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Die Prime-Video-Thrillerserie lässt David Duchovny an einen verdächtig charmanten Rächer geraten
Konspirative Gespräche im Ferienhaus-Bad: Jamie Tanner (David Duchovny, l.) ahnt nicht, was Adam (Jack Whitehall) vorhat.
Prime Video
TV-Kritik/Review: "Malice": Tintenfische auf der Wäscheleine/Prime Video

Eine steinreiche Familie, ein idyllischer Ägäis-Urlaub, eine auffällig freundliche neue Bekanntschaft und ein perfider Racheplan: Das sind die Zutaten von  "Malice", einer sechsteiligen Thriller-Miniserie, die jetzt bei Prime Video startet. Neben  "Akte X"-Legende David Duchovny und  "Game of Thrones"-Feuerpriesterin Carice van Houten bietet sie den britischen Sitcom-Star Jack Whitehall in einer unerwartet finsteren Hauptrolle auf. Wir haben die ersten beiden Episoden vorab sehen können und finden: "Malice" ist ein süffig-unterhaltsames Thrillerspektakel, das bislang aber keine neuen Wegen geht.

Die Schlange weist den Weg. Früh in der Serie schlängelt sich das Schuppenkriechtier dem Swimmingpool einer prächtigen, weißen Villa entgegen, kurz darauf durchschwimmt es schon das kühle Nass - und sorgt damit für Panik. Die Bibel ist dafür verantwortlich, dass Schlangen zumindest im christlichen Kontext heutzutage symbolisch für den Teufel stehen, im übertragenen Sinne also für das Böse, fürs Böswillige. Im Englischen nennt man das: malice.

Das ist auch der Titel dieser neuen britischen Miniserie, die - ungewöhnlich genug derzeit - weder auf einer literarischen Vorlage noch auf einer eingetragenen Marke basiert, sondern als Eigenerfindung des in Großbritannien seit längerer Zeit sehr erfolgreichen Drehbuchautors James Wood an den Start geht. Woods Serien wie  "Rev." oder  "Quacks" oder auch die Evelyn-Waugh-Verfilmung  "Decline and Fall", die nie in Deutschland liefen, waren nahezu ausschließlich Komödien, weshalb es ungewöhnlich genug ist, dass er "Malice" nun als Psychothriller anlegte. Umso verblüffter dürfte das britische Publikum auch über die Besetzung der Hauptrolle sein: Jack Whitehall ist im Vereinigten Königreich als Stand-Up-Comedian und TV-Celebrity ebenso bekannt wie als Star diverser Sitcoms ( "Fresh Meat",  "Bad Education"). Ein Mann fürs dramatische Fach war er bislang nicht.

Der Grund dafür, dass "Malice" nun nicht etwa bei der BBC oder bei Channel 4 zu sehen ist, sondern international bei Prime Video, dürfte selbstredend in der Besetzung der beiden anderen Hauptrollen zu finden sein: Mit Ex-Mulder und  "Californication"-Star David Duchovny (inzwischen 65 Jahre alt) sowie der niederländischen GoT-"Melisandre" Carice van Houten ( "Black Book") sind zwei weltweit bekannte Namen mit von der Partie. Glücklicherweise präsentieren sie sich in ihren Rollen als reiches Ehepaar Jamie und Nat Tanner in allerbester Spiellaune. Jamie ist Investor, Nat war Luxusmodejournalistin in Paris und hat sich mittlerweile mit ihrer Rolle als Trophy Wife abgefunden. Gemeinsam leben sie in einem tollen Haus in London, in dem ein riesiges Gemälde ihrer selbst, samt ihrer drei Kinder, an der Wohnzimmerwand hängt.

Machen mal wieder in Urlaub in der Ägäis (v.l.n.r.): Kit (Harry Gilby), April (Teddie Allen), Nat (Carice van Houten) und Jamie Tanner (David Duchovny).
Machen mal wieder in Urlaub in der Ägäis (v.l.n.r.): Kit (Harry Gilby), April (Teddie Allen), Nat (Carice van Houten) und Jamie Tanner (David Duchovny). Prime Video

Die Zuschauer jedoch lernen die Familie Tanner in den ersten zwei Episoden in der Sommerfrische kennen. Auf der griechischen Kykladen-Insel Paros residieren sie, wie schon seit Jahren, in einer riesigen weißen Villa oberhalb des Meeres. Weil der geräumige Swimmingpool ebenso wie der viele Meter lange Außen-Esstisch für Jamie, Nat, Teenagersohn Kit (Harry Gilby,  "Boarders"), Tochter April (Teddie Allen,  "MobLand") und Nesthäkchen Dexter (Phoenix Laroche) noch viel zu üppig wären, ist, auf ihre Einladung hin und nicht zum ersten Mal, auch eine zweite Familie anwesend. Mit Jules (Christine Adams,  "Black Lightning") und Damien (Raza Jaffrey,  "Code Black") und ihren beiden Töchtern sind die Tanners seit langer Zeit befreundet, wie eh und je trifft man sich auf Paros für ein paar luxuriöse Entspannungswochen.

