvoller Fernsehware, also kontroversen Themen oder komplizierten Handlungssträngen, assoziieren. Stattdessen erwartet man eher Unterhaltung Marke Wohlfühlfernsehen für die ganze Familie. In Amazons diesjährigem deutschen Beitrag
Das Hauptthema in "Friedliche Weihnachten" lässt sich problemlos in einem Wort zusammenfassen: Familie. Genauer gesagt Familien - Plural -, denn hier treffen zwei Familien zum ersten Mal aufeinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Die von Johanna (Valerie Huber,
Anton will Johanna einen Antrag machen - an Weihnachten, denn das christliche Fest ist ihr gemeinsamer Jahrestag und bedeutet den beiden viel. Wie das aber so ist, wollen auch ihre jeweiligen Familien mit ihnen Weihnachten feiern. Sodass die Lösung auf der Hand zu liegen scheint, dass sie alle zusammen die Feiertage verbingen - in einem Haus in den Bergen. Leider hat Johanna ihrem Vater in einer Notlüge erzählt, dass Anton Arzt ist, obwohl dieser in der Realität in einem Gebrauchtplattenladen arbeitet. Und so entstehen allerlei Missverständnisse und weitere Ausflüchte, in die nicht nur das junge Paar, sondern auch deren jeweilige Eltern mit hineingezogen werden.
Jedoch auch innerhalb der Familien gibt es jede Menge Geheimnisse - Johannas Mutter Ursula (Esther Schweins,
Bei Antons Eltern (Elena Uhlig, Matthias Komm) hingegen scheint weniger schief zu gehen - außer, dass diese die im Rollstuhl sitzende Großmutter (Doris Plenert) im Laderaum eines Transporters zusammen mit der Weihnachtsgans in spe verstauen, was Oma so missmutig werden lässt, dass sie zunächst mit einer Axt nach Johannas Großvater (Horst Janson,
In den Kontrast zu derlei Waffenklamauk geraten allzu romantische Zwischensequenzen, in denen sich das glückliche Paar turtelnd im Schnee wälzt - die Szenen wirken im Gesamtwerk der Dramaturgie so fehlplatziert, dass man den Eindruck gewinnen kann, sie wären ohnehin schon abgedreht gewesen und sollten nun irgendwo mit reingenommen werden, damit sich der Aufwand auch gelohnt hat. Ansonsten wurde wohl viel Wert auf Slapstick-Elemente gelegt, das zeigt sich bereits in der Eingangssequenz, die qua Zusammenschnitt sozusagen als "Best of" einen Einblick in die zu erwartenden Szenen gibt und die Zuschauenden direkt vor den Bildschirm fesseln soll. Einen Eimer Wasser ins Gesicht, einen Vorschlaghammer in die Wand, einmal übergeben in die Kloschüssel. Gleichwohl singt Hauptdarsteller Bartels den Abspann-Song in deutscher Betroffenheitspop-Manie - eine homogene Richtung, wie man sich beim Ansehen denn nun fühlen soll, vermag sich leider nicht einzustellen.
Die Darstellenden versuchen allesamt, etwas aus ihren eindimensionalen Rollenprofilen zu machen, aber ein gutes Drehbuch herbeizuspielen gelingt ihnen leider nicht. Wie egal es einem ist, was eigentlich passiert, wird schmerzlich erkennbar, als in einer Szene Ursula bekifft ihrer Tochter Johanna ein paar Lebensweisheiten zukommen lassen will und - wegen ihres Zustands - kaum ein Wort verständlich ist - und es einem völlig gleich bzw. sogar recht ist, dass man nicht mal mehr den Dialogen folgen kann bzw. muss. Denn wirklich Sympathie geschweige denn Nähe lässt keiner der Charaktere aufkommen, namentlich das Hauptpaar - und so hofft man bereits ab der zweiten der sechs Folgen, dass man diese Weihnachtsidylle alsbald wieder verlassen kann. Als Zuschauendem steht einem diese Option glücklicherweise jederzeit offen. Vielleicht lohnt sich da eher ein Rewatch der gar nicht mal so unanspruchsvollen Weihnachts-Soap
Dieser Text beruht auf der Sichtung von drei Episoden der sechsteiligen Staffel von "Friedliche Weihnachten".
Die Serie "Friedliche Weihnachten" ist seit dem 9. Dezember komplett bei Amazon Prime Video abrufbar.
Über den Autor
Leserkommentare
Sabine_U schrieb am 09.12.2022, 17.29 Uhr:
Das mag ja alles angehen, wobei die Geschmäcker, was Humor angeht, ja bekanntlich weit auseinander gehen. Aber deshalb gleich alles über einen Kamm zu scheren, indem man sagt, ich zitiere: "und ahnt möglicherweise, dass der Zenit der sogenannten Qualitäts-Streamingserien bereits vor längerem überschritten wurde", finde ich doch stark übertrieben. Ich, für meinen Teil, finde auch heutzutage noch jede Menge anspruchsvolle Streamingserien bei TV-Wunschliste aber auch da kann man natürlich unterschiedlicher Meinung sein.EricTheActor schrieb am 09.12.2022, 20.14 Uhr:
Finde es auch etwas weit hergeholt den "State of Streaming" an einer Serie wie "Friedliche Weihnachten" festzumachen. Das ist doch der gleiche 0815 Feiertage Filler der jedes Jahr zu der Zeit produziert wird. Eine Auswahl an anspruchsvollen oder auch nur qualitativ hochwertige Serien gibt es aktuell mehr als jemals zuvor.
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