Dann aber ändert sich eine entscheidende Variable: Im Schlepptau von Jules und Damien trifft nicht nur die zischelnde Schlange, sondern auch Adam (Jack Whitehall) in der Villa ein. Er ist der Nachhilfelehrer ihrer Tochter Milly und ein, so scheint es, äußerst freundlicher, witziger, hilfsbereiter und charmanter junger Mann. So charmant, dass besonders Nat ihn sofort im Haus begrüßt.

Wir Zuschauer sehen indes mehr von Adam als die Tanners, weshalb wir ihn auch wesentlich skeptischer beäugen. Gleich zu Beginn erleben wir, wie er bei der versuchten Einreise in die USA von der Homeland Security interviewt wird. Mit Jamie Tanner ist wohl etwas sehr Schlimmes passiert. Adam gibt sich schockiert, gibt zu, ihn noch vor Kurzem gesehen zu haben, meint aber, Tanner sei alles andere als ein netter Mensch gewesen. Die folgende Handlung spielt sich dann als lange Rückblende ab.

Die ersten beiden Episoden folgen Adam, wie er sich nach und nach das Vertrauen der Tanners erschleicht, wie er mit gezielten Handlungen Störfaktoren ausschaltet, Intrigen einfädelt und es am Ende, pünktlich zur Heimreise nach London, zur neuen Nanny der Familie gebracht hat. Natürlich tut er das nicht aus Nettigkeit, sondern, der Titel zeigt es an, aus mutmaßlich abgründigen Motiven - über die wir an dieser Stelle nur mutmaßen können. Ein Racheakt? Einmal erwähnt er seinen von ihm verehrten Vater, der vor Jahren sein Leben ließ. Hat Tanner damit zu tun? Nach zwei Episoden weiß man es noch nicht.

Die neue Nanny: Adam Healey (Jack Whitehall) schleicht sich ein ins Leben der Tanners - mit unguten Absichten.
Die neue Nanny: Adam Healey (Jack Whitehall) schleicht sich ein ins Leben der Tanners - mit unguten Absichten. Prime Video

Zunächst breiten Wood und Regisseur Mike Barker ( "The Handmaid's Tale") mit großer Lust an griechischer Sonnenseligkeit das Urlaubsleben der Luxusgemeinschaft zwischen Villa und Yachtausflug aus, gewähren hie und da Seitenblicke in die Verwerfungen und Ungereimtheiten in den Beziehungen der Urlauber untereinander. Sohn Kit etwa scheint zu Hause in London in eine legale Missetat verwickelt gewesen zu sein, über deren Konsequenzen - ein Schulverweis? - noch keine Klarheit herrscht. Der kleine Dexter wird vom Vater permanent dazu aufgefordert, mutiger und weniger verweichlicht zu sein, was sich in einer Badeszene am Strand fast rächt. Jamie selbst folgt im Job einer wenig sympathischen Hire-and-Fire-Mentalität, wie eine knappe Zoomkonferenz-Szene zeigt. Und Nat? Die absolviert den pflichtschuldig Nachmittagssex mit Jamie in einer hochamüsanten Szene nur, wenn sie dabei in einer Zeitschrift blättern kann.

In Szenen wie diesen präsentieren sich Duchovny und van Houten als bestens eingespieltes Paar; es wirkt, als hätten sie tatsächlich schon jahrzehntelange Routinen miteinander entwickelt. Die Zuneigung ist noch vorhanden, das Feuer aber, zumindest auf Nats Seite, erloschen. Van Houten spielt das großartig, auch Duchovny schafft es, seinen Jamie, der ständig betonen muss, dass er derjenige ist, der das alles bezahlt, niemals allzu unsympathisch wirken zu lassen. Er hat auch was Schluffiges, müde Gewordenes, vorgetragen mit dezenter Selbstironie.

Jack Whitehall versieht seinen Adam hingegen von Anfang an mit einer untergründigen Bedrohlichkeit. Sämtlichen Frauen gegenüber begegnet er mit Charme, Dexter zieht er durch verspielte Zugewandtheit auf seine Seite, für Tochter April wird er zum unterhaltsamen Nachhilfe-Tutor - und auch der zu Beginn noch skeptische Jamie lässt sich alsbald von ihm einspinnen. Derweil leitet Adam eine Intrige in die Wege, deren Konsequenzen sich noch nicht absehen lassen: Jamies Reisepass landet im Meer, Jodie, die bisherige Nanny der Tanners (Phoenix Jackson Mendoza aus  "Dive Club"), wird beherzt aus dem Spiel genommen. Schließlich inszeniert er mit Jamie, den er bei einem Herrenabend im Stripclub trunken macht, eine üble Scharade, die den argwöhnischen Dorfpolizisten Nikos (Yorgos Karamihos aus  "The Durrells") auf den Plan ruft. Clever gibt Adam dann den Problemlöser, den Helfer und verständnisvollen Geheimnisbewahrer, und am Ende der beiden Episoden hat er sich tief ins Vertrauen der Tanners eingegraben. Das dürfte nicht gut enden - zumal das Publikum zu jenem Zeitpunkt schon ein paar zusätzliche Szenen gesehen hat, die Adam von entschieden düsterer Seite zeigen.

Achtung, die Polizei kommt: Nat, Adam, Jamie und ihre Urlaubsgenossen Damien (Raza Jaffrey) und Jules (Christine Adams, r.) werden beim Dinner gestört.
Achtung, die Polizei kommt: Nat, Adam, Jamie und ihre Urlaubsgenossen Damien (Raza Jaffrey) und Jules (Christine Adams, r.) werden beim Dinner gestört. Prime Video

Was fangen wir nun an mit diesen ersten zwei Episoden? Sie sind süffig erzählt, höchst unterhaltsam und bereiten nicht nur wegen des meist im offenen Freizeithemd über die Insel schlurfenden Duchovny große Freude. Doch ist hier, nach dem nun erfolgten Rückzug der Handlung nach England, ein wirklich origineller Thriller zu erwarten? Man muss daran nicht zweifeln, darf es aber durchaus - auch weil Wood im bislang recht überraschungsfreien Plot und in den Dialogen die Symbolik überstrapaziert: die teuflische Schlange, das Gerede von Shakespeares "Sturm"-Helden Prospero, einem "Rächer wie Jason Statham mit weißem Bart", Verweise auf Charon, den Fährmann der Totenwelt, und andere beziehungsreiche Elemente der griechischen Mythologie.

Die Glaubwürdigkeit der Hauptfigur ist dabei ein Problem. Denn Adam ist einer, der alles weiß und alles kann, der die griechische Sprache beherrscht und aus dem Stand Sirtaki tanzt, obwohl er angeblich zum ersten Mal vor Ort ist. Kaum einer hinterfragt das, obwohl ihm dauernd Fehler unterlaufen: Leute erkennen ihn wieder, er verheddert sich in Widersprüchen. Auch irritiert er durch brutale Sätze und absonderliches Verhalten: Einmal kauft er bei einem Fischer gleich drei Tintenfische, die er vor dem kleinen Dexter brutal weichprügelt und dann zum Trocknen auf die Wäscheleine hängt - direkt neben die Bikinis der Tanners. Alles daran schreit: red flag! Die Familie aber bemerkt das kaum und schließt ihn ins Herz. Das soll vermutlich die Leichtgläubigkeit all jener demonstrieren, die vor allem das sehen wollen, was sie sich wünschen, aber: so schnell und so bedingungslos? Das geht nicht ganz auf. Bislang.

Viel wird also davon abhängen, ob die weiteren vier Episoden nun einfach einen detaillierten Racheplan durchexerzieren, um am Schluss wieder in der erwähnten Verhörszene vom Anfang anzukommen, oder ob sich in der Figur des Adam vielleicht doch noch etwas ganz anderes manifestiert. Hat er einen nachvollziehbaren Grund für seinen tückischen Racheplan - oder ist er ein Psychopath? Handelt er womöglich doch nur aus der reinen Böswilligkeit heraus, die der Titel verspricht? Je nachdem, wie viele Asse Autor Wood also noch im Ärmel hat, könnte aus "Malice" am Ende ein elegantes Thriller-Highlight werden - oder nur ein gut abschnurrendes Routineprodukt für zwischendurch.

Dieser Text basiert auf der Sichtung der ersten beiden Episoden von "Malice".

Meine Wertung: 3/5

Die sechsteilige Miniserie "Malice" wird bei Prime Video am 14. November 2025 veröffentlicht.



 

Über den Autor

Gian-Philip Andreas hat Kom­mu­ni­ka­tions­wis­sen­schaft studiert und viel Zeit auf diversen Theaterbühnen verbracht. Seit 1997 schreibt er für Print und online vor allem über Film, Theater und Musik. Daneben arbeitet er als Sprecher (fürs Fernsehen) und freier Lektor (für Verlage). Für TV Wunschliste rezensiert er seit 2012 Serien. Die seiner Meinung nach beste jemals gedrehte Episode ist Twin Peaks S02E07 ("Lonely Souls") ­- gefolgt von The Sopranos S03E11 ("Pine Barrens"), The Simpsons S08E23 ("Homer's Enemy"), Mad Men S04E07 ("The Suitcase"), My So-Called Life S01E11 ("Life of Brian") und selbstredend Lindenstraße 507 ("Laufpass").

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